«  1  »

 

Landtag, 3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 130

 

sondern - so steht es hier - in der Lobau. Er ist ein anspruchsvoller Brutvogel, der vor allem der Intensivierung der Landwirtschaft zum Opfer fällt. Zum Schluss habe ich eine Metapher gefunden, die mich sehr an die Angelobung der Bundesregierung erinnert hat. Es steht hier drin, dass er sich das Futter jetzt unterirdisch suchen muss, weil die Ameisen keine oberirdischen Bauten mehr errichten. Irgendwie erinnert uns das ein bisschen an unseren Bundeskanzler. Das darf ich jetzt sagen, weil ich in meiner Funktion ja immun bin.

 

In dem zweiten wichtigen Punkt, der mit dem Naturschutz, aber auch mit dem Menschenschutz zu tun hat, geht es um einen Antrag, den wir heute einbringen möchten. Das ist die Beschlussresolution zu Temelín. Ich darf diese gleich weitergeben. - Bitte.

 

Dabei geht es darum, dass es jetzt ein Papier gibt, und zwar das Austrian Technical Position Paper, das man beim Umweltbundesamt herunterladen kann. Darin steht - und deshalb haben wir heute eben einen Antrag eingebracht; die FPÖ hat einen ähnlichen, dem wir allerdings nicht zustimmen können; ich werde noch sagen, warum -, wie viele Dinge in Temelin bei den vereinbarten Kontrollen nach dem Melker Prozess nicht realisiert waren. Ich lese nur kurz vor:

 

Es gibt keine Thermoschock-Analyse für Block 1, es gibt keine ordentliche Werkstoffprüfung, es gibt keine Ultraschall-Prüfungsverfahren, wie vereinbart wurde, es gibt vor allem auch keinen zusammenfassenden Bericht. - Es gibt jede Menge Dinge, die nicht gemacht wurden. - Es gibt zum Beispiel auch keine dem Stand der Technik entsprechende Bewertung der Erdbebensicherheit, es gibt keine Frischdampf- und Speisewasserleitungen, die durch Betonwände getrennt sind, sondern die sind beisammen. Hier gibt es jede Menge Sicherheitslücken und, was vor allem wichtig ist - und das hat man bei dem bisher größten Atomunfall in der Ukraine bemerkt -, auch die Absperrventile fehlen, ebenso wie in den anderen so genannten Ost-AKW. Die Containment-Integrität ist auch nicht gewährleistet, und genau das war es, was diesen größten anzunehmenden Unfall, den Super-GAU, verursacht hat.

 

So könnte ich Ihnen noch seitenweise vorlesen. Ich möchte jetzt aber zum Resümee des Papiers kommen. Dieses lautet:

 

"Nach europäischer Genehmigungspraxis dürften weder Temelin Block 1 noch Block 2 betrieben oder auch nur mit Brennstoff beladen werden, bevor oben genannte Unsicherheiten insbesondere betreffend die Integrität des Reaktordruckbehälters, die vorbetriebliche zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, die Qualifizierung sicherheitsrelevanter Komponenten für außergewöhnliche Umgebungsbedingungen und seismische Belastungen, die Führung hochbeanspruchter Rohrleitungen der +28,8 m-Bühne, die funktionale Qualifizierung von Ventilen und Containmentverhalten bei Kernschmelzstörfällen beseitigt sind.

 

Es kann somit bislang nicht als nachgewiesen betrachtet werden, dass die nukleare Sicherheit des KKW Temelin dem Stand der Technik, wie er in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Anwendung kommt, entspricht. Die erforderlichen Analysen könnten zwar innerhalb eines Jahres durchgeführt werden; um allerdings zu den Schlüsselfragen Reaktordruckbehälterversprödung, Leitungsführung am 28,8 m-Niveau, Containmentintegrität und Erdbebensicherheit den (...) materiellen und zeitlichen Aufwand an Nachrüstungsmaßnahmen abschätzen zu können, ist das Vorliegen der Ergebnisse der angesprochenen Analysen unabdingbar." - Und genau die liegen nicht vor.

 

Deshalb unser Antrag. Vielleicht hätten wir alles schon viel schneller gehabt, wenn wir einen Anti-Atombeauftragten in Wien gehabt hätten, aber heute haben wir vom Herrn Landeshauptmann gehört, dass Wolfgang Kromp uns hier intensiv beraten wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch mehr vorangetrieben werden wird als bisher.

 

Jetzt möchte ich aber aus unserem Antrag noch eine kleine Differenz hervorheben, die der Begründung, warum wir glauben, dass der jetzt von drei Parteien eingebrachte Antrag besser ist als der von nur einer Partei eingebrachte Antrag, zu entnehmen ist. Es geht nämlich darum, dass wir dem Abschluss des Energiekapitels im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen vorläufig nicht zustimmen sollen, und zwar solange die sicherheitstechnischen Mängel nicht einwandfrei behoben sind und, was uns ganz wichtig ist, die Prüfung der Null-Variante nicht durchgeführt wurde. - Das heißt, wir verlangen diese Prüfung.

 

Wir wissen, dass die FPÖ ja anderes im Sinn hat: Sie will die Republik Tschechien aus der EU ausschließen oder, besser gesagt, gar nicht erst hereinlassen und nimmt im Grunde genommen Temelin nur als Vorwand dazu.

 

Deshalb der von uns vorgelegte Beschlussantrag. Ich habe bereits viel Zeit für meine Rede verbraucht und möchte ihn daher nicht extra vorlesen. Er liegt auf. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster ist Herr Abg Klucsarits zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Rudolf Klucsarits (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!

 

Vor uns liegt ein Naturschutzbericht, mit dem wir uns in weiten Teilen identifizieren, nicht zuletzt deshalb, weil er einigen von uns in der Koalition eingebrachten Zielsetzungen entspricht. Vor allem ist sein Inhalt ein Baustein dafür, dass den Bürgern Wiens der entsprechende Grünraum gesichert wird. Wien hat ein Grünraumreservoir, über das keine andere Stadt verfügt. Das ist sicher nicht das Verdienst der jetzigen Regierung, es ist auch kein Verdienst der vorhergehenden Regierung, sondern Wien hat eben diesen Grünraum und ist auch verpflichtet, ihn weiterhin zu

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular