Landtag,
17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 66
wieder zu lösen.
Daher gleich zu Beginn einmal die wesentliche
Forderung der GRÜNEN: Es müssen alle Frühpensionierungen nachbesetzt werden,
sonst geht die Qualität an den Wiener Pflichtschulen den Bach hinunter. (Beifall
bei den GRÜNEN und bei Besuchern auf der Galerie.)
Ich bin sicher nicht die Einzige und die GRÜNEN sind
sicher nicht die Einzigen, die das fordern. Ich denke, Sie haben alle
mittlerweile auch die Aufforderung des Dachverbandes der Elternvereine, einer
sozialdemokratisch besetzten Einrichtung, erhalten. Frau Eveline Brem, Ihnen
allen bekannt, sitzt als SP-Mitglied auch im Kollegium des Stadtschulrates, und
ich möchte an dieser Stelle auch ihr Verlangen noch einmal wiederholen, weil es
sich mit dem unseren voll deckt: uneingeschränkte Nachbesetzung der am
1.12.2003 freiwerdenden Lehrerdienstposten. Dieselbe Aufforderung wie von
meiner Seite. Dass die Gewerkschaft ebenfalls dieselbe Aufforderung an Sie
richtet, ist Ihnen mit Sicherheit bekannt.
Ich möchte aber nun kurz rekapitulieren, wie die
Ereignisse sich aneinandergefügt haben und was nun alles auf einmal auf die
Schulen hereintrommelt, und zwar teilweise kurzfristig, ohne Ankündigung, ohne
dass die Schulen auch nur die Möglichkeit gehabt hätten, Planungen vorzunehmen.
Sie können sich sicher erinnern, damals saßen die
GRÜNEN hier mit Taferln und haben dem Herrn Landeshauptmann gesagt: So geht das
nicht. Das war damals, als Lhptm Häupl im Finanzausgleich mit dem Bund ein
Sparpaket für Wiens Schulen paktiert hat, das sich gewaschen hat.
Im Schuljahr 2000/2001 war die erste Tranche, und die
war groß, nämlich gleich 70 Prozent des gesamten Sparpakets, das insgesamt
8 Prozent Minus bei den Lehrerinnen und Lehrern innerhalb von vier Jahren
bedeutet hat. Das heißt, ÖVP, FPÖ und SPÖ waren sich einig, dass innerhalb von
vier Jahren 8 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer weggespart werden sollen.
Das stand im Finanzausgleich, und das hat der Herr Landeshauptmann unterschrieben.
Wir haben das damals kritisiert und haben gesagt, das darf nicht sein.
Das ist aber jetzt nicht das Einzige, was die Schulen
ereilt hat. Es gab gleich damals eine erste Studie im Stadtschulrat – die Frau
Präsidentin ist heute anwesend, denn auch sie ist eine Hauptbetroffene in
dieser Angelegenheit –, in der festgehalten wurde, und zwar unisono von roten
und schwarzen Schulen, dass bereits diese erste Tranche eine Qualitätseinbuße
im Unterricht zur Folge hatte.
Dann kam ganz rasch ein Gerücht auf: Wien hätte nicht
genug eingespart, und zu dem Budgetdebakel im Ressort Laska käme für das Jahr
2002 jetzt noch einmal ein Minus von ungefähr 25 Millionen EUR dazu.
Ich nehme an, 2003 wird es nicht viel anders gewesen sein. Dieses Gerücht wurde
zurückgewiesen.
Was kam dann? Dann hatte der Bund – meine Damen und
Herren von ÖVP und FPÖ, das geht jetzt Sie an – die herausragende Idee der
Frühpensionierungen, und tatsächlich gingen in Wien 750 PflichtschullehrerInnen
in Frühpension.
Jetzt frage ich die SPÖ: Wenn Sie jetzt nicht
nachbesetzen wollen, was Sie jedoch versprochen haben, was hätten Sie denn ohne
diese Frühpensionierung gemacht? Hätten Sie 750 hinausgeschmissen? Wo ist Ihr
Plan? Wie können Sie tatsächlich ein derartiges Chaos anrichten? Wir sind nun
mit der Situation konfrontiert, dass 8 Prozent auf das Konto des
Sparpakets im Finanzausgleich gehen, unterzeichnet von Lhptm Häupl, und dass
weitere 4 Prozent dazukommen, wenn die Frühpensionierungen nicht
nachbesetzt werden. Das geht nicht! (Beifall bei den GRÜNEN und bei
Besuchern auf der Galerie.) Wien
kann nicht innerhalb von vier Jahren 12 Prozent der PädagogInnen
einsparen!
Was das für die Schulen in der Schulwirklichkeit
bedeutet, könnten Ihnen die, die da oben sitzen (die Rednerin weist auf die Besucher auf der Galerie), besser
berichten als ich, aber ich werde mein Möglichstes tun. Es werden die
BegleitlehrerInnen abgezogen, es werden die StützlehrerInnen abgezogen, es
werden die IntegrationslehrerInnen abgezogen, es werden die
SprachheilpädagogInnen abgezogen und müssen Klassen übernehmen. Die Klassen
werden dadurch größer. Alles, was notwendig ist, um Kinder mit besonderen
Bedürfnissen in kleineren Gruppen zu fördern, wird eingespart, wird weggespart.
Und wen trifft das wieder im Besonderen? Das trifft
Kinder mit Behinderungen, die besonderer Förderung bedürfen, das trifft Kinder
mit nichtdeutscher Muttersprachen ganz im Besonderen, das trifft Kinder, die
Sprechschwierigkeiten haben ganz im Besonderen, und auch diese brauchen eine
besondere Förderung.
Insgesamt kann man sagen, meine Damen und Herren: In
Wien steht tatsächlich – und das hätte niemand auch nur zu träumen oder
vielmehr zu befürchten gewagt – die Integration auf dem Spiel. Sie haben in den
Wiener Pflichtschulen das größte Chaos angerichtet, das nur möglich war. Doch
als ich das bereits im September angekündigt habe, haben Sie gesagt: Wieder
eine dieser Unsinnigkeiten der Grünen.
Das ist ja nicht wahr.
Noch Ende Oktober wurde mir vom Abteilungsleiter beteuert:
Bitte, Frau Jerusalem, sagen Sie doch den Lehrerinnen und Lehrern, mit denen
Sie sprechen, sie brauchen sich nicht zu sorgen, es werden alle Posten
nachbesetzt. Und jetzt sage ich es, wie es ist: Ich Idiot sage denen auch noch,
man kann dem Stadtschulrat glauben und vertrauen. Fehler! Fehler! Fehler! Man
kann nicht, außer Sie stellen sich heute hierher und sagen, es werden alle
Posten nachbesetzt.
Meine Damen und Herren! Fazit: Die Schule ist in Not.
Gespart wird auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler – offensichtlich ist
es nebensächlich, dass die Qualität leidet –, gespart wird auf dem Rücken der
Lehrerinnen und Lehrer, gespart wird auf dem Rücken der Eltern. Und wir werden
noch viel zu diskutieren haben. Besetzen Sie nach und sichern Sie die Qualität
in den Schulen! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und bei Besuchern auf der
Galerie.)
Präsidentin Prof Erika Stubenvoll: Für weitere
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