Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 56
zum Thema Obsorge, und es wird Ihnen vielleicht der "Fall Christian" in den Zeitungen aufgefallen sein. Da haben wir schon seit einem Jahr mit vielen Profis und ExpertInnen gearbeitet, unter anderem Professor Figdor und Mag Mauthner. Gott sei Dank hat das Bundesministerium jetzt - leider auf Grund dieses Einzelfalls, aber besser als gar nicht - eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema eingerichtet. Ich hoffe - und ich habe diesbezüglich ein gutes Gefühl -, dass wir da auch etwas weiterbringen können.
Nun zum Thema Drogen. Ich denke, Kontrolle ist gut,
nur: Was den hier geäußerten Vorschlag betrifft, stichprobenartige quasi
zwangsverpflichtende Kontrollen in den Schulen durchzuführen, so darf ich
darauf hinweisen, dass es bereits die Möglichkeit gibt – wie Sie sehen können,
wenn Sie sich das Suchtmittelgesetz anschauen -, wenn Kinder und Jugendliche
irgendwie auffällig sind, von Seiten der Schule gesundheitsbezogene Maßnahmen
zu initiieren. Ich bin auch Ihrer Meinung, dass wir möglichst früh
Drogenerkennung und -prophylaxe durchführen sollen, aber ich denke, es gibt
schon sehr gute Möglichkeiten, und wir brauchen daher keine neuen - unsinnigen
- zu erfinden.
Zum Thema Jugendgerichtshof. Dieses macht mich noch
immer sehr betroffen, denn Menschen, die dort arbeiten, haben zu mir gesagt:
Wissen Sie, wir sind leider kein Hotel; wir müssen jeden nehmen, der zu uns
kommt. - Ich denke, das zeigt schon sehr deutlich, wie überfordert diese
Menschen sind. Es gibt zu wenig Personal.
Ich denke, wir sollten da gemeinsam Überlegungen
anstellen. Kinder einzusperren hat noch kein Kind besser gemacht. Wir sollten
uns eher die Frage stellen: Wie kann das Einsperren von Kindern verhindert
werden? Und wenn, als letztes Mittel, ein Einsperren notwendig ist, dann müssen
diese Kinder so behandelt werden, dass sie wieder Chancen in ihrer Zukunft
sehen. Und wenn das soziale Argument nicht treffen sollte, vielleicht trifft
dann das finanzielle: Eingesperrte Menschen kosten der Allgemeinheit einfach
sehr viel Geld.
Ich möchte mich noch einmal bedanken. Ich möchte auch
meinem Team beziehungsweise unserem Team danken - das sind irrsinnig engagierte
Leute. Und wenn Sie irgendwelche Menschen wissen, wo Sie meinen, da können wir
hilfreich sein – egal, ob es um strukturelle Probleme oder um Einzelfälle geht
-, dann können Sie diese gerne zu uns schicken. - Danke. (Beifall bei der
SPÖ, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsident Johann Römer: Danke. - Als
Nächstem erteile ich dem Kinder- und Jugendanwalt Herrn Dr Schmid das
Wort.
Kinder- und Jugendanwalt Dr Anton Schmid:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Auch ich sage Danke für das Lob, das wir bekommen
haben, und für die nahezu konfliktfreie Auseinandersetzung mit unserem Bericht.
Ich bin sicher - weil Sie das angesprochen haben,
Frau Vizebürgermeisterin -, dass der Dank an das Team weitergegeben wird. Ich
glaube nämlich, sie sitzen jetzt vor dem Internet und schauen uns zu und haben
Ihren Dank gehört; wir werden ihn aber noch einmal weitergeben.
Ich möchte hier auch nur zu ganz wenigen Punkten
Stellung nehmen.
Was die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen
betrifft, so hat Kollegin Pinterits schon einiges darüber erzählt. Gerade mit
Schulen arbeiten wir sehr viel zusammen: Wir sind sehr viel an Schulen, wir
werden eingeladen zu Elternvereinsabenden, zu Diskussionen mit Schülerinnen und
Schülern. Wir werden in den Stadtschulrat eingeladen, mit dem
Landesjugendreferat verbinden uns sehr intensive Kontakte - auch meine Vergangenheit
im Landesjugendreferat hat da einiges dazu beigetragen -, und auch mit der
MA 11 haben wir wirklich gute Kontakte. Dass es manchmal freilich auch zu
Irritationen kommt, ist ganz klar, denn als Kinder- und Jugendanwälte müssen
wir natürlich das eine oder andere Mal auch schauen, dass eventuelle
Unzulänglichkeiten abgestellt werden.
Zum Thema Kinderarmut darf ich Folgendes sagen: Es
ist noch immer eine gültige Entscheidung der österreichischen Kinder- und
Jugendanwälte, dass wir uns für ein Grundeinkommen, für eine Grundsicherung
aller Kinder und Jugendlichen aussprechen, die vom Staat garantiert wird, wobei
dieses Geld am Anfang von den Eltern verwaltet werden soll und ab zirka dem
14. Lebensjahr dann von den Jugendlichen selbst verwaltet werden können
soll. Ich denke, das ist so ähnlich wie mit dem Wahlalter von 16 Jahren:
Darüber werden wir jetzt auch noch 20 Jahre lang sprechen, und irgendwann
wird es kommen - so haben wir sehr lange vom Wahlalter gesprochen, und jetzt
ist es da. So wird sicherlich auch die vereinfachte Form des Grundeinkommens
für Kinder und Jugendliche kommen, denn dann können wir alle komplizierten
Transferzahlungen und alle möglichen Steuererleichterungen et cetera abschaffen
und haben eine einfache Lösung.
Zum Familienwahlrecht, der Idee, dass die Eltern die
Stimme für ihre Kinder abgeben, möchte ich nur zwei Sätze sagen: Wir als
Kinder- und JugendanwältInnen müssen uns dafür einsetzen, dass die Rechte der
Kinder ausgebaut werden - und das Familienwahlrecht ist ein Ausbau der
Elternrechte. Daher ist die Optik von unserer Warte eine andere. Es geht darum,
dass wir so zeitig, wie das im Wahlbereich möglich ist, die Kinder und die
Jugendlichen einbinden - aber nicht den Eltern für ihre Kinder eine Stimme
geben. Das ist ganz einfach im Sinne eines Ausbaus der Kinderrechte sehr
wichtig.
Ich darf dazu nur sagen: Wir sind
nicht Vertreter der "schwarzen Pädagogik". Die "schwarze
Pädagogik" ist – wie man feststellen kann, wenn man in der Geschichte der
Pädagogik nachschaut – jene Pädagogik, die das Schlagen der Kinder propagiert
und für richtig hält. Sie haben auch "schwarze Pädagogik" gesagt. Ich
möchte das nur richtig stellen, denn das soll man nicht. (Abg Gerhard
Pfeiffer: ... nicht vertreten!) Wir sind auch nicht Anhänger der
Antipädagogik, denn das ist genauso eine
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