Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 56
gemeinsam noch einiges vor uns haben.
Zum Familienwahlrecht, das Kollege Strobl hier in die
Diskussion eingebracht hat: Diese Diskussion erinnert mich ein bisschen an die
Debatten, die es zum Frauenwahlrecht gegeben hat. Bevor das Frauenwahlrecht
eingeführt wurde, kam auch immer das Argument: Es können ja die Männer die
Angelegenheiten ihrer Frauen vertreten! Wozu brauchen die Frauen ein Wahlrecht?
- Jetzt geht es eben um die Kinder. Es ist paternalistisch zu behaupten, so wie
Sie gesagt haben, Sie seien froh, dass die Jugendanwälte - Sie haben nichts
davon gesagt, dass hier auch eine Jugendanwältin sitzt - "dazu
gelernt" haben. - Es ist schön, dass Sie Noten verteilen, ich glaube aber
nicht, dass wir hier so ... (Ruf bei der ÖVP: Was für eine Note?) – Nun ja, der Ausdruck "dazu
lernen" weist zumindest darauf hin. Sie gehen ja noch vom Notensystem aus,
Entschuldigung - ich bin gewohnt, mit der kommentierten Leistungsvorlage zu
arbeiten. (Abg Walter Strobl: ... Ihre Phantasie!) Meine
Phantasien? Ich weiß nicht, welche Phantasien Sie mir unterstellen. Ich glaube
aber trotzdem, dass der paternalistische Zugang, den Sie hier auch in Bezug auf
das Familienwahlrecht, oder wie auch immer, wählen, nicht der richtige ist,
denn es gibt nun einmal das Prinzip der Demokratie und das Prinzip der
Geheimhaltung bei der Stimmabgabe.
Wenn Sie sagen - oder Kollege Strache hat das auch
gesagt -, dass die Eltern dann die Partei wählen, die das meiste für die Kinder
und Jugendlichen tut, dann glaube ich, dass das ein schwaches Argument ist. Wie
wir nämlich wissen, wählen die Kinder selten das Gleiche wie die Eltern - das
kommt in den besten Häusern vor! Jetzt stellen wir uns einmal vor, was
passieren würde, wenn bei einem solchen Familienstimmrecht dann der oder die
Zwölfjährige zu Hause sitzt und der Vater sagt, wir wählen die ÖVP, wonach
natürlich vom ihm der Vorschlag kommt, die ÖVP zu wählen, das Kind aber sagt:
Nein, ich würde gerne die GRÜNEN wählen! - Was ist dann? Wer setzt sich durch?
- "Na sicher" das Kind (Heiterkeit des Abg Dipl Ing Martin
Margulies – Abg Jürgen Wutzlhofer: In einer ÖVP-Familie "sicher"!),
aber doch "hundertprozentig", also "ganz sicher", und
"die ganze Familie wird dann die GRÜNEN wählen". - So wird es nicht
funktionieren! Es ist nun einmal leider so, dass die Eltern dann wahrscheinlich
das wählen, was sie glauben, und somit die Kinder wieder nicht gehört werden.
Und "Kinder in der Wahlurne" wollen wir,
glaube ich, alle nicht - ich glaube, Sie haben gemeint: In der Wahlzelle. (Abg
Walter Strobl: Sie schließen 20 Prozent aus!) Ich schließe keine
20 Prozent aus, denn ich will, dass sich Kinder und Jugendliche in diesem
Land selbst artikulieren. (Abg Walter Strobl: Na machen Sie das bei einem
Dreijährigen!) Ich will, dass sie ihre Rechte in der Verfassung verankert
haben. Man kann auch mit Dreijährigen diskutieren, was sie wollen und wie sie
wollen. Man muss sich dazu nur auf die Ebene des Gesprächs eines dreijährigen
Kindes begeben! - Ich weiß schon, dass Sie offensichtlich nicht fähig sind, mit
Kindern zu reden und ihre Bedürfnisse zu verstehen.
Unserer Meinung nach haben die Eltern nicht das
Recht, für ihre Kinder zu stimmen, sondern die Kinder haben das Recht, für sich
selbst zu sprechen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN sowie des Abg Jürgen
Wutzlhofer.)
Präsident Johann Römer: Zum Wort ist niemand
mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Bevor ich der Berichterstatterin, Frau LhptmStin
Laska, zu ihrem Schlusswort das Wort erteile, frage ich die beiden Kinder- und
Jugendanwälte, Frau Pinterits und Herrn Dr Schmid, ob sie eine
Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht abgeben wollen. – Das ist der Fall.
Ich erteile daher der Kinder- und Jugendanwältin Frau
Monika Pinterits das Wort.
Kinder- und Jugendanwältin DSA Monika Pinterits:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich freue mich, dass alle - Menschen aus ganz
unterschiedlichen Parteien - unserem Bericht zugestimmt haben, und ich möchte
mich dafür auch ganz herzlich bedanken. Es ist uns wichtig, eine gewisse
Zustimmung zu erfahren, denn ich denke, wir wollen ja alle gemeinsam, dass sich
für die Kinder und Jugendlichen etwas verändern soll.
Ich möchte gerne zu einigen Bereichen Stellung
nehmen:
Was den "Staat im Staat" betrifft, so
möchte ich sagen, die Kinder- und Jugendanwaltschaft ist kein Staat im Staat,
sondern sie kooperiert mit sehr vielen Stellen. So kooperieren wir zum Beispiel
im Zusammenhang mit dem NAP, dem Nationalen Aktionsplan, mit allen Stellen aus
sämtlichen Bundesländern Österreichs.
National Coalition ist eine Zusammenkunft, eine
Vernetzung von Menschen - da sind Pfadfinder dabei, da sind ganz tolle
Organisationen unterschiedlicher Couleurs, wenn Sie so wollen, dabei, die
eigentlich alle das Gleiche wollen, und zwar, dass die Kinderrechte in den
Verfassungsrang erhoben werden. Mit denen kooperieren wir auch sehr gut.
Auch mit der MA 11: Es kommen manchmal Menschen
zu uns, die sich über irgendwelche Maßnahmen beschweren. Da erlebe ich immer
wieder, dass wir auch mit der MA 11 sehr gut kooperieren können. Wenn es
um strukturelle Gegebenheiten geht, dann schicken sie uns die Leute, und wir
versuchen dann eben, uns diese Strukturen ein bisschen anzuschauen und
Veränderungen durchzuführen.
Gewalt in der Öffentlichkeit ist ein wichtiges Thema.
Ich denke aber, es kann nicht so sein, dass auf Grund eines Falles, der im
Moment wieder die Wellen höher gehen lässt, die Seriosität der
Berichterstattung verloren geht. Uns ist es ein Anliegen, dass die Medien nicht
nur fallbezogen ihre Aufgabe der Information erfüllen, sondern wir sehen die
Medien auch als Transporteure von bestimmten Inhalten an die Bevölkerung.
Deshalb ist es uns ganz wichtig, dass in den Medien endlich einmal richtige
Zahlen verwendet werden.
Wir reagieren aber nicht nur auf
öffentliche Dinge. Es gibt zum Beispiel jetzt seit einem Jahr einen
Arbeitskreis
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