Landtag,
23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 69
außer Kraft treten, sondern wir wollen wirklich Paragraph für Paragraph jene Bestimmungen aus dem Gesetz quasi entfernen - unter Anführungszeichen -, die dann mit In-Kraft-Treten des Bundestierschutzgesetzes nicht mehr gültig sind – im Sinne einer besseren Lesbarkeit des Gesetzes und einer höheren Rechtssicherheit. Das ist sozusagen unser Service in diesem Bereich.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Damit ist die 4.°Anfrage erledigt.
Wir kommen zur 5.°Anfrage (FSP/02790/2004/0001-KGR/LM). Sie wurde von Herrn Abg
Mag Christoph Chorherr gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann
gerichtet: Rund um die verheerend geringe
Wahlbeteiligung bei der Wahl zum EP (Wien: 36,88%) wurde ein Versagen von
"politischer Bildung" deutlich. Erfahrungen zeigen, dass vor allem
dort, wo ein konkreter Dialog zwischen Politikerinnen und Politikern und
Wählerinnen und Wählern geführt wird, im Unterschied zur medialen Vermittlung Verständnis
auch komplexer politischer Abläufe möglich ist. Werden Sie deswegen initiieren
und unterstützen, dass in, unter anderem in diesem ehrwürdigen Saal, regelmäßig
Dialoge zwischen Politikerinnen und Politikern aller Fraktionen, Jugendlichen
und anderen Interessierten beworben und angeboten werden?
Ich ersuche um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr
geehrter Herr Abgeordneter! Ich halte das für eine sehr, sehr wichtige Frage, deren
Diskussion, so hoffe ich, über eine Fragestunde in einem Landtag hinausgeht.
Wir haben sie hier persönlich begonnen, und ich halte es aus persönlicher Sicht
für sehr wichtig, dass wir diese Diskussion möglichst auch unter einer
Verbreiterung führen.
Zur eigentlichen Frage selbst kann ich leicht ja
sagen, was die Frage der Veranstaltung hier oder in einem anderen Raum des
Hauses betrifft, weil solche Veranstaltungen ja schon stattfinden - etwas
anders als in der Frage vorgeschlagen, nämlich in Selbstorganisation der
Schüler, die diese Schülerparlamente organisieren und die auch selbst Politiker
einladen oder auch nicht einladen, ganz wie sie das wollen. Und ich höre - ich
war selbst noch nicht dabei -, dass das eine sehr erfolgreiche Sache sein soll.
Ich würde in diesem Zusammenhang nur zu bedenken
geben, dass, glaube ich persönlich, eines der Kernprobleme darin besteht, dass
es zu einer gewissen, ich würde einmal sagen, argumentativen
Verselbstständigung in der societa politica gekommen ist. Dazu zählen nicht nur
die Politiker, sondern auch die höheren Teile der Verwaltung und vor allem auch
die Journalisten. Der Umgang, die Gepflogenheiten, auch die Sprache, die in
dieser societa politica herrschen, sind teilweise Herrschaftsinstrumente,
teilweise in der Form so abstoßend, dass, glaube ich, ein erheblicher Teil der
Kommunikationsprobleme zwischen der societa civil und der societa politica
tatsächlich auch darauf beruht.
Das heißt, es sind die Kulturen bei dem, was die
jungen Leute auch bei diesen Schülerparlamenten machen, wie sie miteinander
umgehen, wie sie Diskussionen führen, im Vergleich zu dem, was wir hier tun, so
unterschiedlich - und ich würde meinen, auch so inkompatibel -, dass man sich
auch sehr gut überlegen muss, wie man dies organisiert, um nicht a priori
abschreckend zu wirken.
Darüber hinaus, glaube ich, gibt es eine große Fülle
von Dingen, die wahrscheinlich auch unter den reichlich antiquierten Begriff
der politischen Bildung fallen, aber wo es einfach auch darum geht, dass man versucht,
diese Barriere zu durchbrechen.
Aus meiner Sicht ist das nicht nur eine Frage der
Information. Information ist schon das eine. Jetzt reden alle vier Jahre über
die Europäische Union, und wenn es nicht so seltsame Diskussionen wie - aktuell
gesehen - über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gäbe,
dann würde dieses Thema, auch sehr kurze Zeit nach der Erkenntnis - vielleicht
auch dem einen oder anderen demokratischen Schock - der Wahlbeteiligung bei der
letzten EU-Wahl, auch schon wieder nicht diskutiert werden. Ich halte es trotz
aller Notwendigkeit einer Verstärkung des Diskurses über Europa und die
europäische Zukunft nicht nur für eine Frage der Informationsvermittlung: Es
ist eine Frage der Kultur der Diskussionsteilnehmer, eine Frage des Umgangs,
eine Frage des Heranführens. Warum wird über bestimmte politische Themen etwa
in den Betrieben, in den Kantinen, auf den Sportplätzen, auf den Straßen
diskutiert und warum über andere nicht? - Dies ist eine Frage, bezüglich der
ich meine, dass wir wirklich gemeinschaftlich darüber nachdenken sollten, all
jene, die das für nachdenkenswürdig halten - es gibt ja Leute, die mit dem
Ist-Zustand ganz zufrieden sind, weil es ihnen im Prinzip völlig egal ist;
Hauptsache, ihre eigene Wählermasse ist entsprechend vorhanden. Aber alle, die
interessiert daran sind, sollten darüber gemeinschaftlich nachdenken. Ich
bekenne hier auch ein: Ich habe keine fertigen Antworten auf diese Fragen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir kommen zur 1.°Zusatzfrage:
Herr Abg Mag Chorherr, bitte.
Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Herr Landeshauptmann! Weil ich
persönlich weiß, dass Ihnen das in der Tat ein Anliegen ist, und ich an einer
konkreten Änderung im Rahmen der Möglichkeiten interessiert bin, meine ich,
dass wir Bewährtes ausbauen und stärker versuchen sollten. Es gab ja vor
einigen Jahren den sehr erfolgreichen Versuch, und zwar damals mit dem
Präsidenten des Stadtschulrats, dort eine Stelle anzusiedeln, die es dann auch
eineinhalb Jahre lang gab und die, vor allem für Jugendliche, interessante
Veranstaltungen - sei es hier im Haus, sei es an Schulen - gemacht hat. Alle
von uns hier im Haus, egal zu welcher Fraktion wir gehören, wissen: Dort, wo es
einen konkreten Dialog gibt, schätzen Jugendliche, aber auch Erwachsene das
sehr. Ich sehe immer mit großem Schrecken - heute ist zum Glück keine Klasse
hier -, dass die Hauptform der Vermittlung politischer Bildung jene ist, dass
man Schülerinnen und Schüler ins Parlament oder hierher führt: Das ist eine
einzige Abschreckung vom Politischen! Man versteht nicht, was wir hier reden,
man
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