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Landtag, 14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 83

 

geehrten Damen und Herren!

 

Natürlich ist es nicht alltäglich, wenn ein Gesetz von der Bundesregierung beeinsprucht wird und heute die Mehrheit dieses Hauses einen Beharrungsbeschluss fassen muss. Aber auch dann, wenn man einen Beharrungsbeschluss fasst und sich nicht wirklich inhaltlich mit den Argumenten, warum es zu dem Einspruch gekommen ist, befasst, sondern auf den schlechten Argumenten zumindest von einer Partei, die vor mir gesprochen hat, beharrt, wird das nicht besser.

 

Ich möchte nur zwei Beispiele herausgreifen von der Vorrednerin. Wenn sie die Ankündigung, dass zwei Parteien dieses Hauses, Abgeordnete dieses Hauses den Verfassungsgerichtshof anrufen wollen, als erbärmlich bezeichnet, da kann ich nur sagen: Es ist bezeichnend für die gesamte Argumentationslinie derer, die jetzt den Beharrungsbeschluss fassen wollen, dass dann, wenn ein Weg, der in der Bundesverfassung eingeräumt wird als Recht, als erbärmlich angesehen wird und bezeichnet wird. Erbärmlich ist diese Argumentation, die ich wirklich mit allem Nachdruck zurückweisen möchte! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Und ein zweites Argument, das auch wieder einmal tief blicken ließ, entweder Sie wissen es nicht besser oder Sie wollen eben eine tatsächliche Desinformation. Man weiß ja, da gibt es Meister in dem Bereich der Desinformation. (Bewegung bei den GRÜNEN.) Das habt ihr beim Ostblock gelernt, die Desinformation. Das weiß ich schon. Ihr habt es gut gelernt. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wenn Sie meinen, dass sich die moderne Demokratie doch nicht nur beschränken soll auf Staatsbürgerrechte und deshalb kann man willkürlich über Staatsbürgerrechte hinweggehen, auch wenn sie verfassungsrechtlich verankert sind, kann ich nur sagen: Mitnichten ist es so, dass in einer modernen Demokratie nur Staatsbürgerrechte vorhanden sind. Natürlich gibt es auch Grundrechte, die unabhängig vom Staatsbürgerrecht Geltung haben, und zwar für alle hier im Staat Befindlichen, wie Vereinsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und so weiter. Aber es gibt eben auch die Staatsbürgerrechte. Zu denen gehört das Wahlrecht. Darauf werden wir uns berufen, und ich bin überzeugt davon, dass uns hier der Verfassungsgerichtshof auch Recht geben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Nun zur Vorrednerin und ihren versuchten Angriff auf unsere Informationskampagne: Sie können überzeugt sein, wir haben alles vollkommen abgecheckt, auch rechtlich abgecheckt, und ich würde nur meinen, man soll keine Bürger – weil darin sind Sie auch Meister – unter Druck setzen, damit sie von Standpunkten, die sie sogar schriftlich hergegeben haben, abrücken sollen. Das wäre wirklich etwas, was man dann auch in aller Öffentlichkeit besprechen muss, weil das muss endlich einmal aufhören, dass bestimmte linke Gruppierungen ständig versuchen, Druck auf Bürger auszuüben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte daher noch einmal heute die Argumente darlegen, die wir schon bei der seinerzeitigen Beschlussfassung dieses Landesgesetzes dargelegt haben, hier noch einmal in Erinnerung rufen. Und es wäre interessant, sich wirklich einmal mit diesen Argumenten auseinander zu setzen und nicht nur sich zu ergehen in irgendwelchen Verbalinjurien oder zu sagen, das ist erbärmlich und skandalös und so weiter, sondern es handelt sich hier um eine wirklich ganz ernsthafte demokratiepolitische Frage, ob man ohne weiters über Verfassungsrecht und über Staatsbürgerrecht hinweggehen will, wenn man glaubt, vielleicht damit parteipolitische Vorteile bekommen zu können. Ich glaube, dass das einfach zu wenig ist, sondern man muss wirklich hier sehr genau abwägen und schauen, wie weit das jetzt tatsächlich von der Verfassung gedeckt ist. Es ist nicht gedeckt.

 

Aber wir haben jetzt nicht nur diese juristischen Argumente vorzubringen und ins Treffen zu führen, sondern auch durchaus politische Argumente.

 

Ein Hauptargument für uns ist, dass in einer demokratischen Gesellschaft das Wahlrecht eines der wichtigsten Staatsbürgerrechte darstellt und das ist daher nur von jenen auszuüben, die sich mit dieser Gesellschaft und mit diesem Staat identifizieren, ihre Pflichten erfüllen und die auf Grund von Wahlentscheidungen sich ergebenden Konsequenzen dann auch auf Dauer mittragen.

 

Dass der Geist, der hier in unserer Verfassung zum Ausdruck kommt, ein normiertes Staatsbürgerschaftsrecht ist, ist eben im Sinne von Identitätsstiftung, das, was etwa jetzt bei der Frage des Konvents in Europa der Landeshauptmann vorhin auch gemeint ist, dass es ganz wichtig ist, dass sich die Bürger innerhalb eines Staates oder innerhalb der Union identifizieren mit diesem Gemeinwesen. Und wir meinen, dass es sinnvoll ist und integrativ wirkt, wenn das am Endpunkt des Integrationsprozesses steht, dann die Verleihung des Staatsbürgerrechtes gegeben ist und damit auch das staatsbürgerschaftliche Recht des Wahlrechtes, dass das dann der Endpunkt und die Zielsetzung eines Einwanderers sein soll, der hierher kommt, sagt, aus welchen Gründen immer, das soll die neue Heimat, meine neue Heimat sein, und dann, so wie es im Staatsbürgerschaftsgesetz vorgesehen ist, eben zehn Jahre hier lebt und wirkt und den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Daher hat der Herr Landeshauptmann schon Recht; er geht nur jetzt mit diesem Gesetz den entgegengesetzten Weg.

 

Und daher meinen wir, dass mit diesem Weg des Ausländerwahlrechts das Staatsbürgerschaftsrecht ausgehöhlt wird und auch in Frage gestellt wird, weil eben das Wahlrecht ein zentraler Punkt des Staatsbürgerschaftsrechtes ist. Und daher stand eben die Staatsbürgerschaftsverleihung bisher am Ende der Integration Fremder und konnte in der Regel auch nur frühestens nach zehn Jahren erlangt werden. Wir wissen, gerade in Wien wurde es dann verkürzt, aber im Gesetz steht es einmal so grundsätzlich drinnen. Nach zehn Jahren – so das Staatsbürgerschaftsgesetz – ist ein Ausländer einem Staatsbürger durch Verleihung der Staatsbürgerschaft gleichzustellen. Und das ist die Zielsetzung für einen Einwanderer, dass am Ende die Staatsbürgerschaft mit dem Wahlrecht steht, wenn er sich durch einen bestimmten Zeitablauf integriert hatte und eben auch Zeit hatte,

 

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