Landtag,
7. Sitzung vom 28.02.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 53
Bezirksvertretungsbereich haben wir immer prinzipiell unsere
positive Zustimmungsmöglichkeit artikuliert. Wir werden das dann sicherlich
noch eingehend diskutieren können.
Aber
es ist kein Widerspruch dazu, dass es Partizipationsrechte und Mitspracherechte
gibt und dass diese notwendig sind. Wenn ich aber hergehe und mir einen
Pressedienst der Kinder- und Jugendanwaltschaft durchlese, nämlich jenen vom
3. Jänner 2002, so sehe ich, dass "undemokratisches
Demokratiepaket" drinsteht. Es steht auch drin, dass "alle Menschen
in diesem Land dem Volk angehören". Na klar, auch Kindergartenkinder
gehören dem Volk an! Wenn ich mir diesen Pressedienst durchlese, dann denke
ich, da kommt wirklich dieser Wunsch als Vater des Gedankens durch: Lassen wir
schon die Kindergartenkinder wählen, weil sie noch kein Kreuzerl machen können,
da kann dann die rote Kindergartentante ankreuzen und dann haben wir vielleicht
ein noch besseres Ergebnis in der Stadt Wien.
So ungefähr klingt das, wenn ich mir diesen
Pressedienst durchlese. Es sind überhaupt keine Grenzen mehr vorhanden, sondern
das Wahlrecht wird schon für alle Kinder verlangt; sozusagen vom ersten
Lebensjahr an bis zum Tod soll für alle Menschen das Wahlrecht vorhanden sein.
Das ist ja widersinnig, so etwas ist abstrus! (Abg Johann Hatzl: Herr Strache!)
Herr Präsident Hatzl! Sie werden doch selbst auch
zugeben, dass das wirklich widersinnig ist. (Abg
Johann Hatzl: Herr Strache, Sie haben Recht!) Da werden Sie selbst zugeben,
dass das absolut widersinnig ist. (Abg
Johann Hatzl: So einen Vorschlag gibt es - von der ÖVP!) So etwas ist in
diesem Pressedienst formuliert worden, dass das ganze Volk die
Entscheidungsgewalt haben soll und wahlberechtigt sein soll, weil die
Demokratie vom Volk ausgeht, und selbstverständlich gehören auch Kinder und
Jugendliche dem Volk an. - So ist die Textierung des Pressedienstes gewesen,
Herr Kollege Hatzl! Da frage ich mich schon, wo die Grenze liegen würde, wenn
die Jugendanwaltschaft ihre Vorstellungen umsetzen könnte.
Ich denke, dass es in einer Gesellschaft Grenzen
geben muss, auch was das Wahlrecht betrifft, auch was Verhaltensformen
betrifft, und natürlich auch im Bereich des Jugendgerichtsgesetzes. Wenn in dem
Bereich eine Veränderung stattfinden wird und in Zukunft schon mit dem
18. Lebensjahr die Volljährigkeit erreicht wird, dann hat das natürlich
auch mit den gesetzlichen Bestimmungen einherzugehen. Das ist für uns eine
Selbstverständlichkeit.
Aber interessant ist die Begründung der
Jugendanwaltschaft, die hier angeführt wird im Hinblick darauf, warum es
bedenklich wäre, dieses Alter von 19 auf 18 Jahre herunterzusetzen. Da
stellt sich die Jugendanwaltschaft selbst wieder in Frage, nämlich mit ihrer Argumentation,
was das Wahlrecht betrifft. Da wird unter anderem festgestellt: "Das
Jugendalter stellt generell eine Übergangsperiode von der Kindheit zum
Erwachsenwerden dar, in der auf Grund tief greifender Veränderungen ein neues
Gleichgewicht gefunden werden muss. Während in den letzten Jahrzehnten eine
Beschleunigung der körperlichen Entwicklung festzustellen ist, hat sich der
Zeitraum der psychosozialen Entwicklung verlängert."
Aha, hier wird also von der Jugendanwaltschaft
festgestellt, dass es heute leider Gottes länger dauert, bis junge Menschen
erwachsen werden! Das stellt die Jugendanwaltschaft hier deutlich fest.
Gleichzeitig sagt sie aber: Setzen wir das Wahlalter und sozusagen auch die
Verantwortungsfähigkeit der Jugend herunter - obwohl sie da etwas anderes
feststellt, was Verantwortungsfähigkeit betrifft.
Ich zitiere weiter: "Schwere
Entwicklungsbedingungen beziehungsweise das Nicht-Gelingen dieser Anpassung
können zu einem ungünstigen Selbstkonzept führen, das mit geringer
Selbstachtung verbunden ist und häufig zu sozialem Rückzug, Aggression oder
Delinquenz führen kann. In dieser Situation sind Jugendliche besonders anfällig
für Gruppendruck."
Na, was haben wir denn in den Schulen? - In den
Schulen erleben wir heute schon einen sehr großen Gruppendruck. Wir erleben
heute auch schon in den Schulen, dass leider Gottes das stattfindet, was nicht
zulässig wäre, nämlich Parteipolitik an den Schulen. Der Gruppendruck würde
dann dort natürlich erhöht werden. (Abg
Mag Sonja Wehsely: Freibier! Freibier für alle!) Der Druck würde dann
erhöht werden, und wenn Menschen sich dann vielleicht erlauben würden, in der
Klasse ihre freie Meinung zu artikulieren und zu sagen, sie gehören nicht der
sozialistischen Gesinnungsgemeinschaft an, müssten sie damit rechnen, dass sie
vielleicht unter einen gewissen Druck innerhalb der Klassengemeinschaft
geraten, oder durch einen Lehrer, der vielleicht eine andere ideologische
Meinung vertritt. (Zwischenruf der Abg
Martina Malyar.) Das ist etwas, das man auch bedenken sollte, wenn es um
die Wahlaltersenkung geht und wenn wir darüber sachlich diskutieren wollen.
Das Kinderbetreuungsgeld ist heute schon angesprochen
worden. Ganz klar zeigt sich der ideologische Reflex, der wieder zum Tragen
kommt: Das ist abzulehnen, weil es "fürchterlich" ist, dass man jetzt
das Geld zumindest eines Elternteils zweieinhalb Jahre beziehen kann und der
Zweite noch sozusagen ein halbes Jahr anhängen kann, sodass dann insgesamt drei
Jahre lang 6 000 S im Monat in Anspruch genommen werden können. Es ist
"fürchterlich", dass plötzlich auch eine Pensionsabsicherung für den
Elternteil vorhanden ist und diesem auch die Pensionszeit angerechnet wird. Es
ist "fürchterlich", dass die Zuverdienstgrenzen von
40 000 S auf 200 000 S im Jahr erhöht worden sind und
dadurch eine Erleichterung der Familienmitglieder vorhanden ist, sich zu
entscheiden, vielleicht auch weiterhin halbtags arbeiten zu gehen. Das alles
ist "fürchterlich".
Ich frage mich wirklich: Was für eine Argumentation
steckt dahinter, dass man immer mit so einem Reflex argumentieren muss und
solche Wertungen trifft?
Ich möchte auch Folgendes festhalten, weil immer wieder
davon gesprochen wird, dass den Frauen die Karriere verbaut wird, wenn sie das
Kindergeld in Anspruch nehmen. Es wird niemandem die Karriere
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular