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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 118

 

(Beginn um 9.03 Uhr.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Schönen guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich darf bitten, die Plätze einzunehmen. Die 5. Sitzung des Wiener Gemeinderates ist eröffnet.

 

09.03.16 Ganztägig verhindert sind GRin Mag. Aslan, GR Mag. Gremel, GRin Korosec und GR Stadler. Zeitweise verhindert sind GR Dipl.-Ing. Al-Rawi, GR Arsenovic, GR Neumayer, GRin Mag. Vasold und Amtsf. StRin Novak.09.03.25

 

9.03.41

†VBgm.in Mag. Bettina Emmerling, MSc - Frage| Die 1. Anfrage (FSP-1247819-2025-KNE/GM) wurde von Frau GRin Hu gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration, Transparenz und Märkte gerichtet. In dieser Anfrage geht es um Orientierungshilfe, ein Angebot für strafmündige gefährdete Kinder. (Gerade erst haben Sie die Orientierungshilfe, ein neues Angebot, vorgestellt, um dafür zu sorgen, dass strafunmündige gefährdete Kinder in Wien nicht in eine Spirale von Gewalt und Kriminalität geraten. Der steigenden Jugendkriminalität auch auf Wiener Ebene entgegenzusteuern, ist unumgänglich. Wie kann man sich die Orientierungshilfe in der Praxis vorstellen, wie sieht die operative Umsetzung aus?)

 

Schönen guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin! Ich bitte um Beantwortung.

 

VBgm.in Mag. Bettina Emmerling, MSc: Einen schönen guten Morgen! Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Frau Abgeordnete!

 

Vielen Dank für die Frage. Ja, es geht um die neu vorgestellte Maßnahme der Orientierungshilfe. Sie ist für strafunmündige Täterinnen und Täter, fälschlicherweise waren jetzt die strafmündigen genannt. Aber nein, es geht um Kinder unter 14 Jahren. Ein Thema, das uns, glaube ich, in den letzten Monaten sehr stark beschäftigt hat. Wenn man den Medienberichten folgt, aber auch der aktuellen Debatte, dann sieht man, dass wir eine Gruppe, eine Hand voll oder darüber hinaus, von Jugendlichen und ... Kindern unter 14 Jahren haben, die in unserer Stadt durch Straftaten auffallen, die unterschiedlichst gelagert sind, hauptsächlich geprägt von Streitereien, Rangeleien, Raufereien, bis hin zu Einbrüchen, Autodiebstählen, aber auch Autorennen mit gestohlenen Autos durch die Stadt, also wirklich quer durch.

 

Und wir sind vor allem mit der Landespolizeidirektion natürlich diesbezüglich schon länger im Austausch, und wir kennen diese Kinder relativ gut. Man weiß, wer die sind, was ihre Themen sind, natürlich auch ihre Straftaten. Und natürlich hat man hier vor allem das Thema, dass Kinder unter 14 Jahren strafunmündig sind, dass hier ein bisschen die Verantwortung ..., dass es aber auch dahingehend fehlt, dass sie einfach keine Konsequenzen befürchten müssen.

 

Diese Kinder weisen auch Verhaltensauffälligkeiten auf. Meistens kommen sie aus Elternhäusern, die ihnen nicht die nötige Unterstützung und Fürsorge geben. Also viele sind auf sich allein gestellt, bewegen sich auch in Peergroups, die ihr kriminelles Verhalten sogar noch anheizen, haben auch eine geringe Sozialkompetenz, mangelnde Empathie gegenüber jenen, gegen die sie die Straftaten ausüben. Denn es ist schon so, dass vor allem andere Kinder, aber auch Bewohnerinnen und Bewohner von einzelnen Grätzeln, wo so etwas vermehrt auftritt, natürlich darunter leiden. Und sie kennzeichnen sich durch ein mangelndes Rechts- und Unrechtsbewusstsein.

 

Da wir hier rechtlich so gesehen bis dato keine Möglichkeiten haben und auch Polizei und Justiz in diesen Fällen in Wahrheit machtlos sind, haben wir gemeinsam mit der MA 11, der Kinder- und Jugendhilfe, die Maßnahme der Orientierungshilfe gestartet. Was ist das genau? - Orientierungshelfer sind Buddys, die diesen Kindern zur Seite gestellt werden, die Vertrauen zu diesen Kindern aufbauen sollen, mit regelmäßigem Kontakt. Im Unterschied zur offenen Kinder- und Jugendarbeit wie wir sie kennen, zu Streetworkern wie wir sie kennen, sind das Orientierungshelfer, die einfach nicht lockerlassen, die dranbleiben und wirklich konsequent mit regelmäßigen Kontakten das Ziel verfolgen, diese Jugendlichen - eigentlich muss man Kinder sagen -, diese Kinder wirklich aus ihren Verhaltensmustern herauszuholen.

 

Das geschieht durch unterschiedlichste Interventionen. Das ist einerseits natürlich, das Vertrauen aufzubauen, den Kontakt aufzubauen, ihnen andere Perspektiven aufzuzeigen. Diese Jugendlichen kennen oft nur das vielleicht nicht sehr stabile Elternhaus und dann diese Peergroup und die Kriminalitätsspirale, in die sie sich schon begeben haben. Also sie kennen positive Erlebnisse in ihrem Umfeld einfach nicht.

 

Und dieser positive Kontakt, der hergestellt werden soll, geht über alternative Konfliktlösungsstrategien, auch gegenüber ihren Gewalttaten. Es geht aber auch darum, die Empathiefähigkeit zu fördern und mit ihnen dahingehend zu arbeiten, dass sie zum Beispiel auch Empathie für ihre Opfer empfinden, etwas, womit sich diese Kinder bis jetzt nicht beschäftigt haben.

 

Und natürlich gibt es auch das Ziel, sie von weiteren Delikten abzuhalten, sie im besten Fall auch in ihr schulisches Umfeld zurückzuführen. Die meisten dieser Kinder haben damit für sich schon abgeschlossen; das heißt, hier gibt es auch keine geregelte Struktur mehr - und damit geht es auch um ein Zurückführen und ein Resozialisieren in unsere Gesellschaft. Denn was muss unser gemeinsames Ziel sein? - Klar ist, sobald diese Kinder 14 Jahre alt sind, treten Polizei und Justiz auf den Plan, dann schlägt auch die Härte des Gesetzes zu. Aber unser Ziel ist, vorher schon einzugreifen, zu sagen, wir wollen nicht abwarten, sondern quasi jetzt schon, da wir die Möglichkeit haben, mit diesen Orientierungshelfern eingreifen, ihnen einen anderen Weg aufzeigen, sie bei dem unterstützen, was sie brauchen, um diesen Weg zu verlassen. Wie erfolgreich das im Einzelfall sein wird, kann man natürlich nicht voraussehen. Aber für mich ist klar, dass wir hier nichts unversucht lassen.

 

Insgesamt wurden über den Sommer hinweg vier erfahrene Sozialarbeiter extra ausgebildet. Wir haben eine Ausschreibung gemacht, die der Verein "Rettet das Kind" gewonnen hat. Und diese Sozialarbeiter und SozialpädagogInnen wurden in diese Extraschulung, auch mit einem wirklichen Antigewalttraining, geschickt. Die sind speziell dafür geschult, mit diesen Kindern zu arbeiten.

 

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