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Landtag, 14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 83

 

sich zu integrieren.

 

Und ich möchte jetzt einen Zeugen nennen, dem Sie sicher nicht unterstellen werden, Herr Kollege Schuster, sicher nicht unterstellen werden können, dass er irgendein Naheverhältnis zu uns hat. Der Prof Bassam Tibi hat vor einigen Wochen hier im Cajetan-Felder-Institut einen Vortrag gehalten. An sich war der Schwerpunkt Frage Nahost, Frage Krise et cetera und auch, wie es seiner Meinung nach weitergehen wird mit der islamistischen Bewegung, weil er ist ja ein Liberaler. Also er lehnt ja den Islamismus ab. Aber in der Diskussion ging es dann auch um das Ausländerwahlrecht. Und er sagt – er ist deutscher Staatsbürger, aber ein gebürtiger Syrer –, dass er das Ausländerwahlrecht ablehnt, denn das Wahlrecht ist ein Bürgerrecht. Und Bürger soll und darf nur der werden, der sich mit seiner neuen Heimat voll identifiziert, sich als Bürger mit allen Rechten und Pflichten begreift und diesem Staatswesen gegenüber, dem er nunmehr angehört, dazu auch zu hundert Prozent loyal ist. Und da soll eben das äußere Zeichen der Staatsbürgerschaftsverleihung stehen und damit auch dann das Wahlrecht.

 

Und das, glaube ich, ist ein ganz entscheidender Gedanke. Ich bin noch beim Politischen, ich komme dann auch zur rechtlichen Diskussion und zu den rechtlichen Argumenten. Um diese Integration, an deren Ende die Erlangung der Staatsbürgerschaft steht, zu erreichen, können eben auch – und das habe ich vorhin schon erwähnt – von den Ausländern selbstverständlich Rechtsgarantien wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit-, Pressefreiheit, Vereinsfreiheit in Anspruch genommen werden. Die Grundrechte selbstverständlich. Aber in der Form nicht die Staatsbürgerrechte.

 

Dieser Integrationsweg kann aber nicht konsequent weiterverfolgt werden, wenn der Anreiz, sich mit der Einbürgerung voll zu integrieren, wegfällt, indem schon ohne Übernahme der vollen Staatsbürgerpflichten maßgebliche Bürgerrechte vorher eingeräumt werden. Um ein persönliches Recht wie das  Wahlrecht verleihen zu können, bedarf es daher einer konkreten Integration in den Personalverband der jeweiligen Gebietskörperschaft, die durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach außen repräsentiert wird und bei der das Gastgeberland auch davon ausgehen kann, dass sich diese Person voll mit dem Wohnsitzstaat identifiziert und zu ihm zugehörig fühlt.

 

Ich komme zum zweiten Argument, nämlich: Diese Ansicht wird auch von der Europäischen Union vertreten. Eine Entschließung des Rates vom 4. März 1996 – weil wir vorhin gerade auch einstimmig die Europadeklaration beschlossen haben – über die Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auf Dauer aufhältig sind, verweist darauf, dass Drittstaatenangehörige grundsätzlich erst nach einer zehnjährigen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer in der EU eine Gleichstellung mit Inländern, das heißt mit EU-Bürgern, im rechtlichen und sozialen Status erlangen sollen. Und damit ist ohne Zweifel auch das Wahlrecht als Kernbereich der staatsbürgerschaftlichen Rechte gemeint.

 

Drittes Argument: Ein weiterer Punkt zeichnet das Wahlrecht für EU-Bürger innerhalb der EU aus. Es beruht nämlich auf dem völkerrechtlichen Grundsatz der Gegenseitigkeit. Ich möchte jetzt nur in Erinnerung rufen, dass ab nächstem Jahr, ab 1.5., weitere zehn Länder in die EU aufgenommen werden, deren Bürger dann in der EU das kommunale Wahlrecht ausüben können, sodass ja nur mehr wenige Staaten in Europa übrigbleiben, deren Bürger dann innerhalb der EU und daher auch innerhalb Österreichs nicht wählen können. Aber da ist eben das entscheidende Argument der Gegenseitigkeit ins Treffen zu führen.

 

Und gerade dieses Element findet nun bei den Nicht-EU-Ausländern nach diesem Landesgesetz keine Beachtung. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit bedeutet – das ist bekannt –, dass jener Bürger, in dessen Staat ein Ausländer wählen kann, auch die Möglichkeit hat, in dem Staat des Ausländers wählen zu können. Dies ist in der Europäischen Union der Fall, fehlt aber natürlich gegenüber den Drittstaaten. Versuchen Sie einmal, in die Türkei auszuwandern und dann ohne türkische Staatsbürgerschaft das Wahlrecht auf kommunaler Ebene in Anspruch nehmen zu wollen. Da werden Sie Ihre Wunder erleben.

 

Viertes Argument, nämlich: Das zielt in die Richtung, dass der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung der österreichischen Staatsbürger hier mit diesem Schritt verletzt wird, weil österreichische Staatsbürger gegenüber diesen Staaten, Drittstaaten, wo die Österreicher eben nicht wählen können, benachteiligt und diskriminiert sind.

 

Fünftes Argument: Weder die Entschließung des Rates vom 4. März 1996 der EU über die Rechtstellung von Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auf Dauer aufhältig sind, noch die Kommunalrichtlinie der EU oder der UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte zwingt uns in irgendeiner Weise in diese Richtung, mit der Sie heute einen Beharrungsbeschluss machen wollen, sondern es ist nach diesen internationalen Richtlinien der EU, aber auch der UNO sogar unverständlich, warum Sie diesen Schritt gehen.

 

6. Dieser Punkt ist schon immer wieder diskutiert worden: Es wird das Homogenitätsgebot verletzt. Das Homogenitätsgebot, Sie wissen, da kommt der Gedanke der Einheit der verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze in unserem Staat, in unserer Bundesverfassung zum Ausdruck.

 

7. Argument: Durch die Einführung des Wahlrechtes für Drittstaatsangehörige wird aber auch das demokratische Prinzip unserer Bundesverfassung - eines Bausteines der Bundesverfassung - verletzt, weil hier ja das Postulat gilt, alle Gewalt, alles Recht geht vom Volk aus und unter Volk versteht die Bundesverfassung selbstverständlich das Staatsvolk, also die Summe der Staatsbürger. Darum haben wir auch das letzte Mal im Dezember den Antrag gestellt auf eine Volksabstimmung, denn geht man von den Grundprinzipien der Bundesverfassung ab,

 

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