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Landtag, 22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 104

 

(Abg Dr Matthias Tschirf: Wenn sie die Staatsbürgerschaft haben!)

 

Im Übrigen rufe ich in Erinnerung, weil es heute geheißen hat, ein Sieg der Demokratie: Nicht jeder, der einfach einen Meldezettel hat, soll wählen dürfen. Ich rufe in Erinnerung, dass es eine Einschränkung gab: Das kommunale Wahlrecht war vorgesehen für Menschen, die seit fünf Jahren in Wien leben.

 

Im Übrigen täte es auch gut, sich ab und zu die Statistik zu Gemüte zu führen. Dann würden Sie nämlich wissen, dass mehr als 90 Prozent der Wiener Migrantinnen und Migranten bereits länger als acht Jahre in Wien leben. Das heißt, es ist eine Maßnahme gewesen, die denjenigen Menschen die Hand gereicht hätte, die seit vielen, vielen Jahren Teil dieser Stadt sind.

 

So, das haben Sie verhindert! Sie haben sozusagen im selben Chor mitgestimmt wie die FPÖ. (Abg Dr Matthias Tschirf: ... die Ausnutzung eines Rechtes! Das ist ja ungeheuerlich! - Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bei der FPÖ wundert es mich überhaupt nicht, schließlich und endlich hat sie in diesem Bereich ja eine klare Position, da weiß man, woran man ist. Aber bei Ihnen - nein, Sie müssen sich die Kritik schon gefallen lassen. (Abg Dr Matthias Tschirf: Daran, dass wir für den Rechtsstaat sind?) Denn Ihr Spitzenkandidat hat heute medial gesagt, er freut sich, er nimmt das mit Freude zur Kenntnis. (Abg Dr Matthias Tschirf: Ja!) Worüber freut er sich denn? (Abg Dr Matthias Tschirf: Dass der Rechtsstaat ...!) Oder worauf freut er sich denn? (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) - Ich kann Ihnen nur sagen, dieser Weg führt Sie direkt, aber wirklich direkt ins Mittelalter! (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 

Eines noch: Sie singen seit Monaten das Lied davon, dass Sie eine moderne Partei sein wollen (Abg Dr Matthias Tschirf: Ja!), dass Sie eine urbane Partei sein wollen, dass Sie eine weltoffene Partei sein wollen (Abg Walter Strobl: Der Rechtsstaat!) und dass Sie es sogar auf all diejenigen abgesehen haben, die sich in den letzten Monaten und Jahren in Richtung Grün verflüchtigt haben. (Abg Walter Strobl: Der Rechtsstaat gilt für alle Menschen! So einfach ist das!) Das eine sage ich Ihnen: Gerade diese Gruppe, die Sie angeblich zurückgewinnen möchten, freut sich über diese Entscheidung nicht! (Beifall bei den GRÜNEN.) Und die Wiener MigrantInnen freuen sich über diese Entscheidung auch nicht.

 

Was soll man also noch dazu sagen? - Ganz einfach eines: Der Einsatz für Weltoffenheit, für Demokratie, für gleiches Recht geht weiter. (Abg Walter Strobl: Gleiches Recht! Genau!) 2006 - Sie werden es sehen, 2006 -, und wenn nicht 2006, dann spätestens 2011 wird ganz Wien wählen! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächster Redner ist Herr Abg Dr Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Worum es heute geht, ist dass der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, was Recht ist und was Rechtsstaatlichkeit ist. (Abg Christian Oxonitsch: Das haben wir ja klar festgehalten!) Das ist nicht etwas, wozu man mit den Achseln zuckt (Abg Christian Oxonitsch: Das gilt nur eurer Koalition!), Herr Klubobmann Oxonitsch, sondern das ist das, worauf eigentlich wir alle vereidigt sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Das heißt, es geht darum: Wir als Volkspartei haben kontinuierlich darauf hingewiesen, dass hier die Stadt Wien, sprich die Stadträtin, einen falschen Weg gegangen ist. Wir wollten daher bereits, als es um die Diskussion über das Ausländerwahlrecht ging, ein Hearing durchgeführt haben. Das hat nicht stattgefunden. Es wurde ein Gutachten eingeholt. Wir haben gesagt, das ist nicht die Rechtsmeinung, bei der tatsächlich davon auszugehen ist, dass sie sich auch durchsetzen wird. Erinnern Sie sich nur an das, was OSR Ponzer, seinerzeit Leiter des Verfassungsdienstes, gesagt hat, geschrieben hat: Eine klare Position - Sie haben sich darüber hinweggesetzt!

 

Die österreichische Bundesregierung, die im Verfahren nach Art 98 B-VG nichts anderes als die Rechtsstaatlichkeit eingefordert hat, hat noch einmal eine Chance gegeben, darüber nachzudenken. Diese Chance wurde nicht wahrgenommen, sondern es ist einfach noch einmal drübergefahren worden. Dann ist etwas geschehen, und ich höre hier immer wieder, dass auf das Parlament hingewiesen wird, auf den Nationalrat, dass Gesetze aufgehoben worden sind. Das passiert immer wieder. Aber so ein glattes Aufheben aller Bestimmungen, wie das jetzt vor sich gegangen ist, ist eigentlich etwas, was Ihnen zu Denken geben sollte. Da sieht man, wie das Drüberfahren einfach danebengeht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich wollte mich eigentlich später melden. Ich habe mir ein bisschen angeschaut, was etwa der Kollege Stürzenbecher in vorausgegangenen Diskussionen hier gesagt hat, wie er darauf hingewiesen hat, dass das alles glasklar ist, dass es auf jeden Fall halten wird und Ähnliches, dass er belehrend war und darauf hingewiesen hat, dass das alles falsch ist, was wir tun.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs von heute soll uns auf das zurückführen, was eigentlich die Aufgabe wäre. Ich erwarte mir, dass tatsächlich Maßnahmen der Integrationspolitik in dieser Stadt für die Betroffenen stattfinden, etwa in der Frage der Arbeitsmarktpolitik. Schauen wir uns doch die Arbeitsmarktstatistik an! Das hängt aber auch massiv mit der Vermittlung von Sprachkenntnissen zusammen, daran mangelt es in dieser Stadt. Oder in der Schulpolitik: Dass das letzte Kindergartenjahr vor der Schule gratis angeboten wird, damit die Möglichkeit besteht, dass alle entsprechend deutsche Sprachkenntnisse erwerben. In der Wohnbaupolitik, in der Stadtplanungspolitik - das alles sind Maßnahmen. Aber mit Placebo-Gesetzen, mit den falschen Maßnahmen ist es nicht getan. Daran seien Sie gerade an diesem Tag erinnert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Jetzt an die GRÜNEN etwas gesagt: Die österreichische Rechtsordnung - das wissen alle, die sich ein

 

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