Landtag,
7. Sitzung vom 28.02.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 53
verbaut, und schon gar nicht einer Billa-Verkäuferin. Eine
Billa-Verkäuferin, die im Monat um die 10 000 S netto verdient und
ein Kind bekommt, hat heute mit dem Kindergeld die Möglichkeit, zumindest
zweieinhalb Jahre lang monatlich 6 000 S zu erhalten, sie kann
halbtags weiterhin arbeiten gehen, sie kann bis zu 200 000 S im Jahr
verdienen und verdient letztlich mehr, als sie als Billa-Verkäuferin jemals
verdienen kann. Das zu den Karrierechancen, die Sie immer darstellen. In
Wirklichkeit ist das Kindergeld eine soziale Verbesserung gerade für die
unteren Schichten in der Bevölkerung! (Beifall
bei der FPÖ und bei der ÖVP. - Abg Martina Malyar: ... niederösterreichischen
Kindergärten ...!)
Es wird im Zusammenhang mit dem Kindergeld auch immer
unterstellt, dass es ein Geld für die Mütter oder für die Väter sein soll. Das
haben Sie hier inhaltlich so dargelegt oder unterstellt. Das ist nicht der
Fall. Das ist ein Geld, das für die Kinder gedacht ist! Alle Kinder sind
gleichwertig und deshalb kann man hier auch keine Differenzierungen treffen.
Ein Kind ist gleichwertig und ein Kind hat den Anspruch darauf. Nicht der
Elternteil hat den Anspruch darauf, sondern das Kind, das zur Welt gekommen
ist, hat den Anspruch auf diese Unterstützung. Deshalb werden wir nicht
zulassen, dass Sie hier permanent mit Unwahrheiten oder Halbwahrheiten agieren,
und werden das dementsprechend in der Öffentlichkeit immer wieder klar und
richtig stellen. (Abg Mag Sonja Wehsely:
Die Frauen werden es bemerken!)
Sie haben hier auch folgenden Punkt angeführt. Es ist
ein Wunsch betreffend den Punkt EU-Richtlinie/Asylwerber. Sie haben
festgestellt oder sich gewünscht oder gefordert, die aus der Praxis der
Mitgliedsstaaten übernommene Konzeption der so genannten sicheren
Herkunftsländer sollte abgeschafft werden. Das ist ein Wunsch von Ihnen. Man
kann darüber diskutieren, das ist keine Frage.
Für uns ist die Stellung hier klar: Wir sagen, dass
selbstverständlich jeder Asylwerber, der aus einem unsicheren Land kommt,
aufzunehmen ist. Das ist das Menschenrecht, das ist eine
Selbstverständlichkeit, die passiert. Aber wenn einer über ein sicheres
Drittland zu uns kommt, dann ist die Wertigkeit nicht mehr in dem Sinn gegeben.
Dann ist es ja der wirtschaftliche Hintergrund, der den jeweiligen Flüchtling
veranlasst, von einem sicheren Land, in das er geflüchtet ist, in ein anderes
Land zu gehen, in dem er es sich vielleicht wirtschaftlich besser stellen kann,
als in dem anderen Land.
Sie stellen in einem anderen Punkt fest, und zwar in
dem Bereich weiter hinten - ich muss das kurz heraussuchen. (Abg Martina Malyar: Jetzt fehlt der rote
Faden!) Dort sagen Sie auch, dass die Familienzusammenführung ein
Menschenrecht darstellt. Leider Gottes finde ich diesen Punkt jetzt nicht, ich
werde später noch darauf zurückkommen. Wir haben auch Pressedienste von Ihnen;
den Kinderschutz haben wir schon angesprochen. Da ist die
Familienzusammenführung, jetzt habe ich es! Ja, jetzt habe ich leider Gottes den
Zettel nicht gleich gefunden, aber so viel Geduld werden Sie auch noch
aufbringen, es abwarten zu können.
Auf Seite 62 ist ein Pressedienst vom
8. Juni 2001 abgedruckt. Ich zitiere daraus: Die beiden Kinder- und
Jugendanwälte Pinterits und Schmid schließen sich damit der Aktion des Wiener
Integrationsfonds "Das Recht auf Familie ist ein Menschenrecht" an
und fordern, die Kinderrechtskonvention als Verfassungsrecht zu verankern.
Da wird also im Inhalt schon
immer vorher davon gesprochen, dass die Familienzusammenführung
selbstverständlich ein Menschenrecht darstellt, das wird von Ihnen so
dargelegt. Hierzu gibt es - dies zur Ergänzung für Sie, ich werde das auch
verlesen und zitieren - einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte, der in einem Urteil klar und deutlich erkannt hat, dass
Familienzusammenführung kein Menschenrecht darstellt. Diese klare und
eindeutige Feststellung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am
konkreten Fall einer abgehandelten Privatklage gegen die Schweiz ausjudiziert
und bestätigt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat
ausdrücklich entschieden, dass die Familienzusammenführung für das jeweilige
Gastland kein Menschenrecht darstellt.
Begründet wird das durch den Artikel 8 der
Menschenrechtskonvention. Der Gerichtshof stellt sich auf den Standpunkt, dass
ein Staat das Recht haben muss, ein gerechtes Gleichgewicht zwischen dem Recht
der Menschen auf Familienleben und den jeweiligen Staatsinteressen in ihrer
Gesamtheit herzustellen, und das Recht auf Familienzusammenführung letztlich
nur im Herkunftsland gegeben ist. Wenn ein Familienteil das Land freiwillig
verlässt oder unfreiwillig verlassen muss - wie Sie es auch dementsprechend
festhalten -, ist das eine Sache, die sozusagen nicht in diesen
Menschenrechtsbereich hineinfallen kann.
Das hat der Gerichtshof als solches dargestellt, und
das ist ein Urteil, das wir zur Kenntnis genommen haben. Ich meine, Sie sollten
das auch zur Kenntnis nehmen. Deshalb habe ich es Ihnen heute dargelegt, damit
Sie wissen, dass Sie hier falsch liegen.
Zum Abschluss möchte ich festhalten, dass es auch im
Gesetz der Wiener Jugendwohlfahrt - Jugendwohlfahrtsgesetz 1990, damals ist es
abgeändert worden - im Artikel 1 Abs. 9 folgenden Passus gibt:
"Wenn in der Person von einem der Kinder- und Jugendanwälte Umstände
eintreten, die diese Person für dieses Amt als nicht mehr geeignet erscheinen
lassen, hat die Landesregierung die Bestellung dieser Person zu
widerrufen." - Ich meine, dass es angesichts dieser politischen Wertungen,
angesichts der Manipulationen und Verhaltungsweisen, die in diesem Bereich
stattgefunden haben, die Pflicht der Landesregierung wäre, die Jugendanwälte
abzuberufen.
Wenn sie das nicht tun sollte - wovon ich auf Grund der Parteilichkeit,
die hier gegeben ist, leider ausgehen muss -, dann sollten zumindest die
Jugendanwälte selbst im Interesse der Kinder und der Jugendlichen den Schritt
des freiwilligen Rückzugs setzen. Ich meine, das wäre der Dienst, den sie den
Wiener Kindern und
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