Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 104
ich möchte nichtsdestotrotz kurz auf die wesentlichen
Kritikpunkte erneut eingehen.
Also, allen voran - und das habe ich des Öfteren
wiederholt - reitet die Stadt Wien mit diesem Fonds in Richtung Flop, und zwar
Richtung nicht irgendeines Flops, sondern Richtung Megaflop. Der Fonds Soziales
Wien - so wie er geplant ist - zeichnet sich als Demokratrieflop ab, denn das
Kern- und Herzstück der Wiener Sozialpolitik wird ausgegliedert, wird daher
auch aus dem unmittelbaren Kontrollbereich der Opposition, auch aus dem Bereich
der Einwirkungsrechte und –möglichkeiten herausgekoppelt und kommt in einen
Fonds mit einem Statut, das der Opposition kaum mehr Kontrollmöglichkeiten
eröffnet.
Die Oppositionsparteien finden sich wieder in einem
völlig zahnlosen Beirat, wo sie halt irgendwie beratend vorgehen, mitreden
können. Wie gesagt, von effektiven Mitsprache- und Kontrollmöglichkeiten kann
nicht mehr die Rede sein und dieser Fonds ist nichts anderes als ein
Demokratieflop.
Was hat sonst dieser Fonds zu bewirken und was wird er
bewirken? Parallelstrukturen bringt er mit sich, einen Kompetenzwirrwarr bringt
er mit sich, Mehrkosten bringt er mit sich - eben aufgrund der
Parallelstrukturen, die weiterhin bestehen bleiben werden - und last but not
least auch Folgekosten.
Denn es ist ein offenes Geheimnis, dass der Fonds ja
unter anderem letztendlich auch die Möglichkeit bietet, Bestimmungen des
EU-Vergaberechtes zu umgehen, wollen wir es doch auch direkt formulieren. Zwar
kritisieren die Grünen auch
manches und sind auch recht skeptisch im Zusammenhang mit einer Reihe von
Bestimmungen des EU-Vergaberechtes, aber wir glauben nicht, dass das der
richtige Weg ist, das zu erreichen und wir gehen davon aus, dass Klagen folgen
werden und wenn sie folgen, und sie werden folgen, wird dieser Fonds auch eine
Reihe von Folgekosten mit sich bringen.
Das heißt, alles in allem halten wir es für einen
falschen Schritt und ersuchen deshalb dringend, diesen Schritt zu überdenken.
In Wahrheit ist es auch jetzt schon recht spät, wie ich die Mühlen des Hauses
kenne und so wie sie mahlen, aber nichtsdestotrotz ersuche ich, diesen Schritt
zu überdenken und die Ausgliederung des Sozialbereichs der Stadt Wien zu
stoppen. Nichtsdestotrotz möchte ich noch kurz auf die konkreten Kritikpunkte
eingehen, so wie sie in diesem Gesetzesentwurf aus meiner Sicht vorhanden sind,
und zwar im Zusammenhang mit zwei Bereichen.
Der eine Bereich ist der Behindertenbereich und der
zweite Bereich ist die Betreuung von Flüchtlingen in der Stadt.
Ich fange also mit der Kritik zum Wiener
Behindertengesetz an und stelle fest, dass so, wie das hier vorliegt und was
wir heute beschließen, die Verlagerung einer ganzen Reihe von Agenden erfolgen,
dem Bereich der Wiener Landesregierung entzogen und in den Bereich des
Magistrats verlagert wird. Das bedeutet Intransparenz und das bedeutet auch
hier mangelnde Kontrollmöglichkeiten für die Opposition und ist daher aus
unserer Sicht abzulehnen. Was die Änderungen im Behindertengesetz noch
bewirken, sind Doppelgleisigkeiten. Von einer Verwirrung, von einem
Kompetenzwirrwarr, habe ich bereits eingangs gesprochen und ich glaube, gerade
im Bereich des Behindertengesetzes kann man das sehr schön nachvollziehen wie
es aussieht und die Feststellung, dass der Fonds Soziales Wien der Träger der
Behindertenhilfe ist, ist wenig hilfreich, weil eben eine Reihe von Agenden
weiterhin im Rahmen des Magistrats geführt werden und hier, wie gesagt, eine
heillose Verwirrung zu erwarten ist.
Last but not least gibt es in diesem Bereich
unsererseits auch Datenschutzbedenken. Diese gelten nicht nur für den Bereich
des Behindertengesetzes, sie gelten genauso für sämtliche Bereiche, die durch
die heutige Novelle abgedeckt werden. Es ist in der Tat nicht eindeutig
geklärt, wie diese Fülle von Daten, diese gebündelte Fülle von Daten, weiter
übermittelt wird und an wen. Sie soll ja auch privaten Organisationen zur
Verfügung gestellt werden. Das erachten wird als durchaus sehr bedenklich und
finden, dass die rechtliche Grundlage dafür nicht ausreichend ist und würden
ersuchen, diesen Schritt jedenfalls zu überdenken.
Zum Bereich Wiener Pflegegeldgesetz möchte ich
anmerken, dass hier eine eindeutige und massive Verschlechterung der Rechtslage
erfolgt. Hier werden Rechtsansprüche in Kannbestimmungen umgewandelt. Hiefür
bringe ich hier zwei Bereiche. Sowohl die Anpassung des Pflegegeldes wird in
eine Kannbestimmung umgewandelt wie auch der bisher geltende Anspruch, dass
Menschen, die aus einem anderen Bundesland nach Wien ziehen, die Möglichkeit
hatten, ohne vorherige Prüfung, ohne vorheriges Ermittlungsverfahren,
Pflegegeld sofort und sozusagen ohne Verwaltungsaufwand zu beziehen. Das ist
der falsche Weg und sorgt, wie gesagt, für Rechtsunsicherheit.
Und ich komme zum Bereich der Grundversorgung. Auch
darüber haben wir bereits mehrfach diskutiert, aber einmal mehr möchte ich
festhalten, es wäre möglich gewesen, den Rechtsanspruch von schutzbedürftigen
Fremden, von Asylwerberinnen und Asylwerbern, auf eine Betreuung seitens der
Stadt Wien auch rechtlich zu verankern.
Das hat man leider nicht getan und
die Ausrede, dass damit Wien allein stünde, ist wirklich nur eine Ausrede und
wirklich nur als solche zu werten. Sie selbst sind ja 2001 angetreten - und das
wiederhole ich immer wieder von hier aus -, um ein Vorzeigemodell für die
Bundespolitik zu werden. Auch hier haben sie erneut eine Gelegenheit verpasst,
das tatsächlich auch zu tun. Der Rechtsanspruch ist hier nicht verankert und es
gibt eindeutige Gutachten, die belegen, dass es sehr wohl möglich gewesen wäre.
Und somit muss man irgendwie sozusagen einerseits fast erleichtert seufzen,
dass es künftig möglich sein wird und zumindest eine rechtliche Grundlage da
ist, die es ermöglicht, als AsylwerberInnen betreut zu werden, auf der anderen
Seite gibt es aber auch ein weinendes Auge, denn wie gesagt, die
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