Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 104
bisschen damit auseinander gesetzt haben, und das sollten doch mehr sein - unterscheidet zu Recht zwischen Staatsbürgerschaftsrechten und Menschenrechten. Alles das, was Menschenrechte betrifft, muss wirklich geschehen, aber Staatsbürgerschaft bedeutet auch Rechte und Pflichten. Unser Verständnis ist es, dass jemand - gleichgültig, welche Hautfarbe er hat, gleichgültig, welche Religion er hat, gleichgültig, aus welcher Nationalität er oder sie kommt - bei uns willkommen ist, wenn er integrationswillig und integrationsfähig ist.
Das heißt, die Staatsbürgerschaft ist einfach eine
Chance, nicht nur für uns, sondern auch für diejenigen, die hierher kommen,
dass sie sich entsprechend integrieren. Wir haben Gott sei Dank eine Tradition
vieler Jahrhunderte eines aufgeklärten Humanismus, und den gilt es auch zu
vermitteln. (StRin Mag Maria Vassilakou: Der in den fünfziger Jahren stecken
geblieben ist!)
Ich finde es wirklich traurig, dass man ein Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes - das ist nicht irgendetwas! - so einfach
wegschiebt. Das ist nicht der richtige Weg. (Abg Martina LUDWIG: Wer tut
das? - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den GRÜNEN.) Wenn man sagt, wir
sind in den fünfziger Jahren stehen geblieben (Abg Godwin Schuster: Warum
reden Sie sich etwas ein, was nicht existiert?), wie ich das jetzt höre,
dann heißt das, dass man mit einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht
zurechtkommt. (Abg Godwin Schuster: Kein Mensch hat das gesagt!)
Natürlich, das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis ist von heute, vom Jahr 2004.
Und das ist ja das Verständnis, das der Verfassungsgerichtshof dem zugrunde
gelegt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe
auch die Nervosität. (Abg Godwin Schuster: Nein, das hat mit dem Erkenntnis
nichts zu tun!) Hier ist ein Fehler begangen worden, das kann immer
passieren. (Abg Godwin Schuster: ... von der ÖVP Humanismus! - Abg Christian
Oxonitsch: Das ist ein wesentlicher Unterschied!) Ich glaube, was aber
notwendig wäre, ist erstens einmal ein klares Bekenntnis zu dieser
rechtsstaatlichen Ordnung (Abg Godwin Schuster: Warum etwas
hineininterpretieren, was nicht existiert?), ein Anerkennen, dass der
Verfassungsgerichtshof so erkannt hat, weil das unsere rechtsstaatliche Ordnung
ist (Abg Godwin Schuster: Macht jeder hier!), und dort anfangen, wo es
notwendig ist, nämlich bei den konkreten Schritten in der Integrationspolitik,
dort, wo es tatsächlich um die Anliegen der einzelnen Menschen in dieser Stadt
geht. Damit sollte man anfangen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Martina LUDWIG:
... wo es um die Diskriminierung von Menschen geht!)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gemeldet ist Herr Abg GÜNTHER.
Abg Dr Helmut GÜNTHER (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Es ist kein "Wermutstropfen" - wie die
Kollegin Vassilakou gemeint hat -, die heutige Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes, sondern das ist ein klares Bekenntnis für Österreich
und für die Demokratie in Österreich.
Als darüber diskutiert wurde, vor allem im Ausschuss,
wurde ausführlich darüber diskutiert, aber die SPÖ und die GRÜNEN sind von
Anfang an mit dieser Überlegung hineingegangen, das Wahlrecht für
nichtösterreichische Staatsbürger aus Drittländern einzuführen. Auch wir haben
davor gewarnt. Sie haben Stellungnahmen vorgelegt, einerseits vom
Verfassungsdienst des Hauses, andererseits zweimal vom Prof Mayer, wobei sich
Prof Mayer bei seinen Stellungnahmen nie so richtig klar war, ob er positiv
oder nicht positiv schreiben sollte. (Zwischenruf des Abg Dr Kurt
Stürzenbecher.) Er hat es dann positiv formuliert und hat gesagt: Aber es
ist nicht für alle tragbar, Bezirksvorsteher und
Bezirksvorsteher-Stellvertreter oder im Ausschuss kann man nicht heranziehen,
weil hier hoheitliche Aufgaben zu vollziehen sind.
Ich glaube, man hätte damals, entweder dem Rat der
ÖVP folgend oder auch der Diskussion im Ausschuss folgend, die die Abgeordneten
von FPÖ und ÖVP eingebracht haben, ein weiteres Gutachten einholen sollen. Das
wollte man nicht.
Heute hat es diese Entscheidung gegeben. Kollegin
Wehsely hat gesagt, sie akzeptiert sie, aber sie tritt sofort an die Vertreter
im Nationalrat heran. (Abg Martina LUDWIG: Genau!) Das ist selbstverständlich
rechtens. Es ist nur interessant; ich hätte vorher noch gerne die Ausfertigung
gesehen. Es ist ein Schnellschuss aufgrund der Pressemitteilung, die heute
gekommen ist, dass aufgrund des Homogenitätsprinzips der Verfassungsgerichtshof
über die Nichtverfassungsmäßigkeit des Wiener Wahlrechtes entschieden hat.
Ich glaube, dass es das gute Recht ist, an alle
Abgeordneten heranzutreten. Ich glaube aber auch, dass es ein Tag der Freude
für die Demokratie in Österreich ist, weil der Verfassungsgerichtshof in dieser
Weise über das Staatsbürgerwahlrecht erkannt hat. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Nun zum Tagesordnungspunkt 6, dem Wiener
Antidiskriminierungsgesetz.
Es handelt sich bei diesem Gesetz um eine Vollziehung
der EU-Richtlinie 2000/43/EG, und es wird damit die Antidiskriminierung auf
Wiener Ebene umgesetzt. Hier wurden - das muss man der Frau Stadträtin und auch
dem Kollegen Stürzenbecher hoch anrechnen - die Oppositionsparteien im
Vorhinein, vor Beginn des Begutachtungsverfahrens darüber informiert und auch
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sowohl das Antidiskriminierungsgesetz als
auch die Dienstordnung und dazugehörende Gesetze auf Grund dessen geändert
werden.
Das Antidiskriminierungsgesetz hat eine sehr ausführliche
Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundes mit sich gebracht - er hat
dann sogar noch ein zweites Mal nachgeschossen, hat noch eine zweite Begründung
hineingegeben -, und es ist interessant, dass eine Reihe dieser Vorstellungen
im Bereich der Antidiskriminierung in der neuen Novelle umgesetzt wurden. Es
ist die Erstfassung darin kaum wiederzuerkennen.
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