Landtag,
9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 49
hinuntergedrückt mit aller Härte und das von der SPÖ, die in
Wien das Sagen hat und an der Macht ist und so sehr für das Sozialvolksbegehren
eingetreten ist."
Ich denke, auch dieser Fall zeigt eindeutig auf, dass
diese vielgerühmte Verwaltung, die in Wien ach so gut funktioniert, wenn es um
Sozialhilfeempfänger geht, dann doch nicht das bringt, was man sich eigentlich
erwarten sollte, nämlich rasche Hilfe für wirklich Hilfsbedürftige.
Ich bin neugierig, was Sie dazu zu sagen haben, und
ich bin neugierig, mit welchen Argumenten man erklärt, dass jemand, der
dringend Geld braucht, weil er nämlich keines mehr hat und das auch nachweisen
kann, zwei Monate warten muss, bis er das Geld dann auch tatsächlich bekommt.
Auf diese Begründung bin ich schon sehr, sehr neugierig.
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie wissen, dass
es immer wieder im Bereich der Sozialhilfe derartige Vorkommnisse gegeben hat und
vermutlich geben wird. Ich möchte aber auch, dass Sie wissen, dass die GRÜNEN
das ablehnen, kritisieren und nicht müde werden, diese Fälle auch ans Licht der
Öffentlichkeit zu bringen und Ihnen mitzuteilen, nicht um zu streiten, sondern
damit im Rahmen der Sozialämter eine andere Weisung erteilt wird und damit
sichergestellt ist, was in der Begründung des neuen Gesetzes auch drinnen
steht, nämlich rasche Hilfe für wirklich Bedürftige.
Das schreibt man nicht nur in die Erläuterungen eines
Gesetzes hinein, sondern das hat man zu machen! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und der Abg Ingrid Korosec.)
Präsident Johann Römer:
Als Nächster ist Herr Abg Ing RUDOLPH zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Ing Herbert RUDOLPH
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau
Berichterstatterin!
Berthold Brecht schreibt in der
"Dreigroschenoper" oder lässt hier Peachum - Peachum ist bekanntlich
jener Geschäftemacher, der Not und Armut als Mittel zum Zweck für seine
Geschäftstätigkeit gebraucht, missbraucht - über die Unsicherheit der
menschlichen Verhältnisse sagen: "Die Welt ist arm, der Mensch ist
schlecht. Wer wollt auf Erden nicht ein Paradies, doch die Verhältnisse,
gestatten sie's? Nein, sie gestatten's eben nicht." Peachum schließt dann
hier und sagt: "Ja menschlich sein, wer wollt es nicht?"
Als ich dieses Gesetz das erste Mal gelesen habe, ist
mir zugegebenermaßen die "Dreigroschenoper" in Erinnerung gekommen.
Die genaue Passage habe ich dann erst wieder beim Durchlesen gefunden, aber ich
glaube es ist jene, die den Spannungsgegensatz recht gut beschreibt, in dem man
sich hier auch im Bereich der Sozialpolitik bewegt: Auf der einen Seite Hilfe
zu geben, Unterstützung zu geben, den unverschuldet in Not Geratenen, auf der
anderen Seite aber genau das zu tun, wofür Verwaltung und Gemeinschaft auch
verpflichtet sind, nämlich sicherzustellen, dass dieses solidarische Handeln
nicht auch missbräuchlich verwendet wird. Dass es missbräuchliche Verwendung
auch gibt, wissen wir, und die Beispiele werden ja immer wieder auch sehr
prominent beschrieben.
Daher ist das, was hier im Allgemeinen Teil in den
Erläuternden Bemerkungen dieses Gesetzesentwurfs steht, auch ehrlich, richtig,
aufrecht und zu unterstützen, nämlich dass man sich hier genau über die
Tatsachen Kenntnis verschaffen möchte und dementsprechend Hilfeleistung gibt,
aber auch natürlich den Kostenersatz durch den Hilfe Suchenden und seine zum
Kostenersatz nach dem Wiener Sozialhilfegesetz verpflichteten Angehörigen auch
entsprechend dem tatsächlichen Vermögen zu den entsprechenden Leistungen
verpflichten muss.
Das ist in Ordnung so und ich glaube auch, dass das
etwas ist, was die Gesellschaft, die ja die Sozialhilfe finanziert, auch mit
Fug und Recht in Anspruch nehmen kann, dass auch hier eine entsprechende
Kontrolle passiert.
Das, was wir von den GRÜNEN als das Recht auf die
bezahlte Faulheit kennen, dieses sozialpolitische Modell, werden wir mit
Sicherheit nicht unterstützen. Wir haben es nicht unterstützt und werden es
auch zukünftig nicht unterstützen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Das ist keine Behauptung, sondern das ist auch
anlässlich der letzten Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl programmatisch
festgelegt worden. Alleine die Tatsache, dass Sie Stimmen gewonnen haben, wird
mich daran nicht hindern zu meinen, dass das kein Modell ist, das
zukunftsträchtig ist, weil das Recht auf bezahlte Faulheit, wo man Sozialhilfe
zwar kassiert, aber keine Leistung erbringt und auch nicht den Nachweis erbringen
muss, ob man sie in Wahrheit auch tatsächlich benötigt, das ist
verantwortungslos und das kann es wohl nicht sein.
Aber der zweite Teil in diesen Erläuternden
Bemerkungen lässt schon auch einen anderen pointierten Vergleich zu, denn wenn
hier nunmehr zwar nicht gesetzlich normiert aber doch in diesen Erläuternden
Bemerkungen als Absicht formuliert wird, in Zukunft Hilfe ohne Auftrag zu
erteilen, dann ist das - und jetzt sage ich einmal, wäre es ernst gemeint -
durchaus sehr problematisch. Denn Hilfe ohne Auftrag ist etwas, was der Medizin
vorbehalten ist und auch der nur in Ausnahmefällen. Hier eine auch noch so gut
gemeinte ex lege-Entmündigung als Motiv zugrunde zu legen, da sage ich einmal,
da ist der katholische Ablasshandel direkt noch ein seriöses Geschäft gewesen
gegen das, was hier behauptet wird, dass man möchte.
Ich verstehe dieses scheinbar schlechte Gewissen nicht, das
man hier in diesen Erläuternden Bemerkungen zum Ausdruck bringt, denn
vorzugeben, ich muss sehr, sehr viele Informationen einsammeln, um jeden
Einzelnen genau beobachten zu können, ob er sich jetzt der Grenze der
Sozialhilfebedürftigkeit nähert und dann in tiefer Sorge um den jeweils
Einzelnen mit der Sozialhilfe bei der Handhabe rechtzeitig vor Ort zu sein,
damit man möglichst rasch Hilfe geben kann, daran glaube ich schlicht und
einfach nicht. Ich glaube nicht, dass das tatsächlich das ist, was die
Verwaltung tun möchte, nein, was sie auch gar nicht tun kann, weil sie wäre in
Wahr-
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