Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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zu Recht als Bürger zweiter Klasse sehen.
Ich beginne jetzt einmal mit den ÖBB. Meine Damen und
Herren, wer von Ihnen aus dem Wiener Umland täglich nach Wien hineinpendelt,
wird, wenn er nicht weiter reflektiert, zum hemmungslosen Privatisierer werden
müssen. Die Qualitäten, die die ÖBB als Monopolbetrieb liefern - denn dort gibt
es ja nichts anders; oh ja, es gibt etwas anderes, den privaten Autoverkehr -,
die Art, wie die ÖBB im Wiener Umland agieren, mit all den Schwächen eines
Monopolisten, der noch dazu signalisiert: Eigentlich interessiert uns das nicht
wirklich!, das führt dazu, dass viele sagen: Warum sollen wir hier um ein
öffentliches Eigentum kämpfen? - Es fielen mir jetzt viele Betreiber ein, die
ums selbe Geld, das dort der öffentliche Verkehr kostet, diesen weitaus
attraktiver leisten könnten, als ihn die ÖBB abwickeln. Hier wird - auch in der
Propaganda - ein Rückhalt für öffentliche Leistungen zu Grabe getragen.
Es gibt auch in Wien diese Fälle. Ich möchte jetzt
bewusst die Wiener Linien
differenziert behandeln und sie nicht mit den ÖBB im Nahverkehr vergleichen.
Dort, wo die ÖBB in Konkurrenz stehen, zum Beispiel im Schwerverkehr, agieren
sie völlig anders, sonst wären sie schon überhaupt weg. Aber oft hat man das
Gefühl, man ist nur ein Fahrgast.
Ich schaue mir nun auch die Wiener Linien an, die im technischen Bereich ohne Zweifel zur
Weltspitze zählen, aber auch was die Investitionen betrifft, was das neue
Wagenmaterial betrifft et cetera. Dort, wo es um Kommunikation, um Kunden geht,
da schlägt sich schon nieder, dass sie nicht wirklich gewohnt sind, im Wettbewerb
zu agieren, und auch kommunikativ sind sie nicht. Ich schaue mir an, wie Zeitungen,
wie Autohersteller um neue Kunden kämpfen, und ich schaue mir an, wie die Wiener Linien das tun, wie ein
Jahresnetzkartenbesitzer einmal im Jahr apostrophiert wird. Aber wird hier im
Wettbewerb agiert - Ja oder Nein? - Das sehe ich zu wenig.
Jetzt bringe ich bewusst, weil es mich selber
betrifft - es mag wie eine Sottise klingen -, ein Erlebnis aus den Wiener
Bädern - jüngst erlebt, letzte Woche. Das passiert dir in keinem Privatbad. Ich
sage das noch einmal bewusst, nicht um einen Einzelfall herauszugreifen,
sondern um zu zeigen, dass gerade hier in Wien Nachholbedarf hinsichtlich
Kundenorientierung notwendiger öffentlicher Leistung besteht, sonst verlieren
sie die Legitimation und es gibt einen öffentlichen Druck, es unter dem
Schlagwort "billiger" privat zu machen.
