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Landtag, 3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 130

 

dass an eine Ziviltechnikergesellschaft eine freihändige Vergabe in der Höhe von 10 Millionen S erfolgen soll. Und da steht in dem Akt, warum das gerade an diese Gesellschaft gehen soll, dass diese Gesellschaft ein hochwertiger Auftragnehmer sei. Was das auch immer heißen mag. Gut.

 

Dann: Es wäre die Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit dieser Gesellschaft erfolgt. Auf die Leistungsfähigkeit werde ich dann schon noch zu sprechen kommen. Was ich nicht glauben kann, ist: "Nur diese Zivilingenieurgesellschaft besitzt die Ortskenntnis der Hunderten Messstellen." Also das ist eine Begründung, die so nicht hingenommen werden kann. "Diese Gesellschaft hat alle versuchsrelevanten hydrologischen Daten der Vergangenheit in ihrem Datenbanksystem gespeichert." Also da haben wir vier Begründungen. Wenn man so viel Lob in einem Akt findet, wird man als Oppositionspartei einfach stutzig. Das muss man werten, denn sonst hätte man ja den Sinn einer Opposition sicher verfehlt und man muss hinterfragen:

 

Erstens. Es wurde uns im Ausschuss dargestellt, diese Gesellschaft bestünde seit 20 Jahren. Das stimmt leider nicht. Wenn man natürlich dem Auskunftsgeber vorhält, dass sich diese Gesellschaft erst laut Firmenbuch im Jahre 98 gegründet hat, dann ist das schon ein sozialistisches Geheimnis, wie diese Gesellschaft seit dem Jahr 98 20 Jahre alt werden konnte. Das ist eine Zeitrechnung, der wir nicht folgen können.

 

Zweitens. Dass diese Gesellschaft laut Firmenbuch Jahr für Jahr um 10 Mitarbeiter schrumpft, ist eine Tatsache, und jetzt nur mehr 30 Mitarbeiter hat. (Abg Johann Driemer: So wie überall!) Und wenn man da sieht, Punkt 2, der hat die Leistungsfähigkeit, dann muss man schon fragen dürfen, ohne vom Vorsitzenden gegen Zeitungen und Medien geschützt zu werden: Gibt es denn diese Gesellschaft überhaupt in 3 Jahren noch? - Wenn man vom Jahr 98 an kontinuierlich Jahr für Jahr 10 Mitarbeiter abbaut, so hat man heuer eben nur mehr 30. Und wenn der Auftrag über 4 Jahre geht (Abg Heinz Hufnagl: Das haben Sie ja gehört in der Ausschusssitzung!) und man aber pro Jahr 10 Mitarbeiter verliert, dann, lieber Herr Kollege Hufnagl, darf ich wohl bezweifeln, dass diese Leistungsfähigkeit wirklich so groß und so sicher ist. Ich habe ja nicht gesagt, dass diese Firma unbedingt zu Grunde gehen muss, aber man darf ja noch fragen: Was passiert mit einer Gesellschaft, die Jahr für Jahr 10 Mitarbeiter abbaut? (Abg Johann Driemer: Es passiert genau dasselbe wie in der Privatwirtschaft!) Das ist eh eine private Firma. (Abg Johann Driemer: So wie bei allen anderen!) Ja und Sie haben vollkommen Recht, aber fragen wird man ja noch dürfen, a) das kann ja was Gutes ... (Abg Johann Driemer: Es passiert genau dasselbe wie bei allen anderen und das geht nicht nur 10 an!) Das kann ja gut sein sogar, dass diese Gesellschaft 10 Mitarbeiter abbaut, weil sie zum Beispiel die menschlichen Ressourcen ... (Abg Johann Driemer: Computer!) Jawohl, weiß ich, zum Beispiel menschliche Ressourcen könnte sie durch EDV ersetzen. Aber was Herr Kollege Hufnagl mir dann nicht mehr erklären kann, ist, wie es dann möglich ist, dass aber das Wissen in der Gesellschaft bleibt, wenn es nur die Mitarbeiter wissen, weil er hat mir weismachen wollen, dass nur diese Gesellschaft diese Ortskenntnis besitzt, das heißt, wenn es ein anderer nicht nachlesen kann, sondern wenn nur die Mitarbeiter die Ortskenntnis haben, die Mitarbeiter aber Jahr für Jahr ersetzt werden, vielleicht durch Computer, dann wird es ja niemand wissen, weil es ja nur in den Köpfen der abgebauten Mitarbeiter ist. Das heißt, das mit der Ortskenntnis, das ist so eine zweischneidige Sache. Es wird doch hoffentlich Aufzeichnungen geben müssen, dass jedermann die Messstellen finden kann. Denn wenn man sagt, man kann es nur der Gesellschaft geben, denn nur diese Gesellschaft ist in der Lage, die Messstellen zu finden, dann ist das ja ein Armutszeugnis, dass man sich auf einen Lieferanten einlässt, der alles im Kopf gespeichert hat, und wenn der Lieferant nicht mehr will, dann gibt er einfach die Daten nicht mehr heraus, weil er dann sagt: Tut mir Leid, die Mitarbeiter habe ich entlassen und ich komme jetzt an die Daten nicht mehr heran. Das heißt, diese Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, die da in dem Akt so beschrieben wird, ist nicht glaublich.

 

Diese Gesellschaft hat alle Daten in ihrer Datenbank. Ja, das glaube ich gerne, denn wo hat man denn die Daten heutzutage, wenn nicht in der Datenbank? Bitte, liebe Frau StR Kossina, tragen Sie Sorge, dass diese Daten, soweit sie von der Stadt Wien bezahlt wurden, auch in den Besitz der Stadt Wien gelangen, denn nichts ist leichter, als EDV-Daten zu kopieren.

 

Was wir in diesem Ausschuss als freiheitliche Fraktion überhaupt nicht akzeptieren können, sind allgemeine Phrasen wie: Das ist ein wahnsinniges Projekt. Also, was ist ein wahnsinniges Projekt? - Ist das zu schwierig, zu groß, zu teuer? - Die allgemeine Phrasendrescherei "Das ist ein wahnsinniges Projekt" ist wirklich ein bissel billig, damit man es unbedingt freihändig vergeben kann. Ich verstehe schon, warum man es auch freihändig vergeben will.

 

Und was überhaupt nicht toleriert werden kann, ist eine Behauptung "Wir können kein Leistungsverzeichnis erstellen". Ein Auftraggeber, bitte Frau Stadtrat, der kein Leistungsverzeichnis erstellen kann - und ich habe das wortwörtlich von Ihren Beamten mitgeschrieben "Wir können kein Leistungsverzeichnis erstellen" -, der soll am besten keinen Auftrag erteilen, denn wofür geben wir einen Auftrag für 10 Millionen S, wenn man nicht weiß, welche Leistung dem entgegenstehen soll? - Das kommt mir vor wie die große EDV im AKH. Da hat man ja auch den Leistungskatalog immer wieder im Nachhinein nachgebessert, im Vorhinein hat man es nicht gewusst und ist auf ewig nicht fertig geworden.

 

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