Landtag,
13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 57
Da haben wir uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, als
Arbeitgeberin, als Land Wien selbst Vorbild zu sein. Wir haben die Möglichkeit
zur individuellen Arbeitszeitgestaltung. Wir bieten Teilzeit, Jobsharing,
Telearbeit. Wir bieten einen Betriebskindergarten in Rathausnähe und rund um
die Uhr Kindertagesheime in vielen Spitälern, um Vereinbarkeit von Beruf und
Familie zu ermöglichen.
Aber auch für die Wienerinnen insgesamt geschieht
hier viel. Wien ist bei den Kinderbetreuungseinrichtungen absolute
Spitzenreiterin in Österreich: mit 74 500 Krippen, Kindergärten und
Hortplätzen - um 25 Prozent mehr als in den anderen Bundesländern -, mit
längeren Öffnungszeiten und flexibleren Angeboten.
Dem gegenüber fehlen in Österreich noch immer rund
100 000 Kindergartenplätze. Insofern finde ich es ganz besonders schlimm,
dass die Kinderbetreuungs-Milliarde, die es unter einer sozialdemokratischen
Frauenministerin gegeben hat, abgeschafft wurde. Ich denke, es ist eine ganz
wichtige Forderung an die neue Frauenministerin, diese
Kinderbetreuungs-Milliarde endlich wieder einzuführen. Wir brauchen sie ganz,
ganz dringend! (Beifall bei der SPÖ.)
Genauso notwendig sind eine echte Teilzeitkarenz für
jeden Elternteil, unabhängig von der Größe des Betriebs, mit Rückkehrrecht zu
einem Vollzeitarbeitsplatz und eine radikale Reform des Kinderbetreuungsgeldes,
sodass der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert und nicht so, wie es jetzt
ist, erschwert wird und Frauen und Männer die Chance erhalten, beim Kind zu
Hause zu bleiben.
Ein ganz bedeutender Beitrag zur Vereinbarkeit von
Beruf und Familie ist die räumliche Qualität einer Stadt. Da geschieht in Wien
unglaublich viel. Wir sind Vorreiterin bei der Frage der geschlechtersensiblen
Stadtplanung und Stadtgestaltung. Seit zehn Jahren fließen die Interessen von
Frauen in die Planung ein. Unser Vorzeigeprojekt, die Frauenwerkstatt, ist
mittlerweile international renommiert und wird von vielen internationalen
Experten und Expertinnen besucht. Auch da habe ich eine große Sorge, nämlich
dass durch die Bedrohung der Wohnbauförderungsmittel der Länder diese
Errungenschaften unter Umständen gefährdet werden könnten. Auch hier brauchen
wir also für die Weiterentwicklung dieser erfolgreichen Politik in Wien
anständige Rahmenbedingungen von Seiten des Bundes.
Ein Thema möchte ich noch ansprechen, das ebenso
aktuell wie traurig ist: das Thema Gewalt in der Familie. Eine von vier in
Europa lebenden Frauen ist von Gewalt durch ihren jetzigen oder ehemaligen
Partner betroffen. Das sind Zahlen, die betroffen machen. Wir haben in Wien
unser Gewaltschutznetz mit der Errichtung des vierten Frauenhauses und mit der
Einrichtung des 24-Stunden-Frauennotrufs ausgebaut. Wir wollen uns jetzt in
verstärktem Maße der Prävention zuwenden, die ich für außerordentlich wichtig
halte. Die Situation ist so, dass die Zahl der Anzeigen zum Thema Gewalt in der
Familie, Gewalt an Frauen steigt, und - so absurd es klingt - ich bin froh
darüber, weil ich glaube, dass es uns miteinander gelungen ist, das Thema Gewalt
aus der Tabuecke herauszuholen. Ich glaube nicht, dass es früher keine Gewalt
gegeben hat, man - beziehungsweise Frau - hat nur schamhaft darüber
geschwiegen. Miteinander ist es uns gelungen, hier eine Veränderung zu
erreichen, unter anderem, so denke ich, auch dank der vielen Einrichtungen, die
es in diesem Bereich gibt.
In Wien ist das Gewaltschutznetz gut ausgebaut, und
in Zukunft wollen wir uns verstärkt auf Präventionsarbeit konzentrieren, wir
wollen die gute Zusammenarbeit mit den Spitälern fortsetzen, und wir wollen
erreichen - und auch hier ist der Bundesgesetzgeber gefordert -, dass es
endlich auch zu einer Regelung im Bereich dessen kommt, was in der
internationalen Diskussion als "Stalking" bezeichnet wird, also des
Psychoterrors, mit dem Frauen bedroht werden und im Zuge dessen es leider auch
vorkommt – ich beziehe mich da auf einen aktuellen Fall, über den vor nicht
allzu langer Zeit berichtet wurde -, dass ein Mord passiert und dann alle
Bekannten und Verwandten sagen: Ja, das haben wir ohnedies gewusst. Er war
immer da, er hat sie immer belästigt, aber man konnte halt nichts tun, weil er
nicht wirklich aggressiv geworden ist. - Diese Begrifflichkeit wird durch das
"Stalking" abgedeckt. Hier werden wir, auch mit Hilfe einer Untersuchung,
die wir in Wien durchführen, den Bundesgesetzgeber unterstützen und hoffen,
dass es endlich zu einer Regelung kommt, die verhindert, dass Frauen und Kinder
Opfer von Gewalt werden, sodass wir nicht dann im Nachhinein feststellen und
bedauern müssen, dass zu wenig passiert ist.
Genauso ist es dringend notwendig, dass die Maßnahmen
des Präventionsbeirates, die im Innenministerium leider seit zwei Jahren liegen
und nicht umgesetzt werden, endlich umgesetzt werden. Genauso ist es notwendig
- und das ist mir ein ganz großes Anliegen -, dass die Einsparungs- und
Umstrukturierungsmaßnahmen der Wiener Polizei nicht zu Lasten der guten
Kooperation und der guten Arbeit der Polizei im Bereich Gewaltschutz gehen.
Denn wir haben hier eine gute Zusammenarbeit, und das soll so bleiben, und die
Einsparungsmaßnahmen dürfen diese nicht ruinieren. Das wäre sehr, sehr schlecht
für die Wienerinnen im Zusammenhang mit diesem so wichtigen Thema.
Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Abschluss möchte
ich noch einen kurzen Blick auf drei besondere Zielgruppen werfen, die mir am
Herzen liegen:
Erstens: die Migrantinnen, die wir besonders
unterstützen müssen. Ich bin sehr stolz auf das, was uns in diesem Bereich
gelungen ist - im Gegensatz zu den Vorwürfen, wir würden keine anständigen
Rahmenbedingungen für Integration schaffen. Genau das Gegenteil ist der Fall:
Der so genannte Integrationsvertrag sieht nur Sanktionen und Drohungen - die im
Übrigen wieder nur die Ärmsten der Armen treffen - vor, während wir sehr viele
Maßnahmen setzen. Die vielen Tausenden, die an der Sprachoffensive der Stadt
Wien teilgenommen haben, sind zu 65 Prozent Frauen, und darauf bin ich
sehr, sehr stolz, denn sie, die Zuwanderinnen, brauchen unsere Unterstützung
ganz besonders. (Beifall bei der SPÖ.)
Was wir nicht tun können - weshalb sich hier meine
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular