«  1  »

 

Landtag, 25. Sitzung vom 25.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 72

 

drinnen? Ganz kurz, alle wissen es, haben es in der letzten Zeit gelesen, die Bundesvertretung wird finanziell ausgehungert. Eine Million Euro weniger bedeutet, keine Möglichkeit für das Service an Studierenden, Entzug externer Beraterinnen und Berater, Infobroschüren, Sozialberatung et cetera. Es kommt zu einer finanziellen und institutionalen Schwächung der Studierendenvertretung auf den unteren Ebenen, und das Allerdramatischeste ist, es kommt zu einem Out, einer Abschaffung der direkt-demokratischen Wahl des österreichischen Studierendenparlaments, der Bundesvertretung.

 

Statt dessen hat man sich aus dem Musterland zeitgemäßer Demokratie, den USA, ein Wahlmännersystem abgeschaut. Die Bundesvertretung darf jetzt von den Studierenden nicht mehr direkt gewählt werden, sie wird von den Universitätsvertretungen beschickt. Angenehmer Nebeneffekt ist, die regierungsfreundlichen Fraktionen, die bei den Stimmen der Studierenden von einer Mehrheit aber so was von meilenweit entfernt sind, sind jetzt mit einer satten Mehrheit ausgestattet.

 

Da fragt sich der Laie, wie ist es entfernt möglich, dass zum Beispiel die ÖHG, - das ist die ÖVP-nahe studierende Gruppe - mit 29 Prozent der Stimmen auf knapp 40 Prozent der Mandate kommen kann. Wie geht das bei einem Wahlsystem in einem demokratischen Staat. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das wissen Sie in diesem Hause sehr gut!)

 

Des Pudels Kern, ich werde Ihnen das gerne noch einmal erklären, liegt in der Stimmengewichtung. Der große Wurf von Brinek und Co führt nämlich dazu, dass die Stimme eines Studierenden nicht immer gleich viel wert ist. (Abg Mag Wolfgang Gerstl: Wahlrecht in Wien, 46 Prozent der Stimmen und 51 Prozent der Mandate!) Die Studierenden an einer kleinen Uni: Diese kann überproportional viele Mandate in die Bundesvertretung versenden. Für ein Mandat auf der Uni Wien braucht man zum Beispiel 1 003 Stimmen, für eines auf der Uni Graz 243. Bitte, schauen wir uns das an. Wer also das Pech hat, auf einer großen Uni zu studieren, zum Beispiel auf der Uni Wien, dessen Stimme wiegt also nur einen Bruchteil von der eines Kollegen an der Montanuni, oder einen Bruchteil von der eines Kollegen an der Uni für angewandte Kunst. Das geht bis zu einem Verhältnis von 1 zu 8.

 

Das finden sie demokratisch? Das ist das Modell der ÖVP und der FPÖ für ein gerechtes Wahlsystem. Das ist ein demokratiepolitischer Skandal ersten Ranges. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Und ich sage es ihnen ganz ehrlich: Was mich als Politiker genauso schockiert wie diese unglaubliche Wahnsinnsregelung, ist der politische Stil, den Sie und Ihre Freunde in der Bundesregierung in die österreichische Republik eingeführt haben. (Rufe aus der FPÖ: Hopp, hopp, hopp!) Was Sie salonfähig gemacht haben, ist, Sie haben Null Interesse, ja Null Interesse, die Leute auch nur zu fragen. (Abg Mag Andreas Schieder: Das ist ein Skandal!) Noch nie in der Geschichte der zweiten Republik wurde in die Interessen einer Körperschaft öffentlichen Rechts seitens einer Bundesregierung so martialisch hineinregiert, ohne mit den Betroffenen auch nur ein einziges Wort zu reden. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist ein Skandal sondergleichen!)

 

Da Sie Null Interesse haben, die Studierenden selbst zu fragen, möchte ich das hier nachreichen. Es gibt eine repräsentative Umfrage des Fora-Instituts, von der ÖH in Auftrag gegeben, was die Studierenden so meinen. Die wollen zum Beispiel ihr Wahlrecht selbst bestimmen und nicht die Regierung drüberfahren lassen. 89 Prozent der Studierenden - eine erkleckliche Anzahl - sind der Meinung, man kann doch nicht das Wahlrecht runterbiegen auf eine Mehrheit für die andere Seite und sie wollen das Wahlrecht selbst regeln. (Zu Abg Walter Strobl.) Willst du dir das anschauen, bitte, Walter. Und 79 Prozent der Studierenden sind gegen den neuen Wahlmodus, 79 Prozent sind für die direkte Wahl der Bundesvertretung. So denken die Studierenden, aber das ist Ihnen wurscht. (Abg Walter Strobl: Wieso!) Ja, Sie haben sich sogar die parlamentarische Begutachtung im Parlament erspart für die Veranstaltung großen bildungspolitischen Kahlschlages der zweiten Republik, und haben nicht einmal den Mumm gehabt, sich in einer Demokratie einer Diskussion zu stellen. Das ist ein Skandal, schämen Sie sich. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

 

Es war beim Hauptverband so, es war bei einer ORF-Reform so und es ist jetzt beim HSG so. Es erschüttert mich persönlich, mit welcher Leichtigkeit Sie, ja und vor allem Sie von der ÖVP, mit welcher Leichtigkeit Sie den Wert der demokratiepolitischen Moral zugunsten eines reaktionären Machiavellismus über Bord werfen. (Abg Rudolf Stark: Na, ja!) Stadtluft macht frei und die Uni Wien war mit einer großen Alma Mater immer wieder Ausgangspunkt von studentischem Selbstbewusstsein und Aktionismus. Ein frischer Wind ist in den 70er Jahren von den Unis ausgegangen und hat durch die Stadt geblasen. Es war gut so, und das hat die Stadt gebraucht, und das ist bis heute so.

 

Dass Wien Universitätsstandort ist, dass Wien der Universitätsstandort ist in Österreich, das macht die Stadt auch aus. Und ich glaube, das hat weniger mit dem von Ihnen vielleicht gerne gesehenen Talar- und Hermelinchic, sondern mehr mit Weltoffenheit, Freiheit und kritischer Vernunft zu tun, die schon oft von den Studierenden unserer Universitäten ausgegangen ist.

 

Umso mehr erschreckt es, dass gerade unsere Stadt und die großen Wiener Unis die Hauptbetroffenen dieser als Reform bezeichneten Wahnsinnsgesetzgebung sind. Der Gehrer’sche Masterplan ist auch ein Anschlag auf den Wiener Hochschulstandort und wenn Studierenden ihre Stimme genommen werden soll, dann sollten wir unsere Stimme erheben. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Sommer-Smolik zum Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

Abg Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Diese schwarz-blaue Bundesregierung zeichnet sich

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular