Landtag,
23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 69
sieht uns hier Zeitung lesen, schwätzen, Computer spielen - in der Wahrnehmung der Jugendlichen. Sie gehen dann hinaus, und dann hören sie allenfalls noch - dank der "Kronen Zeitung" -, was wir verdienen, und haben sich damit ihre Meinung von der Politik für alle Ewigkeit gebildet, die im Übrigen heute auch in einer Umfrage, die uns sehr nachdenklich machen sollte, dokumentiert ist.
Man stelle sich im Unterschied dazu eine
Veranstaltung vor - ich träume jetzt wirklich, und ich halte das für machbar -,
die alle paar Wochen für die Jugendlichen, aber auch für Erwachsene, die daran
teilnehmen wollen, stattfindet, bei der es einen Dialog gibt und zu der alle
vier Fraktionen eingeladen sind. Hier - oder im Stadtsenatssaal oder woanders -
sitzen diejenigen, die es interessiert, können die Dinge benennen, die ihnen
wichtig sind, und lernen dabei auch, dass eine Kontroverse zwischen Politikern
durchaus kultiviert sein kann. Hier soll man etwas tun!
Meine konkrete Frage ist, nachdem übrigens letztens
ein Antrag, der das beinhaltet hat, von der Sozialdemokratie abgelehnt wurde -
zu Ihrer Information, Herr Landeshauptmann: Was können Sie in dieser Frage selbst
beitragen, oder wer wäre jene Organisationseinheit, jene Person, die Ihr
Engagement - das ich Ihnen, Herr Landeshauptmann, zu 100°Prozent abnehme -
entsprechend umsetzt? Mit wem können wir reden, damit eine Änderung passiert,
wo ist der Ort? - Ich habe mich extra erkundigt: Schülerparlamente hat es,
glaube ich, im letzten Jahr zwei gegeben; sonst war keiner von uns zu
irgendetwas eingeladen. Vielleicht gibt es da etwas!
Meine konkrete Frage ist, weil ich weiß, dass Sie das
interessiert und dass Sie das für wichtig halten: Wo ist der Ort - ist es die
Präsidiale, ist das vielleicht auf entsprechende Einladung bei Ihnen im Zimmer
-, wo konkrete Maßnahmen besprochen werden können, weil gute Projekte am Tisch
liegen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Zu Letzterem kann ich zweifelsohne sagen, dass man
mit entsprechender Vorbereitung, wozu man aus jeder Fraktion einen Vertreter
einlädt, dann bei einem Gespräch mit mir und der Frau Vizebürgermeister
Vorschläge zur Dialogförderung - wenn man das einmal so allgemein sagen will –
erörtern kann. Ich bin durchaus auch selbst dazu bereit, denn es ist mir
wirklich ein echtes Anliegen.
Ich sage nur noch einmal: Die Einladungen bei diesen
Schülerparlamenten machen Gott sei Dank nicht Politiker, sondern das machen die
Schüler selbst. Es hat nach meinen Informationen fünf gegeben – wobei wir
allerdings bei zwei oder bei drei sicher nicht eingeladen wurden, was ja auch
schon wieder die Frage aufwirft, warum. - Das ist der leichtere Teil der
Fragen, das ist nämlich erklärbarer, denn ich teile die Einschätzung über die
Probleme, die ein Schüler bei einem unvermittelten Eintritt in diese Welt oder
in diesen Teil der Welt haben muss, weil er dann wirklich nicht weiß, worüber wir
reden.
Ich denke, wir sollten so vorgehen, dass wir eine
ganz kleine Vorbereitungsgruppe haben und dann diese Diskussionen führen. Es
ist eine wichtige Geschichte: Wenn es zur Politikverdrossenheit kommt, dann
steht am Ende des Tages Demokratieverweigerung - und das ist ganz schlecht.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Die 2.°Zusatzfrage stellt Herr
Abg Walter Strobl.
Abg Walter Strobl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ich teile die grundsätzlichen Überlegungen zur
politischen Bildung und zur Notwendigkeit dieser Maßnahmen und Überlegungen,
die jetzt gerade hier diskutiert wurden, und unterstreiche alles, was hier
gesagt wurde, voll. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass es einer gewissen
Pikanterie nicht entbehrt, dass Abg Chorherr Ihnen diese Frage stellt, weil es,
wenn ich richtig informiert bin, 23 rot-grüne Projekte gibt, und eines davon
ist eines zur politischen Bildung. Es wird also einen Grund haben, warum er
diese Frage hier in diesem Saale stellen musste.
Nun konkret zur Frage: Es ist ja tatsächlich so, dass
es eine Reihe von Veranstaltungen an Schulen et cetera gibt und dass das oft
auch zu wenig von Politikern wahrgenommen wird. Ich könnte mir hier sehr gut
eine Verstärkung vorstellen und würde mir nur eines wünschen - und daher meine
Frage, ob Sie das unterstützen:
Es hat im letzten Schuljahr Tendenzen einer
Parteipolitisierung der Schule gegeben, das heißt Veranstaltungen, die markant
und auch ausgewiesenermaßen einer Partei allein zugeordnet werden konnten. Es
hat dazu Aussendungen in Bezirkszeitungen gegeben, es hat Informationen an
Schüler und Eltern gegeben. Wir haben das hier auch kritisiert, weil wir
glauben, dass das der falsche Weg ist.
Werden Sie solche Maßnahmen im Sinne einer falsch
verstandenen politischen Bildung abstellen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Naja, das ist auch so eine Sache: Natürlich bekenne
ich mich zu diesem Grundsatz und zu diesem Prinzip, das ein Common Sense ist,
keine parteipolitischen Veranstaltungen in Schulen zu machen. Das ist schon
richtig. Aber Schulen auf der anderen Seite abzuschotten von dem, was zumindest
ein Teil des realen Lebens ist - da weiß ich auch nicht ganz genau, ob das
wirklich der Weisheit letzter Schluss ist.
Wenn man die Diskussionen über Einsparungen im
Schulbereich, die in den letzten zwei Jahren geführt wurden, beobachtet, dann
kann man ja nicht nur davon reden, dass es sich hier um parteipolitische
Agitationen und Agitprop handelt, denn man muss da schon auch die Realität
sehen und bis zu einem gewissen Grad auch Sensibilität entwickeln für das, was
hier an Sorgen der Eltern, Sorgen der Lehrer und Sorgen der Schüler dabei ist.
Also mit dieser Einschränkung
würde ich zustimmen: Ja, ich bekenne mich ungebrochen zu diesem Common Sense,
den man hier in der Vergangenheit erzielt hat, aber nicht jede
gesellschaftliche Diskussion ist, wenn sie
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