Landtag,
23. Sitzung vom 24.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 69
gemeldet ist Frau Abg Frauenberger. Ich erteile ihr das
Wort.
Abg Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ganz kurz nur zu diesem Taferl: Abgesehen von den
absolut nicht nachvollziehbaren Zahlen hat es mit den roten Zeilen ein bissel
so ausgeschaut, als würden Sie uns zeigen, wo wir uns als Wiener SPÖ bis zum
Jahr 2013 hin entwickeln und ich denke mir, da könnten Sie mit Ihren Einschätzungen
nicht so schlecht liegen! (Beifall bei
der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ und Abg Gerhard Pfeiffer.)
Die Bundesregierung hat im Gegensatz zu Wien mit
ihrem vorliegenden Pensionsmodell und mit ihrem vorliegenden Entwurf nämlich
eines ganz sicher nicht getan: Sie hat nicht die Chance wahr genommen, eine
öffentliche Alterssicherung für die Zukunft so zu gestalten, dass sie auch
tatsächlich den vielen, vielen Menschen, die in Erwerbstätigkeit stehen, auch
wirklich nützt. Die vorliegende Pensionsreform könnte man eigentlich eher
Pensionsraubreform nennen und sie ist weder fair noch ist sie gerecht und sie
verdient eines auf jeden Fall nicht, nämlich den Begriff von Harmonisierung!
Harmonisierung kommt aus unserer Sicht nämlich von harmonisch und wenn hier
behauptet wird, dass ab 1.1.2005 alle das gleiche Pensionssystem haben, dann
muss man sagen: Das stimmt schlichtweg nicht, das gilt vielleicht für jene, die
ab 1.1.2005 eintreten (Beifall bei der
SPÖ.), aber was ist mit den über 50-Jährigen zum Beispiel? Das sind ja
nicht unbedingt wenige. Und bitte, was ist harmonisch, wenn Pensionsverluste
aus der so genannten Pensionsreform 2003 durch neue, wieder neue Abschläge
vom Pensionsverlustdeckel nicht erfasst sind und auf 20 Prozent und mehr
aufgedoppelt werden? Wo ist zum Beispiel bei Ihrer Reform die Gleichstellung,
wenn bei Frauen die Bewertung von Ersatzzeiten bei weitem nicht ausreicht? Und
was ist da bitte nicht überfallsartig, wenn gerade die 50-Jährigen von den
aufgedoppelten Verlusten auf Abschläge und Pensionskürzungen aus 2003, also
gerade diese Gruppe am stärksten von dieser so genannten Reform erfasst ist.
Die Bundesregierung verdoppelt also die Verluste,
benachteiligt Frauen, kürzt die Pensionen von Langzeitversicherten und spricht
von Beitragsgerechtigkeit! Von Beitragsgerechtigkeit kann bei dieser Reform
keine Rede sein! Das Prinzip “Gleiche Beiträge und gleiche Leistung“ ist mit
Ihrem Modell nicht erfüllt. Hier von Harmonisierung zu sprechen, halten wir für
zynisch und unfair! (Beifall bei der
SPÖ.)
Und wenn hier von arbeitsmarkpolitischen Maßnahmen
gesprochen wurde: Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Begleitmaßnahmen fehlen.
Man wird zwar auf der einen Seite länger arbeiten, aber dass man sich auch in
der Verantwortung der Regierung darüber Gedanken macht, wie diese älteren
Menschen länger arbeiten können, davon ist in Ihrem Modell keine Spur! Da
bleibt uns die schwarz-blaue Bundesregierung jegliche Antwort schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Einspruch der Bundesregierung gegen dieses
Beamtenpensionsrecht ist aus unserer Sicht ein einziges, nämlich ein Politikum.
Hier macht man ein sehr plumpes Ablenkungsmanöver vom eigenen Versagen und von
der eigenen Unfähigkeit.
Unsere Wiener Reform ist sowohl sozial ausgewogen als
auch sparsam und sie ist zukunftsweisend. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Sie
ist ein gutes Ergebnis und das ist im Übrigen auf einer
sozialpartnerschaftlichen Ebene entstanden. Auch das ist ein großer Unterschied
zur Bundesreform! (Beifall bei der SPÖ.)
Diese zur Beschlussfassung anstehende Pensionsreform
für die Beamtinnen und Beamten der Gemeinde Wien erfolgt angesichts der
bekannten und mehrfach analysierten Pensionsentwicklungen und zwar im
Leistungs- und Beitragsrecht. Sie setzt adäquate budgetentlastende
Reformschritte.
Und jetzt zu der Kritik mit den Entwicklungen und mit
dem Sparen: Tatsache ist, dass wir sehr wohl sparen. Wir sparen aber auf eine
sehr soziale Art. Wir sparen nicht kaputt, so wie wir das in den letzten Jahren
von dieser Bundesregierung erleben, und wir sparen im Einklang mit unseren
SozialpartnerInnen. Sie entspricht der Rechtssprechung des
Verfassungsgerichtshofs beziehungsweise was da über die Wahrung des
Vertrauensgrundsatzes gesagt wurde. Das hält die Stadt ein und sie tut vor
allem eines: Sie macht das auf eine sehr sozial kompetente und auf eine sehr
sozial ausgewogene Art und Weise.
Die Zielsetzung zeigt sich in teilweise längeren
Übergangsfristen, in Abfederungsmaßnahmen und in Maßnahmen, die nunmehr von der
Bundesregierung bemängelt werden und diese zum Einspruch gegen unser
Reformvorhaben veranlasst hat. Der Einspruch, dessen verfassungsrechtliche
Zulässigkeit aus unserer Sicht durchaus hinterfragbar ist, beschränkt sich aber
keineswegs auf die behaupteten Eingriffe in Bundeskompetenzen, sondern es wird
auch Grundsätzliches ausgeführt. Ich möchte vorlesen: „...dass die von Wien
beabsichtigten Maßnahmen hinter den mit der Pensionsreform 2003 vom Bund
getroffenen Maßnahmen zurückbleiben und insgesamt die Bemühungen des Bundes zur
Schaffung eines einheitlichen Pensionsrechtes konterkariert.“ Also das müssen
wir aus Wiener Sicht, und zwar beides, entschieden zurückweisen! (Beifall bei der SPÖ.)
Unsere Abweichungen, die
Abweichungen des Wiener Modells sind sachlich gerechtfertigt und entsprechen
sozialen Überlegungen. Eigenartig ist das Ganze zur Zeit im Licht der gerade in
Begutachtung befindlichen Pensionsreform des Bundes, dieses so genannten
Harmonisierungsentwurfs. Für diese Begutachtung gibt es im Übrigen wieder einmal
sehr, sehr wenig Zeit, viel zu wenig Zeit. Wir haben als WienerInnen nur
insgesamt bis zum 30.9. Zeit, das alles mit all diesen Extraentwürfen et cetera
durchzuackern. Viele, viele Verschlechterungen sind da zu prüfen und das ist
aus unserer Sicht nur ein weiteres Kapitel in Ihrem Buch “Speed kills“. (Beifall
bei der SPÖ.)
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