Landtag,
13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 57
arbeitsmarktpolitischen Kursen teil und haben damit die
Chance, den Einstieg in den Beruf wieder zu schaffen. Ich denke, das zeigt,
dass die Maßnahmen, die wir setzen, richtig sind, dass sie wichtig sind und vor
allem dass sie greifen! (Beifall bei der
SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz dieses
offensichtlichen Erfolgs bleibt noch viel zu tun. Die Arbeitslosigkeit betrug
zu Jahresbeginn bei Frauen fast 8 Prozent, bei Männern über
12 Prozent. Besondere Sorge bereitet mir die Langzeitarbeitslosigkeit bei
Frauen. Aber auch die atypischen Beschäftigungsverhältnisse, die Frauen dazu
bringen, dass sie zwar arbeiten, aber nicht genügend verdienen, um sich und
ihre Kinder durchzubringen, sind ein Punkt, der mir ganz besonders große Sorgen
macht.
Das heißt, alle unsere Maßnahmen müssen darauf
abzielen, für Frauen eine langfristige ökonomische Absicherung zu bringen. Wir
haben in Wien mit dem höchsten Bildungsniveau und der höchsten
Frauenerwerbsquote die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, aber wir haben
die negativen Aspekte natürlich auch noch in Wien.
Soweit wir die Rahmenbedingungen in Wien selbst
beeinflussen können, tun wir das. Da gilt es vor allem, Berufsunterbrechungen
entgegenzuwirken und ihre negativen Folgen zu beseitigen. Weil darüber vorhin
diskutiert wurde, darf ich Ihnen hiezu nur eine Zahl nennen:
Berufsunterbrechungen wirken sich für Frauen radikal negativ und lohnmindernd
aus. Während für Frauen im Durchschnitt fünf Jahre durchgängige Berufstätigkeit
eine 20-prozentige Lohnsteigerung bedeuten, bringt ein Jahr Unterbrechung eine
Einbuße von rund 9 Prozent. Es sind dies Einbußen, die nie wieder
aufholbar sind und die mit ein Grund sind für die Einkommensunterschiede, die wir
alle miteinander beklagen. Wenn wir dagegen etwas tun wollen, dann müssen wir
die Unterbrechungen kurz halten, eine stetige Entwicklung des
Frauenerwerbslebens fördern und Maßnahmen zum Wiedereinstieg setzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Das tun wir in Wien zum Beispiel mit unserem
1-Million-EUR-Paket gegen diese prekären Beschäftigungsverhältnisse. Ich richte
aber dennoch die dringende Forderung an den Bund, hier ebenfalls entsprechend
aktiv zu werden, und zwar durch Bereitstellung ausreichender Mittel, durch die Absicherung
frauenspezifischer Angebote in einer hohen Qualität in der Arbeitsmarktpolitik
und durch ein Gleichbehandlungsgesetz, das in der Privatwirtschaft
weiterzuentwickeln ist. Diese Rahmenbedingungen fordere ich vom Bund dringend
ein, denn die brauchen wir. (Beifall bei
der SPÖ.)
Das Thema Aus- und Weiterbildung steht in direktem
Zusammenhang mit der Einkommenssituation und mit der Arbeitslosigkeit: Je
schlechter die Qualifikation ist, desto größer ist die Bedrohung, arbeitslos zu
werden. Auch hier hat Wien das höchste Niveau an Qualifikation aufzuweisen. Auf
Seiten der Frauen hat sich da in der Vergangenheit sehr viel verändert. So hat
nach aktuellem Stand zumindest jede fünfte Frau eine höhere Schule oder
Universität absolviert.
Trotzdem gibt es geschlechterspezifische Segregation
auch im Bildungsbereich. Sie kennen alle das Beispiel, dass zwei Drittel der
weiblichen Lehrlinge in den fünf traditionellen Lehrberufen sind. Oder: Obwohl
es an der Technischen Universität, im Technikbereich mittlerweile ein Viertel
Studentinnen gibt - in den siebziger Jahren waren es nur 10 Prozent -,
sind die Frauen dort nach wie vor deutlich in der Minderheit.
Hier setzen wir an, hier greifen wir durch. Mit dem
Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds setzen wir eine Reihe von Maßnahmen,
die genau an diesem Punkt ansetzen. Aber auch hier stellen wir wiederum ganz
dringende Forderungen an den Bund, an die neue Bundesregierung, an den
Gesetzgeber: Wir brauchen dringend Mittel für frauenspezifische Maßnahmen im
Bereich der Qualifikation, der Arbeitsmarktpolitik. Es gibt Projekte, vor allem
sozialökonomische Betriebe, die gefährdet sind, weil es keine entsprechende
finanzielle Unterstützung gibt. Es darf keine Einsparungen geben, die auf
Kosten der Beratungsqualität gehen, gerade wenn sich Qualifikationsmaßnahmen an
Mädchen und junge Frauen richten, und es dürfen die vielen hoch qualifizierten
Frauen- und Mädchenprojekte nicht einer sinn- und phantasielosen Sparpolitik
zum Opfer fallen. Dagegen müssen wir uns mit allen Mitteln wehren! (Beifall bei der SPÖ.)
Je früher unsere Arbeit und Unterstützung für Frauen
und Mädchen beginnt, um so besser. Auch hier sind wir in Wien Vorreiterin. Das
Thema geschlechtersensible Pädagogik wird in der Jugendbetreuung, in den
Kindergärten und in den Schulen von uns in den Vordergrund gestellt. Unser
Prinzip heißt: Mädchen stärken, Buben fördern. - Auch hier die zwei Seiten
einer Medaille! Hier entwickeln wir auch gemeinsam und auf Basis feministischer
Forschungsergebnisse die Themen der Koedukation weiter, denn Koedukation heißt
nicht automatisch Partnerschaft in der Schule. Hier müssen wir mit
geschlechtersensiblen Methoden weiterarbeiten und Mädchen besonders
unterstützen. Aus starken Mädchen werden starke Frauen. Mädchen, die ihren Park-
und ihren Freizeitbereich erobern, werden später auch einmal das Leben und die
Berufswelt erobern. Das wollen wir, dafür arbeiten wir, und auch dazu ist es
notwendig, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die Verwirklichung des Prinzips der geschlechtergerechten
Schule ist eine ganz wichtige Maßnahme. Dazu gehört auch die Sensibilisierung
von Lehrern und Lehrerinnen und - wieder eine wichtige Forderung an den Bund -
die Überarbeitung der Unterrichtsmaterialien, die nach wie vor in den
Geschlechterfragen oft sehr konservativ sind. Hier ist viel zu tun, und hier
hat der Bund auch eine ganz wichtige Aufgabe. Auch hier muss ich wieder
betonen: Es dürfen die vielen Frauen- und Mädchenprojekte, die es in diesem
Bereich gibt, nicht dem Sparstift zum Opfer fallen. Wien versucht, zu
unterstützen, wo es geht, aber auch der Bund ist hier absolut gefordert. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sagte schon vorher: Das wichtigste Anliegen der
Wienerinnen ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
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