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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 76

 

thematisiert werden, die meiste Zustimmung gibt. Warum tun wir das? Weil wir eben den Menschen die vielzitierte Wahlfreiheit geben wollen. Das ist uns in der Tat wichtig.

 

Wir tun es nur dort nicht, wo wir glauben, dass es auf Kosten anderer geht und es mitunter auch mutwillig gestaltet wird. Wahlfreiheit ist etwas ganz Wichtiges. Ich will das auch an einem Beispiel zeigen, das vielleicht schon ein bisschen länger her ist, aber das augenscheinlich machen soll, wie wichtig vorausschauende Verkehrspolitik sein kann. Ich war in meiner politischen Karriere sehr selten mit Renate Brauner einer Meinung. Einmal hat sie meine volle Unterstützung gehabt, nämlich als es darum ging, dass man die U2 schon auf die grüne Wiese in die Seestadt baut. Das war wichtig, und ich sage Ihnen, wir hätten bei der Seestadt noch viel mehr Probleme, als wir heute ohnehin schon haben, hätte man dort nicht frühzeitig eine starke Verkehrsader hingebaut. Das ist sinnvoll, das ist Verkehrsplanung, das gibt auch Wahlfreiheit.

 

Ich habe mitbekommen, am Landesparteitag der Sozialdemokratie dieser Tage ist sogar auch schon eine Überlegung zu einer U7 jenseits der Donau kolportiert worden. Ich bin interessiert, was da die Bedarfserhebung zeigt, ob es genügend Fahrgastaufkommen gibt. Ich bin aber jedenfalls davon überzeugt, dass der Ausbau des öffentlichen Verkehrs in einer Millionenstadt wie Wien wichtig ist, denn wir wollen alle nicht im Stau stehen. Das ist das eine.

 

Wir müssen uns aber, wenn wir diese vielzitierte Wahlfreiheit bieten, doch auch immer wieder selbst hinterfragen. Wenn man sich diesen Modal-Split ansieht - diese Prozentsätze, die zeigen, welche Mobilitätsformen gewählt werden -, dann würde ich mir als Vertreter der Radfraktion irgendwann einmal Gedanken darüber machen, warum das eigentlich nur so langsam und auf sehr niedrigem Niveau wächst.

 

Wir sind jetzt bei 10 Prozent, wir waren lange bei 7 Prozent. Zeigt uns das vielleicht, dass es natürlich einen gewissen Anteil an der Bevölkerung gibt, der bereit ist, so ein Angebot anzunehmen, aber dass es für sehr viele Menschen vielleicht kein diskutables Angebot ist und wir uns daher andere Möglichkeiten überlegen müssen? So schlau könnte man sein, nur passt das halt nicht in ein Weltbild, und da bin ich beim Problem. Ich bin nicht dafür zu haben, hier Weltbilder zu transportieren. Ich bin nicht der Meinung, dass Kollege Stark den Wienerinnen und Wienern zu sagen hat, wie sie zu leben haben, genauso wenig wie Kollege Juraczka den Menschen zu sagen hat, wie sie zu leben haben. Sondern wir haben eine Gesellschaft, wo wir selbstständige, mündige Menschen erwarten, allein schon deshalb, weil wir ihnen das Wahlrecht geben und sie uns legitimieren. Das müssen ja gescheite Leute sein, sonst säßen Sie ja vielleicht auch gar nicht hier. Insofern glaube ich, dass wir ihnen auch das Recht geben können, zu sagen, wie sie ihr individuelles Leben leben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist aber lustig, dass beim Thema Mobilität und bei allen verwandten Themen die Ratio hier sehr oft ausgeschalten wird. Ich kann mich gut daran erinnern, als ich beginnend 2012, 2013 hier endlose Debatten mit der Grünen Fraktion zur Parkraumbewirtschaftung hatte. Ich bin damals wirklich davon ausgegangen, es ginge um ein sinnvolles Parkraummanagement für diese Stadt, womit gewährleistet ist, dass die Menschen, die mit dem Auto unterwegs sind, einen Parkplatz bekommen, dass in Geschäftsstraßen Kunden stehen bleiben können, all diese Dinge. Heute wissen wir, es ging um zwei Dinge: Um die finanzielle Ebene - 170 Millionen EUR sind ein starkes Argument, keine Frage - und darum, Autofahren per se zu verunmöglichen. Das ist das Problem, das ich mit der Verkehrspolitik dieser Stadt hatte, vor allem unter grüner Beteiligung, und zum Teil noch immer habe.

 

Wir werden die Zukunft nicht mit dem Lastenfahrrad allein meistern. Schauen wir uns China an, schauen wir uns Indien an, das gerade wählt. China hat eine florierende Automobilindustrie, durch die Elektromobilität „by the way“, und dadurch, dass der Standort Europa einen wesentlichen Fehler gemacht hat. Ich bin extrem froh, dass EVP-Chef Manfred Weber gesagt hat, das Verbrenner-Aus hat der Markt zu regeln und nicht das Europäische Parlament, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Was wir aber in dieser Stadt machen, und das zeigt sich auch bei den Hauptverkehrsrouten und bei den Radwegen, die wir heute besprechen, ist der Versuch des Kappens von Hauptverkehrswegen. Ich kann mich noch gut erinnern, es gab auch die Diskussion um die Mariahilfer Straße. Erinnern Sie sich? Heute sagt man, der Juraczka war damals dagegen. Ich war nie gegen die Fußgängerzone, die habe ich freigestellt. Ich war immer für die Querungen. Die damalige Vizebürgermeisterin hat sie im persönlichen Gespräch versprochen, sie hat sie aber nie umgesetzt. Das ist das eine, aber dafür möchte ich niemanden anderen verantwortlich machen. Es ging aber weiter: Die Gumpendorfer Straße sollte gekappt werden, die Praterstraße, und jetzt haben wir beispielsweise die Währinger Straße.

 

Und da muss ich jetzt schmunzeln, weil Sie, Frau Kollegin Sequenz, mit Tempo 30 bei Schulen kommen und mit treuherziger Miene davon sprechen, dass bei Schulen ja niemand etwas dagegen haben kann. Ich bin der Allerletzte, der nicht mit Ihnen gemeinsam Kinder schützen möchte, aber wenn ich mir anschaue, Währing, ein gutes Beispiel, Ihre Kollegin Nossek: Damit man den Durchzugsverkehr von der Kreuzgasse zur Währinger Straße durch die Lacknergasse irgendwie unterbindet, weil es kann ja nicht sein, was nicht sein darf, führt man ihn jetzt - ich kenne die Gegend dort sehr gut, ich bin dort in die Schule gegangen - über Klostergasse, Staudgasse, Lacknergasse bei drei Schulen vorbei, wo vorher keine Schule berührt war. Das ist die Verkehrspolitik, die von den GRÜNEN betrieben wird, wenn es um Ideologie geht, und darum denke ich nicht, dass Sie sich hier herstellen sollten und über Schulen und Sorge reden, denn der Realitäts-Check zeigt ganz etwas anderes, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und da bin ich eben bei der Wahlfreiheit, die betrifft ja nicht nur den Verkehr. Ich bin als politischer Mensch da, um Rahmenbedingungen zu schaffen, aber ich will nicht den Menschen vorschreiben, wie sie beispielsweise wohnen. Die sogenannten progressiven Kräfte, und die NEOS

 

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