Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 104
keinesfalls in Frage stellen dürfen.
Eine andere Ebene ist die politische. Die politische
Ebene gibt uns sehr wohl die Möglichkeit, hier unterschiedlicher Auffassung zu sein.
Politisch bin ich nach wie vor der Auffassung, dass es für eine lebendige, eine
zukunftsorientierte, eine moderne Demokratie notwendig ist, auch ihre
Instrumente an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. Es ist eine nicht zu
leugnende gesellschaftliche Entwicklung, dass gerade in großen Städten die
Vielfalt von Menschen, die hier geboren sind, und solcher, die zugewandert
sind, zunimmt. Es ist keine Ausnahmesituation, dass wir in Wien 16 Prozent
Menschen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft haben, sondern es ist
Alltag und Normalität.
Deswegen ist es auch kein Zufall, dass gerade wir in
Wien uns entschlossen haben und uns gewünscht haben, diese Möglichkeit des
AusländerInnenwahlrechts einzuführen. Es ist auch kein Zufall, dass wir uns hier
mit anderen Städten eins sind. Damit meine ich gar nicht nur internationale
Städte, in denen es dieses Wahlrecht schon lange gibt, sondern auch eine Stadt,
die unter einer ÖVP-Führung ist, wie zum Beispiel Graz (Abg Dr Matthias
Tschirf: ... völlig anders!), die genau dasselbe politische Ziel der
Partizipation und des Wahlrechtes haben.
Deswegen, denke ich, kann und muss man bei diesem
politischen Ziel bleiben, und deshalb begrüße ich sehr diesen Antrag, dass wir
sowohl an den Bundesgesetzgeber herantreten, als auch den Verfassungskonvent
dazu nutzen, dafür zu sorgen, dass es auch verfassungsrechtliche Grundlagen
gibt. Denn was ist denn der Sinn des Verfassungskonvents? - Darüber zu
diskutieren, wie eine Verfassung reformiert werden kann, um modernen Ansprüchen
auch entsprechend gerecht zu werden! Ich denke, dafür ist dieses Thema ein
Paradebeispiel, und ich bin sehr gespannt, wie die Diskussion dort laufen wird,
denn für mich ist es schon ein bisschen ein Knackpunkt für den Erfolg oder
Nicht-Erfolg des Verfassungskonvents, ob so eine wichtige Frage dort auch
ernsthaft und in entsprechender Breite und Sachlichkeit diskutiert wird. Ich
gehe davon aus, nach dem, wie ich den Konvent bisher erlebt habe.
Zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, dem
Antidiskriminierungsgesetz: Ich freue mich persönlich einerseits darüber, dass
dieses Antidiskriminierungsgesetz sozusagen das letzte Gesetz ist, das ich in
meiner Funktion als Integrationsstadträtin vorlegen darf, weil ich es für
wirklich unglaublich wichtig halte und weil ich glaube, dass es eine ganz, ganz
bedeutende rechtliche, aber auch symbolische Grundlage für Wien darstellt.
Ich freue mich auch, dass es dafür - und ich sehe das
als ein sehr gutes Beispiel - eine große Mehrheit geben wird. Ich bedanke mich
auch bei jenen Parteien, die gesagt haben, sie werden diesem Gesetz und den
Abänderungsanträgen zur verfassungsmäßigen Weisungsfreistellung der
Antidiskriminierungsstelle zustimmen, und respektiere auch, dass der Redner der
Freiheitlichen Partei zwar zwei Punkte als nicht zustimmungswürdig gesehen hat,
aber immerhin den Rest. Ich weiß, das geht bei einem Gesetz nicht, dass man
sagt: Die zwei wollen wir nicht, den Rest schon!, aber ich nehme es als ein
sehr positives Zeichen, dass grundsätzlich dieses Gesetz fast Einstimmigkeit in
diesem Gremium findet.
Ich möchte auch kurz begründen, warum sich dieses
Gesetz im Zuge der Begutachtung sehr verändert hat. Sie wissen, dass ich der
Ansicht bin - und das bin ich nach wie vor -, dass es nicht gut ist - vor allem
nicht vor dem Vollzug, und so ein Gesetz kann nur dann wirklich leben, wenn es
auch sehr praxisorientiert angewendet werden kann -, dass wir jetzt auf
EU-Ebene eine andere Regelung haben, auf österreichischer Ebene ein anderes
Gesetz haben und auf Landesebene wiederum ein anderes. Ich hoffe, dass es hier
noch Anpassungen gibt und vor allem auch im Bund bald eine vernünftige Regelung
getroffen wird. Ich habe aber die Meinungen vor allem der Betroffenen, all der
NGOs, der Interessensvertretungen, die hier eingebunden wurden und die
befürchtet haben, dass es negativ ausgelegt wird und als Nichtwahrnehmung ihrer
Interessen interpretiert wird, wenn sie in diesem Gesetz nicht vorkommen, zur
Kenntnis genommen und sehr ernst genommen. Deswegen sind wir diesem Wunsch gerne
nachgekommen, genauso wie wir dem Wunsch des Dachverbandes der
Behindertenorganisationen nachgekommen sind, der gesagt hat, sie wollen ein
österreichweites, ein Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Ich denke, man
muss das schon sehr ernst nehmen.
Eine kurze Bemerkung noch zum nächsten
Tagesordnungspunkt, weil dieses Gesetz zwar heute auch kurz andiskutiert wurde,
aber immer ein bisschen untergeht. Ich darf mir erlauben, das, weil es doch
inhaltlich zusammengehört, ein bisschen vorwegzunehmen.
Unsere Antidiskriminierungsnovelle der Dienstordnung
ist von der Quantität und Qualität zumindest genauso wichtig wie das
Antidiskriminierungsgesetz, wiewohl sie viel weniger in der Öffentlichkeit
steht. Sie ist vielleicht sogar noch eine Spur wichtiger, denn hier geht es
nicht nur darum, dass die Stadt Wien ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
nicht diskriminieren darf, hier geht es nicht nur darum, dass Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen untereinander sich nicht diskriminieren dürfen, es geht auch
darum, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt unsere Kunden und
Kundinnen nicht diskriminieren dürfen. Das ist, denke ich, ganz wichtig und
entscheidend und betrifft eben nicht nur die Stadt intern, sondern viele, viele
Wiener und Wienerinnen, mit denen wir in Kundenkontakt sind.
In diesem Sinne freue ich mich über den
Abänderungsantrag, freue mich über die breite Zustimmung und glaube, dass wir
damit wirklich ein sehr wichtiges Gesetz für ein modernes, tolerantes und
weltoffenes Wien beschließen. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Wir kommen nun
zu mehreren Abstimmungen.
Es liegt mir der Abänderungsantrag der Abgen
Stürzenbecher, LUDWIG und Genossen vor, der den § 7 betrifft.
Die Bestimmungen in § 7
Abs 3 des
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