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Landtag, 9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 49

 

Abfertigungsansprüche ein bisschen gerechter verteilt werden, nur, der Kuchen wird kleiner, meine Damen und Herren. Der Kuchen, den Sie verteilen, wird beträchtlich kleiner. Das sagen nicht nur wir, das sagt auch das WIFO. (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei der FPÖ.)

 

Das WIFO hat errechnet, dass die Abfertigungsvolumina, die ausbezahlt werden, durch diese Neuregelung von 19 Milliarden S im Jahr auf 15 Milliarden S fallen werden (Rufe bei der ÖVP: Falsch! Falsch!) - das sagt das WIFO; erkundigen Sie sich dort -, und Sie senken damit einfach die Lohnnebenkosten für die Unternehmer. Waren bisher Abfertigungsrückstellungen in Höhe von 2,4 Prozent zu bilden, so hat sich der Beitragssatz einfach auf 1,53 Prozent reduziert. (Abg Gerhard Pfeiffer: Für alle! - Abg Georg Fuchs: Für alle!) Das ist ein Geschenk an die Unternehmer und Unternehmerinnen. Für die Arbeiternehmer und Arbeitnehmerinnen bleibt leider ein bisschen weniger übrig als bisher. (Abg Dr Herbert Madejski: Viele haben gar nichts bekommen bis jetzt!) Ja, regen Sie sich nicht so auf! Sie finden das auch empörend. Vielleicht lernen Sie jetzt, was Ihre Parteien im Bund da beschlossen haben. Hören Sie mir gut zu! Es wird noch schlimmer. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und bei der FPÖ.)

 

Hat man bisher nach 25 Jahren ... (Anhaltende Zwischenrufe. - Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Meine Damen und Herren! Ich bin interessiert an einem lebendigen und nicht an einem schlafenden Landtag, trotzdem habe ich nur einer Rednerin und nicht einem Chor das Wort erteilt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

Abg Dr Monika Vana (fortsetzend): Danke, Herr Vorsitzender!

 

Hat man bisher nach 25 Jahren den höchsten Abfertigungsanspruch, das waren zwölf Monatsgehälter, in Händen gehabt, so wird das nach den Berechnungen des ÖGB und der Arbeiterkammer jetzt mindestens 37 Jahre dauern. Nach 37 Jahren hat man zwölf Monatsgehälter, und das bei einer angenommen Verzinsung von 6 Prozent über 40 Jahre. Das zeigen Sie mir einmal, dass über 40 Jahre 6 Prozent Verzinsung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer herauskommen. Denn - das muss man ja auch sehen - die hohen Aktiengewinne in dieser Welt werden vor allem durch die Abschaffung oder die Reduzierung von Sozialmaßnahmen oder Beschäftigungsmaßnahmen erzielt (Abg Gerhard Pfeiffer: Vorher war nichts mit null Prozent!), wie wir auch gestern vom Wirtschaftsforscher Dr Schulmeister in der ZiB 2 wieder einmal hören konnten.

 

Also massive Entlastungen für Unternehmer und Belastungen eigentlich für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die jetzt weniger herausbekommen. (Abg Georg Fuchs: Das ist ein völliger Unsinn!)

 

Was Sie auch nicht dazusagen, ist, dass es Verlierer und Verliererinnen gibt bei dieser Reform, zum Beispiel jene ArbeitnehmerInnen, die bisher Abfertigungsansprüche über dem Kollektivvertragsniveau hatten. Also die so genannten freiwilligen Abfertigungen werden massiv belastet (Abg Georg Fuchs: Sie reden gegen die Rechte der Frauen!), weil sie die Steuerbegünstigung verlieren und plötzlich der vollen Besteuerung und der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Das ist eine Verschlechterung für jene Kolleginnen und Kollegen, und das muss man dazusagen. (Lautstarker Widerspruch bei der ÖVP und bei der FPÖ.)

 

Es gibt eine zweite Gruppe von Verlierern und Verliererinnen, das sind jene ArbeitnehmerInnen, die die Abfertigung bisher als Lohnbestandteil gebraucht haben, die die Auszahlung der Abfertigung brauchen als Überbrückung für Arbeitslosigkeit zum Beispiel. Das sind ja nicht so wenige, das ist ja eine steigende Zahl von ArbeitnehmerInnen. (Abg Dr Matthias Tschirf: Haben Sie nicht mitbekommen, was im Nationalrat beschlossen worden ist?) Sie kennen den Strukturwandel in der Arbeitswelt. Zirka 80 Prozent aller Dienstverhältnisse dauern unter drei Jahren, und bei Dienstverhältnissen unter drei Jahren darf man sich die Abfertigung nicht auszahlen lassen, auch nicht bei Selbstkündigung.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

 

Abg Dr Monika Vana (fortsetzend): Das heißt, Sie erschweren massiv die Auszahlung von Abfertigungen für die Menschen, die sie brauchen, sie begünstigen aber etwas anderes, sie begünstigen die steuerfreie Einzahlung in ein Versicherungsunternehmen oder den Erwerb von Anteilen an einem Pensionsinvestmentfonds. Die Abfertigungsansprüche sollen also angespart werden.

 

Wer sich gestern die Medien angeschaut hat, konnte sehen, dass sie voll waren mit Meldungen über weltweit massive Einbrüche bei den Pensionsinvestmentfonds, wodurch weltweit Hunderttausende ArbeitnehmerInnen ihre Ansprüche verlieren. Und da denke ich mir, das ist nicht gerade die zu bevorzugende Form der Pensionsvorsorge. Denn was Sie eigentlich wollen ...

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Frau Abgeordnete, bitte den Schlusssatz!

 

Abg Dr Monika Vana (fortsetzend): ... und das ist unsere Hauptkritik: Sie wollen einen schrittweisen - was heißt, schrittweisen -, das ist der erste große Wurf zum Umbau der Abfertigung in eine betriebliche Pensionsvorsorge. Das wollen Sie: Die Abfertigung in der bisherigen Form abschaffen und umbauen in die zweite Säule der Pensionsvorsorge. Das heißt über kurz oder lang, die staatliche Pension zu reduzieren. Das ist für die Beschäftigten ein bisschen teurer, für den Staat ein bisschen billiger, die Abgabenquote soll gesenkt werden. Das sehen wir leider nicht so euphorisch wie Sie, und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land ist das leider nur ein kleiner Pyrrhussieg. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Gerhard Pfeiffer: Der Bürgermeister hätte "Schwachsinn" gesagt!)  

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist der Dritte Präsident Römer.

 

Abg Johann Römer (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Wir sprechen heute über einen sozialpolitischen Meilenstein, und das brauchen wir uns nicht wegnehmen zu

 

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