Landtag, 8.
Sitzung vom 25.04.2002, Wörtliches Protokoll
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jede Regierung beschäftigen, egal auf welcher Ebene,
und jede Regierung muss bemüht sein, muss schauen, dass sie so sozial
ausgewogen wie nur möglich regiert, weil sonst wird sie nicht lange Regierung
sein. Daher glaube ich, dass diese Formulierungen hier Allgemeingut sein
müssen. Aber Sie haben ja nicht ausgeschlossen, dass hier ein Schritt gesetzt
wird und daher meine Frage: Ich glaube, wenn man die Verfassung ändert, muss
das wohl überlegt sein, weil die Verfassung ist ja nicht irgendetwas.
Daher die
Frage, wenn man die Verfassung schon ändert, haben Sie auch Vorstellungen, dass
man nicht nur den sozialen Aspekt als Zielsetzung reingibt, sondern auch andere
gesellschaftsrelevante Themenkreise hier berücksichtigen könnte?
Präsident Johann Hatzl:
Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Selbstverständlich kann ich mir vorstellen, dass man sich auch mit anderen
gesellschaftlichen Themenkreisen beschäftigt.
Die einzige Eingrenzung, die ich vollziehen würde,
ist die, dass sie natürlich in Beziehung zu Wien und in Beziehung zu den
Kompetenzen des Landes stehen sollten. Wie wir heute schon einmal gehört haben,
Fragen der Außenpolitik, aber auch Fragen der Verteidigungspolitik und ähnliche
Themenkreise sind ausschließlich Angelegenheiten des Bundes. Ich würde es daher
ablehnen, zu diesen Themenfeldern entsprechende Einbeziehungen in der Wiener
Verfassung zu machen, aber von den grundsätzlichen Fragen der Gesellschaft als
Zielbestimmung her halte ich das für vernünftig.
Wir haben
das in der jüngeren Vergangenheit etwa mit der Unterschutzstellung des Wassers
getan, weil dies auch ein ganz wesentliches Zukunftsthema ist. Daher kann ich
mir das selbstverständlich vorstellen.
Präsident Johann Hatzl: Letzte
Zusatzfrage, Frau Abg Jerusalem. - Bitte.
Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Landeshauptmann!
Ich möchte Sie schon an eines erinnern: Während
nämlich die Kampagne gelaufen ist und die Leute aufgefordert wurden, zu
unterschreiben, ist der SPÖ in Wien nichts anderes eingefallen, als die Tarife
für die öffentlichen Verkehrsmittel zu erhöhen. Das war nicht gerade ein
Motivationsschub und eine Unterstützung für dieses Volksbegehren, wenn dann bei
den Leuten der Eindruck entsteht, es sind ohnedies alle
gleich. (Abg Heinz Hufnagl: Sie haben einen "U-Bahn-Express" in die
falsche Richtung entwickelt!) Es ist ganz egal, ob die ÖVP oder die FPÖ oder
die SPÖ regiert, alles ist gleich, weil alle sparen und auch in Wien gespart
wird. Salamitaktikartig wird da Demontage betrieben und das stößt auf die
heftige Kritik der Wiener Grünen.
Ich möchte Sie jetzt dazu
ganz konkret noch etwas fragen. Sie können jetzt noch nichts zu den Inhalten
sagen, das ist mir schon klar. Das kann man nicht von dem Rednerpult aus, aber
es wäre eine Mindestanforderung, dass in Hinkunft, wenn neue Gesetze gemacht
beziehungsweise Maßnahmen gesetzt werden oder wenn es um Tarife und Ähnliches
geht, dass man nicht nur die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme prüft, sondern
eben auch die soziale Verträglichkeit. Werden Sie also dafür sorgen, dass in
Hinkunft bei neuen Maßnahmen ganz genau darauf geschaut wird, wie sich diese Maßnahmen
auf die Lage der betroffenen Bevölkerung auswirken werden?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte
Frau Abgeordnete!
Das ist Ihre Darstellung, dass die Bevölkerung den
Eindruck hat, dass das, was in Wien passiert, dasselbe ist, was auf Bundesebene
passiert. Das ist Ihre Darstellung, Ihre Polemik und die Polemik der Grünen in Wien, die ich nicht zur
Kenntnis nehme.
Die Realität ist die, dass durch Maßnahmen, die in
Wien gesetzt wurden, es aus diesen Titeln zu Mindereinnahmen von
1,7 Milliarden S gekommen ist und auf der Bundesebene
28 Milliarden S mehr Einnahmen. Das ist die Realität.
Wenn wir gerade bei den Verkehrstarifen das machen,
was der Bund und Niederösterreich längst vollzogen haben und wir an die
VOR-Tarife anpassen, dann stellen Sie sich her und sagen, das ist dasselbe was
der Bund macht. Das halten Sie politisch und strategisch für richtig in einer
Auseinandersetzung um die Demontage des Sozialstaats! Da sind Sie mir bitte
nicht böse, das kann ich nicht nachvollziehen und ich halte das auch
grundsätzlich für politisch falsch! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Wir kommen zur
4. Anfrage (FSP/01948/2002/0003-KVP/LM). Sie wurde von Herrn Abg Dr
Matthias Tschirf gestellt und ist an den Landeshauptmann gerichtet: Welche
Schritte haben Sie gesetzt, um den arbeitsfreien Sonntag gemäß dem Hinweis im
Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 6. März 2002 in unserer Wiener
Landesverfassung zu verankern?
Ich bitte um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Landtagsabgeordneter!
Zunächst einmal darf ich darauf hinweisen, dass sich
die Resolution der Landeshauptleute oder der Beschluss der Landeshauptleute -
es wird dort nicht zwischen Anträgen und Resolutionen unterschieden - in allererster
Linie an den Bund richtet, denn die Landeshauptleutekonferenz hat zwar über die
grundsätzliche Verankerung in einzelnen Landesverfassungen als eine Staatszielbestimmung
hingewiesen, aber es wurde der Bund in erster Linie aufgefordert, dass er dies
entsprechend umsetzt.
In der Sache selbst steht für mich außer Zweifel, dass die
Sonntagsruhe gewährleistet sein soll. Das ist die Auffassung aller vier im
Parlament vertretenen Parteien. Das ist die Auffassung aller vier hier im
Landtag vertretenen Parteien. Das ist die Auffassung der Sozialpartner,
durchgängig aller. Das ist die Auffassung der Kirche. Man muss auch dazusagen,
es ist nicht die Auffassung einzelner Großunternehmer aus dem Handelsbereich
oder ihrer Manager. Aber wenn man das ein bisschen auf die Waage legt, dann
denke ich, dass man die Diskussion so führen sollte, dass die Sonntagsruhe in
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