Gemeinderat, 56. Sitzung vom 26.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 104
Da sagt man mir: Ja, da wurde 2021 beschlossen, dass es einen Partizipationsprozess geben soll, dass bereits 2022 die Öffentlichkeit eingebunden wird und dass bereits 2024 die Hauptinhalte des Stadtentwicklungsplans Thema im Gemeinderat sein sollen. Wenn Sie jetzt sagen, die Koalition wird 2025 einen Stadtentwicklungsplan beschließen, dann zeigt das einfach, dass der Ansatz aus meiner Sicht ein ganz falscher ist. Der Stadtentwicklungsplan muss in einer Breite diskutiert und debattiert werden, die der Wichtigkeit gerecht wird. Es ist nämlich ein nicht bindendes Dokument, an das sich trotzdem alle halten sollen. Deshalb soll er auch gut sein. Es soll nicht so sein wie zum Beispiel beim Leitbild Grünräume, das von der SPÖ dann einfach verräumt wird, worauf bei erster Gelegenheit eine geschützte Grünfläche versiegelt wird. Deshalb brauchen wir diese Partizipation.
Im Beschluss ist unter anderem ein Diskurs mit der Politik, mit Interessenvertretungen, mit der Fachöffentlichkeit und mit der Zivilgesellschaft festgehalten. Wenn Sie heute „Stadtentwicklungsplan Wien 2035“ googeln, dann werden Sie keine Veranstaltungen finden, die zur Partizipation einladen. Sie werden keine Publikation finden, die die BürgerInnen transparent darüber informiert, wo wir stehen. Wenn wir im Ausschuss nachfragen, welche Aufträge zur Erstellung des Stadtentwicklungsplans vergeben wurden, und wir bekommen keine Antwort, dann ist das nicht die transparente Art und Weise, wie ein Stadtentwicklungsplan mit einer Partei, die sich Transparenzpartei nennen möchte, vorbereitet wird: Der SPÖ - Entschuldigung, den NEOS. Da erwarte ich mir mehr. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Mag. Manfred Juraczka: Die sind verwechselbar! Das kann passieren!)
Ganz kurz - ich habe es schon kurz angesprochen: Auch die Venediger Au hat uns im letzten Jahr beschäftigt. Ich finde es geradezu absurd, dass man in einem Strategiepapier der Stadt Wien eine Grünfläche unter Schutz stellt, dann dort eine Halle hinbetoniert und dann, nachdem die Halle steht, einen Beteiligungsprozess macht, zu dem man die Bürgerinnen und Bürger einlädt und sie - wie es jetzt gerade passiert - fragt: Was halten Sie von der Flächenwidmung? Wir haben die Auflage eines Flächenwidmungsplans, in dem drinnensteht: Da soll eine Halle hinkommen. Die steht aber schon. Dann darf man hinschreiben: Wir wollen die Halle nicht. Das ist aber wurscht, weil es der SPÖ wurscht war. Schmeck‘s! Das ist einfach nicht die Beteiligung und Transparenz, die wir in der Stadt des 21. Jahrhunderts brauchen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der nächste Punkt in der Planung betrifft den sozialen Wohnbau. Wir haben ein gutes Erbe aus der Vergangenheit. Im Mietbereich sind es ungefähr 60 Prozent und insgesamt sind es etwa 40 Prozent der Menschen, die in geförderten Wohnungen oder im Gemeindebau wohnen. Der Neubau passt aber nicht. Das wird immer weniger. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir dieses Erbe irgendwann verspielt haben. Deshalb ist es uns so wichtig, dass bei jeder Widmung auch diese Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ zum Zug kommt und es nicht so ist, wie es im 21. Bezirk bei der Baumstadt passiert ist, wo jetzt statt eines geförderten Wohnbaus einfach freifinanzierte Wohnungen entstehen, weil man sagt: Man wünscht sich sogar die reichen Menschen in dem Gebiet, also sozusagen eine von der Politik verordnete Gentrifizierung. Das ist definitiv der falsche Weg. Wir fordern, dass man zumindest diesen Anteil, den wir jetzt haben, erhalten und eigentlich noch erweitert, damit auch in den kommenden Jahrzehnten mehr Menschen leistbare Wohnungen in Wien haben.
Das wichtigste Thema ist eigentlich der Modal-Split. Wir haben vor Kurzem eine Dringliche Anfrage gehabt, bei der wir den Bürgermeister nach allen möglichen Kennzahlen im Klimaschutz gefragt haben. Wo stehen wir eigentlich? Denn die einzige Kennzahl, die in Wien veröffentlicht ist, ist die zum Anteil der Verkehrsmittel. Da ist es ja das wichtigste Ziel, dass wir den Autoverkehr senken und die Alternativen insgesamt steigen. Jetzt haben wir 26 Prozent. Nächstes Jahr sollen es 20 sein, und 2030 sollen es nur 15 Prozent Autoverkehr sein, also nicht ganz, aber fast die Hälfte. Da passiert einfach nichts. Die letzten drei Jahre: Stagnation. Wenn Sie hier die Regierungsarbeit preisen - es ist natürlich Ihr gutes Recht, dass sie das Positive betonen -, dann muss man einfach sagen: Die Zahlen zeigen, es ist zu wenig. Es muss das oberste Ziel der Wiener Mobilitätspolitik sein, den Autoverkehr zu senken und die Alternativen zu stärken. Da passiert definitiv einfach zu wenig. Auch das ist ein Befund des Jahres 2023. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Damit möchte ich zu zwei Beispielen dafür kommen, was ich mir und was wir uns wünschen, in welche Richtung die Stadt Wien gehen soll. Ich habe die Frau Stadträtin vor Kurzem bei einer internationalen Konferenz in Rotterdam gesehen, bei der Urban Future. Dort war auch ein Amtskollege aus Paris von der Sozialdemokratie anwesend. Der hat dort über die Schulstraßen in Paris referiert. Paris hat das Ziel, in zwei Legislaturperioden alle Straßen vor Schulen so weit wie möglich zu verkehrsberuhigen. 50 haben sie schon umgebaut. Wir reden da jetzt nicht von temporären Maßnahmen, sondern die sind autofrei und begrünt. Da laufen die Kinder aus der Schule nicht in ein Auto, sondern da laufen die Kinder ins Grüne. Das ist etwas, was wir auch in Wien wollen.
Ich war letzte Woche in Gent. Die haben 280.000 Einwohner und sind damit viel kleiner als Wien. Wissen Sie, wie viele Schulstraßen die in Gent haben? Genau so viele wie wir in Wien, nämlich elf. Deshalb gibt es seit 2022 in der StVO die neue Maßnahme Schulstraße. Das kann man jetzt im Sommer umsetzen. Wir haben bis zum Schulstart 100 Schulstraßen gefordert. Vielleicht bringen Sie Wien ein bisschen näher zur Verkehrsberuhigung und schaffen den Kindern mehr Freiheit. Das würde uns sehr freuen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ein zweites Beispiel, das auch mit Kindern zu tun hat: Ich war, wie gesagt, in Gent. Da war die Velocity, eine große Fahrradkonferenz. Vorgetragen hat dort VBgm Filip Watteeuw, zufälligerweise ein Grüner, der 2021 auch auf dem Radgipfel hier in Wien war. Er hat gesagt: Zuerst waren die Dänen, die Niederländer, und so weiter mit ihren schönen Radwegen da. Die wollen wir ja auch. Das hat er auch gesagt. Die sind super. Das dauert aber natürlich
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