Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 104
in den nächsten Landtagen und im Parlament vertreten
ist. Auf diesen Streit freue ich mich! (Abg Günther Barnet: Sie wollen, dass
ich rede! Sagen Sie das gleich, ich melde mich schon!)
Selbstverständlich wollte ich, dass Sie reden, Herr
Barnet. (Abg Mag Hilmar Kabas: Bei so viel Topfen kann man nicht anders!)
Und zwar dazu, was Ihnen denn möglicherweise die Sozialdemokratie noch alles
angeboten hat, damit Sie heute ja nicht mitstimmen. Es wäre ja wirklich
spannend, einmal zu sehen, wie diese Geschäfte laufen. (GR Günther Barnet:
Ich weiß schon, der Michi LUDWIG ladet mich ein, er begrüßt mich! - Weitere
Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)
Aber kommen wir jetzt noch zurück zu den Gesetzen im
Einzelnen. (Abg Günther Barnet: ... die SPÖ uns zwei Krawatten ...!) Ach
Gott, wenn man sich die unterschiedlichsten Postenbesetzungen auf Bundesebene
anschaut, Herr Barnet, weiß man zumindest eines. Sie wissen zu verhandeln. (GR
Heinz Hufnagl: Die SPÖ nicht?) Jetzt wurde Ihnen unlängst der
Rechnungshofpräsident ... (Abg Günther Barnet schüttelt den Kopf.) Nein,
Sie wissen zu verhandeln! Sie schließen mit der ÖVP Deals, und Sie schließen
wahrscheinlich auch mit anderen Fraktionen Deals. (Abg Godwin Schuster:
Nein, nein!)
Angesichts der Situation, in der Sie sich jetzt
befinden, wo es wahrscheinlich darum geht, am Samstag wieder eine
Parteispaltung zu verhindern, wo es spannend wird zu sehen: Setzen sich die
Wiener Rechten durch - angeführt von Ihrem, glaube ich, zukünftigen
Parteivorsitzenden Strache, unterstützt von Stadler und Mölzer - oder die
weniger Rechten? Das weiß man nicht genau. Aber Sie wollen auf jeden Fall
dorthin, und das war anscheinend für Sie Grund genug, auf die Probleme der
Wienerinnen und Wiener nicht einzugehen und es so der Sozialdemokratie zu
ermöglichen, den Fonds Soziales Wien heute zu beschließen.
Ich komme zum Schluss und möchte, als Paradebeispiel
des Eingehens, nur zum Grundversorgungsgesetz, zu den unterschiedlichsten
Veränderungen und zur Genese von Gesetzen zwei Worte sagen.
Im ursprünglichen Entwurf des
Grundversorgungsgesetzes lautete der § 1 Abs 1: "Leistungen nach
diesem Gesetz stehen hilfs- und schutzbedürftigen Fremden zu." Dies
normierte einen Rechtsanspruch, Sie wissen das. Sie haben deshalb auch
sozusagen ganz geschwind noch die Abs 6 und 7 hineingenommen, worin dann
gestanden ist: "Auf in diesem Gesetz vorgesehene Leistungen besteht kein
Rechtsanspruch", und noch einen Zirkularschluss in Abs 7.
Es gab diesbezüglich unterschiedlichste
Stellungnahmen, aber in einem waren sich alle diese Stellungnahmen einig: Dass
es eigentlich darum geht, einen verbrieften Rechtsanspruch zu schaffen. Es war
ganz egal, ob es die Caritas war oder andere. Damit die inkriminierten
Abs 6 und 7 herauskommen, haben Sie etwas gemacht, was Sie dann niemandem
mehr zur Begutachtung vorgelegt haben. Sie haben den Abs 1 verändert, der
nun lautet: "Leistungen nach diesem Gesetz werden an hilfs- und
schutzbedürftige Fremde erbracht." Sie wissen, was Sie damit tun: Statt
einen Rechtsanspruch zu normieren, einen subjektiven Rechtsanspruch,
ermächtigen Sie den Fonds Soziales Wien oder den Magistrat, je nachdem, wer das
dann tatsächlich ausübt, Hilfe zu leisten.
Na, welch großartiges Gesetz! Soviel ich weiß, hätten
wir nicht einmal ein Gesetz gebraucht, damit der Magistrat in manchen Fällen
Hilfe leistet. Das darf sich der Magistrat sogar selbst und frei überlegen,
solange es im Gesamtaufgabengebiet des Magistrats ist. Aber Rechtsanspruch gibt
es überhaupt keinen mehr.
Auf einen weiteren, mehrfach inkriminierten Passus
sind Sie überhaupt nicht eingegangen - und damit komme ich zum Schluss -, und
zwar im Zusammenhang des Zusammenspiels zwischen Grundversorgungsgesetz und
Sozialhilfegesetz: Dass nämlich im neuen Sozialhilfegesetz Asylwerber bis vier
Monate nach Anerkennung nach dem Grundversorgungsgesetz zu versorgen sind. Sie
wissen jetzt schon, dass die Leistungen aus dem Grundversorgungsgesetz nicht an
die Leistungen aus der Sozialhilfe heranreichen. Dennoch sind Sie der Meinung,
dass anerkannten Flüchtlingen entgegen der gegenwärtigen Rechtslage weniger
Sozialhilfe zusteht als Österreicherinnen und Österreichern, als Wienerinnen
und Wienern in Wien.
Das ist Ihre Sozialpolitik! Das ist Ihre
Sozialpolitik, die vorsieht, Menschen unterschiedlichster Kategorien zu
schaffen, die vorsieht, Anspruchsberechtigte zu schaffen, Anspruchsberechtigte
auszuschließen, obwohl sie es wären, und für einen Großteil von Wienerinnen und
Wienern überhaupt nur Kann-Bestimmungen vorzusehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der
Sozialdemokratie! Ich sehe schon ein, dass die Wirtschaftspolitik, die
Arbeitsmarktpolitik, der Finanzausgleich, die Steuerpolitik der Bundesregierung
Wien massiv trifft, in vielfacher Hinsicht, sowohl, indem es zu einem Abbau von
Leistungen des Bundes an Wien kommt, insbesondere im Rahmen des
Finanzausgleichs, als auch, dass natürlich die Arbeitsmarkpolitik und die
Wirtschaftspolitik des Bundes verheerende Auswirkungen auf die soziale
Situation in Wien haben. Dennoch kann ich einer relativ reichen Stadt wie Wien
den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie in dieser Situation genau die Politik der
Bundesregierung fortsetzen, den Hebel bei den Ärmsten ansetzen, indem Sie
gerade für ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen Kann-Bestimmungen einführen
oder sie, solange sie sich im Asylverfahren befinden, und auch danach noch auf
das Grundversorgungsgesetz verweisen und nicht die ohnehin schon relativ
spärlichen Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich allen in Wien lebenden
Menschen gleichberechtigt zugestehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der
Sozialdemokratischen Partei! Das ist eine Schande. Es ist eine Schande für
Sozialdemokraten, und es ist eine Schande für Wien! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Römer:
Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Ramskogler. Ich erteile ihr das
Wort.
Abg Mag
Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular