Landtag,
21. Sitzung vom 27.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 44
würden, um sohin dann auch Regierungs- respektive
parlamentarische Wirklichkeit zu werden.
Wenn ich mich daran erinnere, was vor nicht allzu
langer Zeit der Erste Präsident des Nationalrates zur Frage von
Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht gesagt hat, glaube ich, dass das
doch nicht die Zustimmung der Wiener ÖVP finden kann. Denn die Wiener ÖVP hat
ja in der Vergangenheit ganz anders gehandelt, wobei ich uneingeschränkt auf
der Seite der Wiener ÖVP stehe in dieser präsumtiven Diskussion und, wie ich
annehme, auch diesem präsumtiven Konflikt. Innerhalb der ÖVP werden Sie ja
sicher die Positionen, zu denen Sie immer gestanden sind, entsprechend
einbringen und durchsetzen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass auch ein
Erster Präsident des Nationalrates mit seinen Positionen einfach nicht immer
Recht haben kann. Da wird er sich einer Mehrheit, die Sie in der ÖVP erzeugen
werden, zweifelsohne noch beugen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Was nun Ihre Frage nach dem Landesrechnungshof
betrifft, so ist das auch im Konvent eine sehr ernste Diskussion. Denn Landesrechnungshöfe
haben nach geltendem Verfassungsrecht einen nicht unerheblichen Nachteil: Sie
dürfen nämlich die Gemeinden nicht prüfen. Das hängt mit einer Frage zusammen,
die uns allen sehr wichtig ist und die auch der ÖVP immer sehr wichtig gewesen
ist, nämlich der Frage der Gemeindeautonomie. Das ist in der Tat eine Sache,
die man sich für Wien in besonderem Ausmaß überlegen sollte. Denn wenn wir
einen Landesrechnungshof in Wien implementieren, der Gemeinden nicht prüfen
darf, so wird das eine sehr leichte Tätigkeit sein, weil er lediglich die
Wohnbauförderungen entsprechend prüfen kann, und das war es dann schon. Daher
scheint mir dies nicht extrem sinnhaft zu sein.
Ich stehe dem Ganzen in einer Diskussion durchaus
offen gegenüber und verweise darauf, dass es in dieser Diskussion um wesentlich
mehr geht als um, wenn man so will, die Durchsetzung einer Überschrift. Ich
verweise auch darauf, dass dann, wenn man das in einer Diskussion gegen die
Gemeindeautonomie durchsetzte, beispielsweise in einem Land oder in einer Stadt
wie Wien der ganze mit der Sicherheitskontrolle befasste Teil des Kontrollamtes
weg wäre. Außer es kommt der extrem "sinnvolle" Vorschlag, dass man
einen Landesrechnungshof und ein Kontrollamt nebeneinander hat - aber den
erwarte ich von der ÖVP, die bekanntlich Sparmeister im öffentlichen Dienst
ist, nicht.
Daher wird man das vernünftig und sinnvoll
diskutieren. Wie gesagt, bin ich da sehr offen. Es ist eher ein Problem von
acht anderen Bundesländern als von Wien.
Präsident Johann Hatzl: Zusatzfrage:
Herr Abg Serles.
Abg Dr Wilfried Serles (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Ich gestehe, ich bin glücklich darüber, dass ich
Wiener Gemeinderat bin, weil wir im Wiener Gemeinderat wenigstens etwas zu tun
haben. Wenn ich mir die Tagesordnung in den Wiener Landtagssitzungen ansehe,
dann verbindet diese Sitzungen ein gemeinsames Merkmal: Sie dauern meistens
sehr kurz, und die Tagesordnungen bestechen durch gähnende Leere.
Ich frage mich wirklich, wie lange sich diese Republik
diese unglückliche Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden
eigentlich noch wird leisten können, und dies in einem Zeitalter, in dem
wesentliche Entscheidungen ja längst nicht mehr auf nationalstaatlicher
Grundlage, sondern auf europäischer Ebene fallen. (LhptmSt Dr Sepp Rieder:
Abschaffung der Landtage!) Ich frage mich, was die Kollegen, die
Landtagsabgeordneten in den anderen Bundesländern, eigentlich zu tun haben - es
sei denn, es gibt solche Untersuchungsausschüsse wie derzeit in der Steiermark.
Aber zu meiner Frage an den Herrn Landeshauptmann:
Wie stellen Sie sich eigentlich eine geänderte, zeitgemäße Kompetenzverteilung
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aus Ihrer Sicht vor?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Zunächst einmal muss ich darauf verweisen, dass der
Letzte, der die Notwendigkeit von Landtagen in Frage gestellt hat, meines
Wissens Herr Landesrat Hirschmann aus der Steiermark war, über dessen weitere Entwicklung
wir alle Bescheid wissen. (Abg Dr Wilfried Serles: Das war aber nicht eine
Frage an Klasnic!) Aber das überlasse ich Ihnen, sich die Fußstapfen
auszusuchen, denen Sie hier folgen wollen. Das ist zweifelsfrei Ihre
Entscheidung und nicht meine.
Zur Auflassung der Landtage, generell gesehen,
wünsche ich viel Spaß! Das ist sicherlich eine lohnenswerte Diskussion, die wir
in der Republik führen; Sie gestatten, dass ich sie wegen offenkundiger
Zeitvergeudung und Sinnlosigkeit nicht führe. (Widerspruch bei der FPÖ.)
Denn ich sehe nicht einmal auf viele hundert Kilometer Entfernung eine
Auflösung dieser Diskussion, und erfolglose Diskussionen - dieses Recht nehme
ich mir heraus - versuche ich zu vermeiden.
Die Frage der sinnvollen Aufteilung der Kompetenzen
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden füllt Bibliotheken. Sie ist der Kernpunkt
der gesamten Konventsdiskussion, neben der fundamentalen Frage, die im Konvent
offensichtlich auch nicht beantwortet wird, nämlich der Aufgabendefinition des
Staates insgesamt gesehen, die einer solchen Diskussion vorauszuschicken wäre.
Ich bitte daher heute um erheblichen Dispens, dass ich mich nicht einmal in
allgemeinen Sätzen dazu erkläre. Denn etwa selbst die Frage der
Generalkompetenz der Gesetzgebung für den Bund und den Vollzug bei den Ländern
halte ich angesichts der Realität in dem Land schon für solchen Schrott, dass
man das wahrscheinlich nur unter "Originelle Beiträge zur
Konventsdiskussion" verbuchen und als solches auch abbuchen kann.
Aber es wird uns - lassen Sie mich
dies ernsthaft hinzufügen - diese Diskussion nicht erspart bleiben. Entweder
wird der Konvent diese Aufgabendefinition und die anschließende
Aufgabenverteilung leisten, vor deren Hintergrund dann auch eine Neuregelung
der
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