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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 76

 

Sehr geehrte Frau Gemeinderätin, Milo Rau, der das Programm der Wiener Festwochen verantwortet, hat in diversen Statements schon vor dem letzten Gemeinderat, aber auch intensiv danach seine künstlerische Position überzeugend dargelegt. Für Antisemitismus gibt es bei den Wiener Festwochen keinen Platz. Annie Ernaux und Yanis Varoufakis werden in Wien nicht persönlich anwesend sein, sondern sind Teil des Rats der Republik, der aus 20 internationalen KünstlerInnen, AktivistInnen und Intellektuellen sowie 80 Wiener BürgerInnen, die den Kern bilden, besteht.

 

Der Rat der Republik ist ein künstlerisches Format und kein politisches Gremium, in dem über unterschiedlichste Themen diskutiert werden wird. Es geht um eine Spiegelung der Positionen des gesamten gesellschaftlichen Spektrums, wo Positionen und Gegenpositionen formuliert werden können. Das Prinzip der Demokratie und Meinungsfreiheit muss bestehen bleiben, und ich glaube, wir sind in Zeiten, wo wir diesen Austausch von unterschiedlichen Positionen in der Gesellschaft dringend brauchen und wo gerade in der Kunst, in der Philosophie, in der Wissenschaft dieser Austausch auch möglich gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Als Stadträtin nehme ich keinen Einfluss auf die Programmierung und Kuratierung der fördernehmenden Institutionen. Milo Rau ist ein politisch engagierter Künstler, aber er wurde eben auf Grund seines Konzepts zum Intendanten der Wiener Festwochen bestellt, und ich glaube, wir können sehr stolz sein, so einen international renommierten Künstler in dieser Stadt zu wissen.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Frau GRin Mag. Sachslehner, bitte.

 

9.41.52

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP): Guten Morgen Frau Stadträtin, vielen Dank für die Beantwortung.

 

Sie sagen selbst, dass die beiden Persönlichkeiten zwar nicht persönlich auftreten, aber sie bekommen dort eine Bühne, indem sie auf der Homepage aufgeführt werden, sie so mittransportiert werden. Jetzt meine Frage: Unabhängig von den Festwochen, ganz generell, bei Projekten aus dem Kunst- und Kulturbereich - wenn Sie in diesem Fall keine Konsequenzen ziehen möchten, obwohl es da um Organisationen geht, die vom Nationalrat als antisemitisch eingestuft wurden, ist meine Frage, wo ziehen Sie denn in Ihrer Fördervergabe generell die Grenzen bei Extremismus und wie konkret, wie streng beurteilen Sie das in Ihrer Arbeit?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin, bitte.

 

Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Habe ich Sie richtig verstanden? Haben Sie gerade gesagt, das sind Institutionen, die als antisemitisch eingestuft wurden? Haben Sie das gerade gesagt?

 

9.42.45

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP): Wenn ich noch einmal antworten darf: die BDS-Bewegung ...

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Also entschuldigen Sie, wir sind hier nicht im Dialog. Frau Stadträtin, ich darf Sie um Beantwortung bitten.

 

Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Gut. Also wir fördern nicht die BDS „as such“, auf keinen Fall, das werde ich nie tun. Ich finde Boykott und auch Divestment und Sanktionen als generelles Tool falsch, egal, wo, das ist ein falsches Tool.

 

Aber die Einladung dieser Personen ist in einem ganz anderen Zusammenhang zu werten. Natürlich haben sich die Festwochen schon vor dem Gemeinderat sehr gut überlegt, in welcher Funktion eingeladen wird - das ist die Frage -, und wie sie vielleicht auch von Ihnen und anderen geframt werden, ohne in einen Dialog mit den Kulturschaffenden zu treten. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Der hat ein Einreiseverbot, der Typ …)

 

Für mich ist ganz klar, dass wir zunächst einmal der demokratischen Verfassung verpflichtet sind und auf keinen Fall zulassen dürfen, dass wir hier anfangen, Gesinnungsprüfungen jedweder Art einzuführen. Das geht nicht. Dort, wo wirklich Grenzen überschritten werden, wo Propaganda herrscht, muss sich auch eine Öffentlichkeit zu Wort melden. Ich vertraue - und ich glaube, das dürfen wir alle - darauf, dass wir in einem Land sind, wo es genügend Mechanismen gibt, die greifen - es gibt die Justiz, es gibt ganz klare Linien, die nicht übertreten werden dürfen, und es gibt eine öffentliche Meinung, es gibt Medien, die auch reflektieren können und die natürlich auch ganz klar sagen, das ist eine Position, die wir so nicht vertreten.

 

Da ziehe ich persönlich meine Konsequenzen sehr klar. Aber ich lasse zu, wenn unterschiedliche Kulturinstitutionen auch ein Feld des Dialogs bereithalten. Das hat nichts mit Propaganda zu tun. Im Gegenteil, ich glaube, es ist wichtig, dass wir dieses demokratische Gespräch aufrechterhalten in Zeiten, die uns alle herausfordern. Niemand kann gut mit diesen Bildern umgehen, die wir täglich vom Fernsehen bekommen. (Zwischenrufe von GR Mag. Dietbert Kowarik und GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM - GR Mag. Manfred Juraczka: Wenn Martin Sellner … wäre er willkommen, wenn er als Kultur… oder wie ist das?)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf bitten - es ist die Fragestunde und es ist keine Wortmeldung mehr möglich, Herr Präsident (in Richtung des GR Mag. Manfred Juraczka). Auch die Zwischenrufe, sage ich einmal, sollten dazu dienen, dass man zuhört, was gesagt wird und nicht weiterdiskutiert. (Beifall bei der SPÖ.) Die 2. Zusatzfrage kommt von der SPÖ. GR Hursky, bitte.

 

9.45.29

GR Christian Hursky (SPÖ): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

In welcher Form haben Sie wahrgenommen, dass die Wiener Festwochen Ihre Einladungspolitik hinsichtlich dieser Geschichte mit Annie Ernaux nachhaltig verändert haben?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin, bitte.

 

Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Jeder und jede, die im Dialog mit Kulturschaffenden sind, und das bin ich ja Gott sei Dank, ich komme auch aus dem Feld, wissen, wie klug und wie gut in dem Fall Milo Rau eine Kommunikation mit der Öffentlichkeit vorbereitet hat. Er

 

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