Landtag,
8. Sitzung vom 25.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 48
Friedensentwicklung in diesem Europa ist. Aber es ändert
nichts an der Tatsache, dass die Entscheidung darüber, ob die Tschechische
Republik der Europäischen Union beitritt, letztendlich auch eine Entscheidung
der Tschechischen Republik und ihrer Bevölkerung ist und ich kann nur davon
ausgehen, dass die große Mehrheit der Tschechischen Republik tatsächlich um die
Bedeutung des Schritts ihres Beitritts auch vor dem Hintergrund ihrer
gesellschaftlichen, ebenso wie ihrer wirtschaftlichen Entwicklung auch weiß und
sich nicht von den Ressentiments eines falsch verstandenen Nationalismus
beeinflussen lässt.
Aber ich denke, dass gerade in dieser Phase des
tschechischen Wahlkampfs vermutlich nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen
ist, was ja nicht ein tschechisches Phänomen ist, sondern das wollen wir auch
bei den eigenen Wahlkämpfen so halten, dass man nicht jedes Wort, das in
solchen Zeiten gesagt wurde, unbedingt auf die Goldwaage legt.
Was die Beurteilung dieses Dokuments, des gestrigen
Parlamentsbeschlusses der Tschechischen Republik, bedeutet, so will ich kein
vorschnelles Urteil abgeben, denn ich kenne den vollständigen Text nicht. Aber
soweit ich weiß, enthält er auch ein Bekenntnis zu diesem Beitritt zur
Europäischen Union und handelt die Frage der Kompatibilität durchaus
vorsichtiger ab, als das mit Einzelzitaten bisher belegt wurde.
Was mich aber besonders zu Vorsicht gemahnt, ist die
Haltung des tschechischen Staatspräsidenten, dessen Wertschätzung wir
offensichtlich teilen, und dessen bisheriger Haltung ich auch große Hochachtung
abgewinnen kann. Wenn er nun einen Text an sich befürwortet hat, dann denke
ich, dass es sich allemal lohnt, diesen Text auch genauer anzuschauen und
genauer zu studieren. Ich hoffe sehr, dass, unabhängig von der Rechtsfrage,
unabhängig von den Fragen der Restitution, unabhängig von diesen Fragen
bilateraler Beziehungen, in der Tschechischen Republik begriffen wird - wozu
auch wir sehr lange gebraucht haben -, dass es sich hier um eine
politisch-moralische Frage handelt, dass wir die Verpflichtung haben, dort, wo
in der Geschichte Unrecht passiert ist, uns schonungslos auch mit diesem
Unrecht auseinander zu setzen, uns dazu zu bekennen, und vor allem auch in den
Diskussionen dafür zu sorgen, dass solche Ereignisse, solche historischen
Abläufe für die Zukunft unmöglich werden.
Und diese Verpflichtungen haben wir alle, nicht
"nur" - unter Anführungszeichen - wir Österreicher, ja
selbstverständlich haben wir das, sondern es haben selbstverständlich auch
alle, die an den schrecklichen Ereignissen damals beteiligt gewesen sind, sich
mit dem auseinander zu setzen und die Schonungslosigkeit ist die Voraussetzung
für das Nie Wieder. Wer vertuschen will, der besorgt die Wiederholung der
Geschichte in Form einer noch größeren Tragödie.
Präsident Johann Hatzl:
Danke. - Eine Zusatzfrage hat Frau Abg Dr Vana.
Abg Dr Monika Vana
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Dieses
Haus hat Anfang Februar auf Antrag der GRÜNEN eine Resolution beschlossen, ohne
die Stimmen der Freiheitlichen, in der sich Wien zum Beitritt der Mittel- und
Osteuropäischen Staaten klar bekennt, den Erweiterungsprozess aktiv
mitgestalten will und auch ein klares Ja zum Beitritt (Die Rednerin holt das
Mikrofon näher an sich heran.) - ups, da bin ich wieder - Tschechiens ablegt.
Wir haben in dieser Resolution auch beschlossen, dass wir uns klar gegen jede
Form der Vetodrohungen wenden und dass wir uns bilaterale Gespräche, auch der
österreichischen Bundesregierung mit der tschechischen Regierung, erwarten,
wonach es zu einer österreichisch-tschechischen Aussöhnungserklärung kommen
soll, nach dem Vorbild des Deutschen Bundestags, wo sich beide Seiten zur
Verantwortung für das Zustandekommen der Benes-Dekrete bekennen.
Welche Schritte haben Sie
als Landeshauptmann gesetzt, diese Resolution dieses Hauses umzusetzen und für
eine österreichisch-tschechische Aussöhnungserklärung mit der klaren
Verantwortung beider Seiten für das Zustandekommen der unrechten Benes-Dekrete
einzutreten, und was haben Sie unternommen, um die bilateralen Beziehungen zu
Tschechien zu intensivieren, wie wir es auch in dieser Resolution beschlossen
haben?
Präsident Johann Hatzl:
Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete!
Wir wollen die Außenpolitik dort belassen, wo sie
letztendlich auch hingehört. Ich habe mit dieser Resolution das gemacht, was
von mir verlangt wurde, nämlich sie der Österreichischen Bundesregierung und
insbesondere der Frau Außenminister als eine Meinungsäußerung des Wiener
Landtags zur Kenntnis gebracht. Außenpolitik ist ja wohl eines der
konstitutiven Elemente der Republik und in der Verantwortung der
Bundesregierung und so wollen wir es auch für die Zukunft belassen. Es kann
nicht neun Außenpolitiken geben.
Aber diese Meinungsäußerung, diese von Ihnen
ausführlich zitierte Meinungsäußerung des Wiener Landtags, ist der
Bundesregierung zur Kenntnis gebracht worden.
Was nun den viel wichtigeren zweiten Teil Ihrer Frage
betrifft, nämlich, was trägt Wien selbst dazu bei, um zu einer Kooperation, zu
einer verbesserten Kooperation als einer Grundlage dieser so genannten
Aussöhnung zu kommen, das lässt sich ausführlicher beantworten, denn da darf
ich schon darauf verweisen, dass noch in den Zeiten, als in Prag eine
kommunistische Diktatur herrschte, sich nicht zuletzt auch mein Amtsvorgänger
sehr bemüht hat, hier über die Systemgrenzen hinweg zu einer Zusammenarbeit zu
kommen, und insbesondere nach 1989 haben wir als eine der Ersten
Kooperationsverträge mit Prag und in Folge gesehen auch mit Brünn
abgeschlossen, die sich in einer großen Bandbreite von der Zusammenarbeit, was
den Aufbau einer Verwaltung betrifft, über Umwelttechnologie bis hin zu
Kulturkooperationen beschäftigen und auch immer wieder umgesetzt wurden.
Es ist gar nicht so wenig Geld etwa in die
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