Christoph Chorherr denkt sich: Mach was für deine
Gesundheit! Geh am Abend schwimmen! Man schaut nach im Internet. Was findet man
dort? Toll! Auf wien.at findet man die Öffnungszeiten. Bis 19 Uhr. Man
denkt sich, aha, das geht sich aus. Also, treffe ich mich mit einem Freund um
18 Uhr und gehe noch geschwind schwimmen. Ich nenne jetzt das Bad nicht,
damit es dort kein Gemetzel unter den Verantwortlichen gibt. Ich treffe mich
also um 18 Uhr. Da wurde mir gesagt: Wollen Sie wirklich jetzt noch
schwimmen? Sie wissen eh, um halb sieben sperren wir zu. Sage ich:
Entschuldigung, es steht 19 Uhr im Internet. Antwort: Na ja, das ist der Badeschluss,
aber um halb sieben müssen Sie wieder draußen sein. Ich versuche ihr zu
erklären: Ich dusche mich, meine Föhnzeit braucht nicht so wahnsinnig lange (Heiterkeit.), das geht ruckzuck. Ich
verspreche hoch und heilig, ich bin um sieben draußen. - Nein! Sie können jetzt
noch eine Viertelstunde ins Wasser gehen, dann müssen Sie heraus. Okay, ich
gehe hinein und denke mir: Wann kommt mein Kollege? Auf einmal kommt der
Badewaschl, winkt mir zu und sagt mir, der Kollege ist 5 Minuten nach
18 Uhr gekommen, aber 5 Minuten nach 18 Uhr kommst du nicht mehr
ins Bad hinein. Um halb sieben müssen alle draußen sein, daher lässt man um
18 Uhr niemand mehr hinein. - Das zum Thema Kundenfreundlichkeit
öffentlicher Einrichtungen!
Ich denke, ich werde dem neuen Leiter der Wiener
Bäder auch über meine persönlichen Erlebnisse berichten, und bin einmal mehr
motiviert, mir mehr noch die Wiener Bäder anzuschauen. Ich werde anregen, dass
man das ins Internet schreibt und erwachsenen Menschen zutraut, dass sie sich,
wenn um 19 Uhr Schluss ist, ihre Zeit selber einteilen können und dass man
sie nicht für Volltilos erklärt, wie ich das zu spüren bekommen habe.
Vor dem Hintergrund und der Notwendigkeit, jedes Jahr
- ich weiß die Zahl jetzt nicht auswendig - 500, 600 Millionen S aus
öffentlichen Mitteln zuzuschießen, geht es um ein anderes Verhältnis
öffentlicher Dienste zu ihren Kunden. Das ist in einer gewissen Weise meine
Hauptmessage, die ich da rüberbringen will.
Wenn häufig so agiert wird wie bei Teilen der ÖBB,
wie manchmal bei den öffentlichen Linien, wie in Sozialämtern, wo man sich
nicht von Gleich zu Gleich, sondern quasi als Mensch minderer Klasse fühlt,
dann stellt man auch die Sinnhaftigkeit öffentlicher Leistungen in Frage.
Diesbezüglich gibt es in Wien einen großen Nachholbedarf, öffentliche
Leistungen entsprechend attraktiv für die Kunden hinüberzubringen.
Ein ganz letzter Satz. Weil ich in vielem, Herr Landeshauptmann,
Ihren Ausführungen Recht gebe, verstehe ich nicht ganz Ihr inzwischen schon von
einigen zitiertes Interview. Ich habe auch gestaunt - ich habe es mir noch
einmal kurz angeschaut -, wie Sie in einem Presseinterview gesagt haben, es
gibt den US-amerikanischen Weg und es gibt den europäischen Weg und der
US-amerikanische ist Ihnen lieber. Die Konsequenz des grundsätzlichen
US-amerikanischen Wirtschaftswegs ist eine, die - das brauche ich Ihnen jetzt
nicht im Detail zu erzählen - zu mehr Ungleichheiten führt. Dieser Weg führt
vielleicht zu Spitzenleistungen einiger weniger, er ist aber sicher kein
solidarischer, der auch auf Ausgleich beruht.
Wenn Sie diese Rede in irgendeinem Bundesstaat halten,
werden Sie dort nie als Gouverneur gewählt, nicht einmal in Alabama oder in
Nebraska. Damit will ich nichts gegen Nebraska gesagt haben. (Lhptm Dr
Michael Häupl: In New York!) Auch nicht
in New York. (Lhptm Dr Michael Häupl: Ich
kandidiere nicht!) Häupl gegen Hillary Clinton, das wäre irgendwie
interessant. Aber ob Sie mit
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