Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 104
als es der Bund gelöst hat.
Es gibt wesentlich bessere
Aufwertungsfaktoren, das ist unbestritten.
Es gibt eine bessere Anrechnung von
Kindererziehungszeiten. Insofern sind das Auswirkungen, die vor allem Frauen
treffen. Wir haben das ja auch gestern schon eingehend diskutiert, dass leider
auch im öffentlichen Dienst es vor allem Frauen sind – zu 99 Prozent im
öffentlichen Dienst –, die Elternkarenz in Anspruch nehmen. Auch hier gibt es
also Verbesserungen.
Auch die so genannte
SchwerarbeiterInnenregelung ist nicht schlecht.
Aber, meine Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, Sozialabbau bleibt Sozialabbau, ob er jetzt in einer
abgeschwächteren Form daherkommt oder nicht. Die Bediensteten haben
Verschlechterungen hinzunehmen, auch wenn es ihnen immer noch "wesentlich
besser" geht – unter Anführungszeichen – als den ASVG-Versicherten.
Sozialabbau bleibt Sozialabbau. Länger arbeiten für weniger Pension heißt es
jetzt auch in Wien. Und was Gewerkschaftsvorsitzender Hundstorfer gegenüber den
Gewerkschaftsmitgliedern gesagt hat, nämlich dass es sich um ein so genanntes
kalkulierbares Minus handelt bei dieser Pensionsreform, also das finden wir
GRÜNE schon etwas zynisch. Von dieser Wortwahl möchte ich mich an dieser Stelle
schon ein bisschen distanzieren. Die massiven Pensionskürzungen, die Sie hier
vornehmen, sind nicht einfach eine Kleinigkeit und nicht einfach ein
kalkulierbares Minus, vor allem nicht für die niedrigen Einkommen bei der
Gemeinde Wien.
Damit komme ich zu dem für uns
wichtigsten Punkt, warum wir die vorliegende Pensionsreform sozial nicht als
gerecht empfinden. Es wurde – wir hätten uns das sehr gewünscht – kein Sockel
für niedrige Einkommen eingeführt, damit zum
Beispiel die massiven Kürzungen für niedrige Einkommen unter einem gewissen Sockel nicht gelten.
Sie wissen, wir wissen,
dass die Wiener BeamtInnenstruktur eine andere ist als jene des Bundes. Im Bund
arbeiten wesentlich mehr Akademiker, Akademikerinnen zum Beispiel, aber bei der
Gemeinde Wien haben wir wesentlich mehr Bedienstete, viele Bedienste mit
niedrigen Einkommen, die sehr, sehr langsam steigen, die nur zu einer sehr
niedrigen Pension berechtigen, und für diese Menschen sind jetzt kaum
Abfederungen und Absicherungen vorgesehen. Das betrifft Frauen, das betrifft
ArbeiterInnen, C-BeamtInnen, D-BeamtInnen. Wir haben uns das ein bisschen
angeschaut im vorliegenden Gehaltschema. Was kann denn zum Beispiel eine
Kindergartenhelferin, die bei der Gemeine Wien mit 1 000 EUR brutto
für Vollzeitarbeit einsteigt und deren Gehalt nach 10°Jahren – und das ist
inklusive Zuschläge, bitte – lediglich auf 1 159 EUR brutto gestiegen
ist, für eine Pension erwarten? Also hier finde ich es wirklich ungerecht, auch
noch Pensionskürzungen vorzunehmen und keinen Sockel für niedrige Einkommen
einzuführen.
Wer kann bis 65 Jahre
arbeiten, wer kann 45 Dienstjahre zusammenbekommen? Viele dieser
Bediensten, die ich genannt habe, die untere Einkommen beziehen, schaffen das
nicht, weder aus gesundheitlichen Gründen noch aus familiären Gründen. Die
Kindergartenhelferin habe ich schon erwähnt, aber es betrifft vor allem auch
das Reinigungspersonal, die E-BeamtInnen, D-BeamtInnen, C-BeamtInnen. Diese
BeamtInnen haben so niedrige Einkommen, dass sie auch kaum die Möglichkeit
haben, von den so genannten Zuckerln, die Sie anbieten, Gebrauch zu machen,
nämlich Vordienstzeiten anzurechnen oder Pensionsjahre nachzukaufen oder eigene
freiwillige Pensionsbeiträge für eine Zusatzpension, für die so genannte dritte
Säule der Pensionsvorsorge, zu leisten. Diese Möglichkeiten gibt es nicht, und
auch deshalb finden wir diese Pensionsversorgung ungerecht.
Wir lehnen sie aber auch
deshalb ab, weil eigentlich versprochen wurde, die Pensionsreform zu koppeln an
die längst notwendige, überfällige Besoldungsreform im öffentlichen Dienst. Das
war ein Versprechen an die Gewerkschaft. Dieses Versprechen ist unserer Ansicht
nach nicht gehalten worden. Von der Besoldungsreform in Wien ist noch weit und
breit nichts in Sicht, dabei wäre sie dringend notwendig. Vor allem im Bereich
der Anrechnungs- und Vordienstzeiten oder für junge Menschen, die mit relativ
niedrigen Einstiegsgehältern anfangen, wäre sie notwendig, und sie wäre auch
deshalb notwendig, um das – ich nenne es einmal so – unsägliche ausufernde
Sondervertragswesen ein bisschen einzudämmen, das ja auch dazu geführt hat,
dass es viele oft nicht nachvollziehbare Spitzenpensionen in der Gemeinde Wien
gibt, die sich außerhalb jedes Beamten-, Beamtinnenschemas befinden und eine
schlechte oder eine unverständliche Signalwirkung für die Bezieher und
Bezieherinnen niedriger Einkommen darstellen.
Alles in allem ist diese
Pensionsreform, die hier vorgelegt wurde, also leider kein rotes Gegenmodell
der Stadt Wien zur Pensionsreform des Bundes, sondern Sie vollziehen langsamer
und ein bisschen sozial verträglicher – das sei hier schon gesagt –, aber doch
die massiven Pensionskürzungen des Bundes nach, und dafür können die Grünen leider keine Zustimmung geben.
Es bleibt aber abschließend
natürlich noch zu sagen, dass es der Bund ist, der hier versagt in der
Sozialpolitik und in der Absicherung von Menschen im Alter. Es versagt der Bund
bisher auch vollkommen bei der Pensionsharmonisierung. Die ist anscheinend
irgendwie auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Man hört immer wieder
unterschiedliche Termine. Der jüngste ist, dass im Sommer die Eckpunkte der
Bundespensionsharmonisierung vorliegen sollen. Der Bund hat es auch verabsäumt,
die Wiener Landesbeamten und –beamtinnen in die Verhandlungen und in die
Pensionsharmonisierung des Bundes einzubeziehen. Das heißt, die dürfen sich
jetzt überhaupt nicht wundern, dass die Wiener Stadtregierung ein eigenes
Pensionsmodell vorlegt. Dagegen ist wirklich überhaupt nichts zu sagen. Wenn
man schon in die Harmonisierung nicht einmal einbezogen wird, dann braucht man
sich nicht zu wundern, wenn man dann natürlich die eigenen Vorstellungen
umsetzt – jenseits des Bundes.
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