Landtag,
13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 57
dringende Forderung an den Bund richtet -, ist, die Gesetze
so zu ändern, dass Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben und dass
die derzeitige menschenunwürdige Regelung betreffend den Familiennachzug, der
Frauen und Kinder ja besonders betrifft, eine Regelung, auf Grund deren
Tausende Menschen im Ausland warten müssen, bevor sie bei ihrer Familie leben
dürfen, geändert wird und dass wir mit Sonderquoten, wie ich sie seit vielen
Jahren fordere, den Familiennachzug zumindest in einer absehbaren Zeit so
gestalten können, dass alle Menschen ihr Menschenrecht auf Familie auch
wirklich umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ.)
Die zweite Zielgruppe sind die Seniorinnen, über die
heute schon intensiv diskutiert wurde. In Wien sind 13,6 Prozent der
Menschen, die leben, Frauen über 60 - also nicht nur eine wichtige, sondern
auch eine große Zielgruppe -, Frauen, die auf Grund der vorher genannten
Erwerbsverläufe armutsgefährdet sind, Frauen, die oft einsam sind und die eine
ganz besondere Unterstützung brauchen. Deshalb ist es, so denke ich, eine ganz
zentrale Forderung, zu verhindern - und ich sage von hier aus: es wird die
erste Nagelprobe für die neue Frauenministerin sein, ob ihr das gelingt -, dass
eine Pensionsreform auf dem Rücken der Frauen gemacht wird. Es darf keine
Pensionsreform geben, die die Interessen von Frauen vernachlässigt und die
ohnedies schon geringen Frauenpensionen noch weiter schmälert. Das wird die
erste Nagelprobe der neuen Frauenministerin! Wir bieten unsere Unterstützung
sehr gerne an - sie wird sie nämlich, so glaube ich, dringend brauchen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Die Stadt Wien will in all diesen Fragen der
Gleichstellung Vorbild sein, als Gesetzgeberin und als Arbeitgeberin. Wir haben
das bereits erwähnte Gleichbehandlungsgesetz, durch das wir, gemeinsam mit den
vielen Maßnahmen der Frauenförderung, erreicht haben, dass viel weitergegangen
ist - wenn es uns auch noch immer viel zu wenig ist. Von den
72 Magistratsabteilungen werden 11, also 15,3 Prozent, von
Frauen geleitet. Das ist uns noch viel zu wenig, da haben wir noch viel Arbeit
vor uns. Besser sieht es schon bei den Magistratischen Bezirksämtern aus, von
denen 32 Prozent von Frauen geleitet werden. Von den 65 Personen
innerhalb der Stadt, die in der höchsten Dienstklasse sind, sind zehn Frauen,
also 15,4 Prozent. Das ist uns immer noch viel zu wenig, aber 1995 war es
nur eine Frau. Also es geht etwas weiter, und gemeinsam werden wir dafür
sorgen, dass noch schneller etwas weitergeht.
Das werden wir mit Maßnahmen der Frauenförderung und
mit Maßnahmen des Gender Mainstreamings tun. In allen Bereichen der Stadt
wollen wir diesen geschlechtersensiblen Blick auf die Arbeit werfen, und wir
wollen vor allem auch bei unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die
Sensibilisierung dafür fördern, die in diesem Zusammenhang ein ganz wichtiges
Thema ist. Wenn Sie einen Blick in den Schulungskatalog der Verwaltungsakademie
der Stadt Wien werfen, werden Sie sehen, dass hier viel passiert, und ich sage
Ihnen: Es ist kein Gnadenakt einer Dienstgeberin gegenüber ihren
Mitarbeiterinnen, wenn sie Frauen fördert. Ich sage sehr deutlich: Jeder
Arbeitgeber, jede Arbeitgeberin, der beziehungsweise die freiwillig auf über
50 Prozent der Qualifikation ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
verzichtet, ist unintelligent. Deswegen ist es Teil einer modernen Verwaltung,
Teil von qualitätsvoller Verwaltung, Frauen zu unterstützen und zu fördern. Und
das werden wir in Zukunft auch weiterhin tun und noch verstärkt tun. (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir wollen es mit unserer Politik allen Frauen
möglich machen, ihren persönlichen Lebensentwurf eigenständig und unabhängig
auch leben zu können. Dazu gehört ganz zentral die Frage der
Arbeitsmarktsituation. Ich habe bereits erwähnt, dass wir ein
1-Million-EUR-Paket geschnürt haben, um Frauen verstärkt am Arbeitsmarkt zu
unterstützen. Wir werden uns weiterhin auf Mädchen konzentrieren, denn diese zu
stärken ist erfolgreiche und fortschrittliche Frauenpolitik für die Zukunft.
Das nächste sichtbare Signal wird der Töchtertag am 24. April sein, den
wir gemeinsam mit der Wiener Wirtschaftskammer veranstalten. Wir werden mit der
Aktion "Frauen sichtbar machen" weiter unseren Weg gehen. Einige von
Ihnen blättern schon in der Broschüre - oder eigentlich ist das ein sehr
schönes Buch, das wir da veröffentlicht haben, das das Thema Frauen in einer
ungewöhnlichen Art und Weise lebendig werden lässt. Die sonst trockenen
Statistiken sind hier dankenswerterweise sehr lebendig und sehr gut
dargestellt, um die Entwicklung der Frauen in dieser Stadt deutlich zu machen.
Wir werden auch weiterhin im kulturellen Bereich
aktiv sein, wie zum Beispiel mit dem "Sichtbaren Raum" von Valie
Export, dem einzigen öffentlichen Kunstwerk, das es von ihr im öffentlichen Raum
Wiens gibt.
Wir werden von Seiten der Stadt Wien weiterhin die
Frauenförderung im Haus als Vorreiterin und Vorbild durchführen, und wir werden
Gender Mainstreaming innerhalb des Landes und der Stadt als ganz logischen Teil
auch der neuen Verwaltungsinstrumente umsetzen und ausbauen.
Ebenso werden wir auch das Thema Gewalt nicht
vergessen und werden verstärkt auf die Prävention setzen, weil wir glauben,
dass eine gewaltfreie Gesellschaft, wenn diese auch eine weit entfernte
Illusion darstellt, unser Ziel sein muss, und weil das absolut im Interesse der
Frauen liegt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist, denke ich, für
die Wienerinnen in dieser Stadt sehr, sehr viel erreicht worden, aber - das ist
keine Frage - es bleibt noch sehr viel zu tun, um wirklich Rahmenbedingungen
für eine Gesellschaft zu schaffen, in der Frauen und Männer in allen Bereichen
des Lebens - im Privaten, in der Beziehung, in der Familie, in der Arbeits- und
Wirtschaftswelt und nicht zuletzt in der Politik - partnerschaftlich und respektvoll
miteinander umgehen.
Ich lade Sie alle ein, gemeinsam diese erfolgreiche Politik
für alle Wienerinnen fortzusetzen, und ich fordere sehr klar und energisch vom
Bund die Rahmenbedingungen ein, die uns dies auch in Zukunft ermöglichen. -
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