Landtag,
9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 49
Abg Johann Driemer (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Herr Kollege Tschirf! Es wäre ehrlicher und meiner
Meinung nach auch aufrichtiger gewesen, wenn Sie Ihre Ausführungen damit
begonnen hätten: Ich handle im Auftrag der Bundesregierung! - Das wäre die
richtige Aussage gewesen. (Beifall bei
der SPÖ. - Abg Dr Matthias Tschirf: Im Auftrag der Arbeitnehmer!)
Es wäre auch noch aufklärungsbedürftig Ihrerseits,
wie Sie den Zusammenhang herstellen zwischen der Abfertigung Neu und den
zukunftsorientierten Arbeitsplätzen. Ich sehe hier keinen Zusammenhang. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das unterscheidet
uns!) Meinen Sie damit, Herr Kollege Tschirf, dass Sie damit mehr Flexibilität
der Arbeitnehmer in angeordneter Form der Arbeitgeber bewirken wollen? - Das
könnte auch eine Intention sein.
Meine Damen und Herren! Ziel der Gewerkschaften im
Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Abfertigung Neu war es immer, die
Arbeitnehmer aus den unternehmensbezogenen Abfertigungsabhängigkeiten herauszubringen.
Das war eines der Grundziele. (Abg Dr
Matthias Tschirf: Was haben die sozialistischen Finanzminister unternommen?) Der
ÖGB hat diese Grundziele auch verwirklicht. (Abg
Georg Fuchs: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?) Da die Regierungsparteien
ÖVP und FPÖ um die Vaterschaft buhlen und damit politisch punkten wollen, wundert
es mich nicht, wenn jetzt auch die ÖVP und FPÖ in Wien hier versuchen, daraus
politisches Kapital zu schlagen.
Faktum ist: Die Abfertigung Neu ist ein Ergebnis, ein
gutes Ergebnis der Verhandlungen des ÖGB und der Sozialpartner. Da fährt die
Eisenbahn darüber, meine Damen und Herren. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Es ist auch dieses Sozialpartnerpapier vom Oktober
2001 fast zur Gänze umgesetzt worden. Das ist auch richtig so. (Abg Mag Hilmar Kabas: Das ist ja gescheit!
Warum regen Sie sich dann so auf?)
Geschätzte Damen und Herren! Damit das auch etwas
transparenter wird, werde ich hier das Taferl herstellen (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der, farblich
unterlegt, die Positionen von ÖVP/FPÖ und SPÖ gegenübergestellt sind.) und
noch einmal einen Rückblick machen (Abg
Mag Hilmar Kabas: Das ist zu klein!) - macht nichts -, wie schwierig es
war, sozusagen auch die Bundesregierung davon zu überzeugen, dass wir ihre
ursprünglichen Intentionen nicht mittragen werden.
Die Bundesregierung hat einen Stopp der Einzahlung
nach 25 Jahren beziehungsweise nach dem 45. Lebensjahr beabsichtigt.
Der ÖGB hat durchgesetzt: Es gibt eine Beitragsleistung und einen Abfertigungsanspruch
ab dem ersten Tag. (Beifall bei der ÖVP.
- Abg Mag Hilmar Kabas: Na wunderbar!)
Auch sollte es nach den Vorstellungen der Bundesregierung
erst wieder nach einem Jahr einen Abfertigungsanspruch geben. Da wären wieder
Tausende Menschen ausgeschlossen gewesen vom Abfertigungsanspruch. Der ÖGB hat
durchgesetzt: Die Abfertigung gibt es ab dem ersten Tag.
Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung war auch
dagegen, dass es eine Abfertigung bei Selbstkündigung gibt. (Abg Mag Hilmar Kabas: Nein, die hat alles
durchgesetzt! - Abg Dr Matthias Tschirf: Wer hat es beschlossen, die Bundesregierung
oder Sie?) Der ÖGB hat durchgesetzt und sichergestellt, dass es jetzt auch
einen Abfertigungsanspruch unabhängig von der Art der Auflösung des Dienstverhältnisses
gibt, meine Damen und Herren.
Die Bundesregierung wollte die begünstigte Besteuerung
der Abfertigung abschaffen. Der ÖGB hat sichergestellt, dass die 6-prozentige
Besteuerung der Abfertigung aufrecht bleibt. (Abg Georg Fuchs: Warum nicht früher?)
Die Bundesregierung wollte auch die Abfertigung
zwingend in die Pensionskassen überleiten. Der ÖGB hat durchgesetzt, dass die
Arbeitnehmer frei entscheiden können, ob sie es ausbezahlt haben wollen oder ob
sie das in Form einer zusätzlichen so genannten Berentung oder Pension nützen
wollen. (StRin Karin Landauer: Warum
haben Sie es nicht gemacht? Sie hätten es machen können! - Abg Gerhard
Pfeiffer: Warum nicht bei der roten Regierung?)
Meine Damen und Herren! Ein besonderer Erfolg des ÖGB
ist auch, dass wir hier auch frauenspezifische Themen umgesetzt haben. (Abg Georg Fuchs: Warum nicht früher?)
Es war ein langer Kampf gegen diese Bundesregierung (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und bei der FPÖ.), dass wir jetzt
die Kindererziehungszeiten, dass wir die Zeiten der Berufsausbildung, dass wir
die Bildungsfreistellung und dass wir die Familienhospiz auch hier drinnen mit
berücksichtigt haben. (Beifall bei der
SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Natürlich gibt es auch zur
Abfertigung Neu einige Kritikpunkte und auch Problembereiche. Das muss man auch
hier aussprechen, und da gebe ich der Kollegin Vana natürlich Recht. (Abg Gerhard Pfeiffer: Na klar!) Ein
großes Problem ist die Unsicherheit im Kapitaldeckungsverfahren und deren Verzinsung.
Das können wir nicht bestreiten, das ist einfach eine Unsicherheit im
Finanzkapitalmarkt, weil die Veranlagungserfolge nicht voraussehbar sind. Ich
gehe davon aus, dass dieses Gesetz auch durch Einwirkung der Sozialpartner klar
und deutlich das Kapital abgesichert hat.
Weiters lehnen wir als ÖGB nach wie vor ab, durch
Einzelvereinbarungen bestehende Abfertigungsansprüche reduziert überzuleiten in
das neue Abfertigungsrecht. Das ist eine wesentliche Schlechterstellung und wir
werden das auch weiterhin bekämpfen. Wir haben das sehr deutlich gemacht.
Kollege Tschirf! Wenn Sie schon einen Rucksack mitgebracht
haben, dann hätten Sie einen größeren mitnehmen müssen, da hätten Sie die
Belastungen darstellen können, die die Bundesregierung insgesamt auf die Arbeitnehmer
und Arbeitnehmerinnen losgelassen hat. (Beifall
bei der SPÖ und der Abg Dr Monika Vana. -
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