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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 118

 

Und ja, die Orientierungshelfer. Ich habe es am Anfang schon gesagt, da geht es nicht nur darum, wirklich zu intervenieren, mit ihren Angeboten zu zeigen, wie man Empathie erlernt, nicht nur um Antigewalt-, Konfliktlösungstrainings, sondern auch darum, mit den Kindern positive Erlebnisse zu schaffen, zum Beispiel Ausflüge zu machen, kleine Reisen zu machen, um ihnen zu zeigen: Das Leben hat auch etwas anderes zu bieten! Du kannst dich entscheiden, welchen Weg du gehen willst!

 

Ja, das heißt in Wahrheit, es geht darum, ein bisschen neue Perspektiven für jene Kinder aufzuzeigen, bevor sich Kriminalität verfestigt und bevor sie noch weiter in eine Spirale kommen, aus der sie dann vielleicht gar nicht mehr herauskommen können. Und deswegen ist unser Zugang definitiv, so früh wie möglich bei Kindern anzusetzen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von den NEOS. Frau GRin Hu, bitte.

 

9.10.44

GRin Jing Hu, BA, MPharm (NEOS): Vielen Dank, liebe Vizebürgermeisterin und Stadträtin, für die ausführliche Beantwortung meiner Frage. Was mich zusätzlich noch interessiert, ist: Welche Maßnahmen werden abseits dieser Orientierungshilfe für Kinder und Jugendliche, die straffällig geworden sind, noch gesetzt?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin, bitte.

 

VBgm.in Mag. Bettina Emmerling, MSc: Danke für die Frage. Da die Maßnahme der Orientierungshilfe jetzt neu ist, würde man sich denken: Na, was hat man eigentlich vorher gemacht? Und ich habe ja eingangs erwähnt, dass wir die meisten Kinder kennen. Die sind der Kinder- und Jugendhilfe bekannt, die sind der Polizei bekannt. Das heißt, man weiß, in welchem Umfeld man sich befindet, welche Kinder das sind, und natürlich hat man auch bis jetzt schon Maßnahmen gesetzt. Da ist jetzt die Orientierungshilfe ein weiterer Schritt, weil man eben glaubt, dass man damit noch erfolgreicher sein kann.

 

Aber was ist bis jetzt passiert? - Also Kinder, die wirklich schon mehrere hundert Straftaten begangen haben - das sind quasi diese Intensivtäter, von denen wir sprechen -, wurden jetzt schon intensiv betreut, natürlich auch von der Kinder- und Jugendhilfe. Auch für die wurden spezielle Angebote geschaffen, bei denen man sie über einen langen, teilweise mehrmonatigen Zeitraum wirklich aus ihrer Peergroup herausgenommen hat. Ich meine, natürlich darf man in diesem Fall nicht vergessen, es braucht immer auch das Einverständnis des Kindes, ja, weil wir anders rechtlich keine Möglichkeiten haben. Aber da gab es schon Projekte, bei denen man Kinder wirklich für mehrere Monate herausnimmt, auf einen Bauernhof zum Beispiel, und mit ihnen intensivst sozialpädagogisch arbeitet. Da gibt es unterschiedliche Projekte, da haben solche unterschiedlichsten Auszeiten auch schon stattgefunden, die zum Teil auch sehr erfolgreich waren. Man muss aber auch sagen, dass es natürlich eine sehr intensive Maßnahme ist, wenn man sich quasi mehrere Monate um ein Kind kümmert.

 

Wir haben weiters in der MA 11 noch vor dem Sommer das Projekt KISI gestartet. KISI steht für Koordinierte Intervention für SchwellentäterInnen. Das ist eine Kooperation der MA 11 mit der Wiener Polizei. Da geht es darum, quasi in der Kooperation, gemeinsam diese Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu intervenieren. Da sind Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, extra Präventionsbeamte der Polizei. Die analysieren gemeinsam die Situation und arbeiten dann mit den Minderjährigen und, wenn es möglich ist, natürlich auch mit den Familien und versuchen hier auch, Ressourcen innerhalb der Familie und in deren Umfeld zu aktivieren, um eben entgegenzuwirken.

 

Und weiters haben wir auch den Verein CULT, ein konfrontatives Ressourcentraining. Das wird mit Kindern auch in ähnlicher Art gemacht. Das Training ist auf zwölf Wochen angelegt. Es umfasst Gruppenarbeit wie auch Einzelarbeit, auch mit Nachbetreuungsprojekten, und bedient sich eigentlich ähnlicher Methoden wie konfrontativer Pädagogik. Das heißt, sich wirklich mit dem zu konfrontieren, was man selbst tut, weil dafür oft die Erkenntnis fehlt. Es heißt aber auch Lebensflussarbeit, interaktionspädagogische Übungen, erlebnispädagogische Ansätze, die oft ebenso wichtig sind, um andere Erfahrungen zu machen, auch mit dem Ziel, problematische Verhaltensmuster einmal bewusst zu machen, zu reflektieren: Was tue ich da überhaupt, und welche Möglichkeiten bestehen darüber hinaus in meinem Leben?

 

Darüber hinaus haben wir in Wien noch bestehende Unterstützungsangebote vor allem im letzten Jahr weiter ausgebaut: die ambulanten Familienhilfen, aber auch die sozialtherapeutischen und sozialpsychiatrischen Wohngemeinschaften.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. Frau GRin Mag. Berner, bitte.

 

9.14.33

GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Danke schön. - Ich bin damit (das Mikrofon verstellend) noch nicht so ganz ...

 

Wir freuen uns natürlich sehr, dass Sie mit den Orientierungshilfen ein zeitgemäßes Face-to-Face-Betreuungssystem für die Kinder unter 14 einrichten. Dafür sind wir sehr. Wir haben schon lange solche Buddykonzepte gefordert, die direkt beziehungsfördernd sind und damit auch die Sozialkompetenz der Kinder aufbauen können.

 

Damit so eine Orientierungshilfe aber langfristig wirkt und nicht nur eine symbolische Marketingmaßnahme bleibt, muss sie eigentlich über fünf oder zehn Jahre gedacht werden. Nur wenn man die Kinder lange begleitet, also wenn der Beziehungsaufbau ernst ist, kann das auch eine Wirkung zeigen. Wenn man zehn Jahre ohne gute Beziehungen gelebt hat und dann ein halbes Jahr jemanden anderen kennenlernt, verändert sich das Verhalten noch nicht grundlegend.

 

Deshalb unsere Frage: Können Sie uns jetzt und hier versichern, dass die Orientierungshilfe in den nächsten fünf bis zehn Jahren finanziert beziehungsweise ausgebaut wird, um wirklich nachhaltige Veränderungen in der Stadt zu bewirken?

 

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