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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 66

 

(Beginn um 9.00 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 27. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

Entschuldigt sind die Frau Abg Klier wegen Krankheit und die Frau Abg Ringler, die sich bei einer Tagung befindet.

 

Hohes Haus! Gestatten Sie mir zu Beginn der Sitzung, der amtierenden Zweiten Präsidentin des Wiener Landtages zu ihrem besonderen Geburtstag, den sie vor wenigen Stunden gehabt hat, im eigenen Namen, aber ich nehme auch an in Ihrer aller Namen zu gratulieren. Alles Gute, Frau Präsidentin, zu diesem besonderen Geburtstag! (Allgemeiner Beifall. – Abg Erika Stubenvoll bekommt einen Blumenstrauß überreicht.)

 

Hohes Haus! Es ist heute die erste Landtagssitzung nach der schrecklichen Katastrophe, die Naturgewalten in Südostasien ausgelöst haben. Ich glaube, trotz moderner Berichterstattung haben wir alle dennoch keinen wirklichen Begriff von der Verzweiflung, der Not und der Zerstörung, die dieses Naturereignis in mehreren Ländern dieser Region verursacht hat. Wir wissen von der unglaublich hohen Zahl an Toten, wobei zu befürchten ist, dass sich diese Zahl leider noch nach oben korrigieren wird. Wir wissen von der Zerstörung und fühlen die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die dort überlebt haben und im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr besitzen.

 

Wir gedenken all der Opfer, sind aber gleichzeitig stolz, dass die Bewohner unserer Stadt und unseres Landes durch Spenden aktiv mithelfen, einen Beitrag zur Linderung der Not und zum Wiederaufbau zu leisten.

 

Möge es uns allen vergönnt sein, sehr bald mit Sicherheit zu wissen, dass zwar für zig-Tausende das Leid und die Trauer um ihre zu Tode gekommenen Familienangehörigen weiterhin besteht, aber die Überlebenden dennoch den berechtigten Glauben und die Hoffnung besitzen, überleben zu können, auch mit Hilfe der Völkergemeinschaft.

 

Unser Mitgefühl gehört aber in diesen Stunden auch jenen Familien in Wien, die Angehörige verloren haben. Unsere Hoffnung bezieht sich aber auch auf jene, die noch als vermisst gelten, dass die schrecklichste Nachricht nicht kommen muss.

 

Hohes Haus! Ich habe noch eine traurige Pflicht Ihnen mitzuteilen. Am Montag, dem 3. Jänner 2005, verstarb im 91. Lebensjahr die frühere Erste Landtagspräsidentin Maria Hlawka. Maria Hlawka war in der Geschichte des Wiener Landtages die erste Frau, die die Funktion der Ersten Landtagspräsidentin ausgeübt hat. Dieses Amt übte sie zwischen 1973 und 1978 aus. Unter den zahlreichen Ehrungen war auch die Ehrung zum Bürger der Stadt Wien. Wir werden sie niemals vergessen.

 

Hohes Haus! Heute ist der 28. Jänner 2005. Gestern, am 27. Jänner 2005, vor 60 Jahren, wurde das schrecklichste der Vernichtungslager Nazi-Deutschlands, Auschwitz, durch die sowjetische Rote Armee befreit. Unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen haben nahezu 30 Staats- und Regierungschefs sowie Delegationen aus 44 Ländern gestern in einer Gedenkfeier an die Gräuel des Todeslagers, aber auch an den Jahrestag der Befreiung erinnert. Wir wissen, dass in diesem Vernichtungslager noch Stunden vor der Befreiung die Mordmaschine perfekt funktioniert hat und auch Österreicher gehenkt wurden.

 

Ich muss heute in diesem Kreis nicht die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis herbeirufen, aber lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einmal ausnahmsweise eine nichtösterreichische Zeitung, die "Berliner Zeitung", zitieren:

 

„Am 27. Jänner 1945 betreten sowjetische Soldaten das Lager Auschwitz/Birkenau. Einige der Überlebenden stehen am Stacheldraht, als die Soldaten kommen, bei fast 20 Grad minus. Etwa 7 000 Menschen, ausgehungert, sind im Lager zurückgeblieben. 58 000 wurden auf Todesmärschen westwärts getrieben. Die sowjetischen Soldaten finden 7 Tonnen Frauenhaare der Opfer, verschnürt in Säcken. Sie finden 348 820 Männeranzüge und 836 525 Frauenkleider in einer Baracke, ein Rest.

 

Sie sehen Hunderte Leichen auf dem Gelände liegen. Auch das ist ein Rest. Eineinhalb Millionen Menschen wurden in Auschwitz ermordet. Auschwitz, das ist der größte Friedhof auf der ganzen Welt, sagt Kurt Goldstein, 90 Jahre alt, ein Überlebender."

 

Erich Kästner schrieb im Februar 1946 einen Satz, der immer noch gilt, nach all der Zeit: „Was in den Lagern geschah, ist so fürchterlich, dass man darüber nicht schweigen darf und nicht sprechen kann."

 

Ich habe heute kurz davon gesprochen, und ich glaube, es wäre sehr passend, in einer kurzen Minute des Gedenkens sich der Opfer zu erinnern und zu schwören: So etwas darf sich nicht wiederholen! – Ich darf Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben. (Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen und verharren in einer stillen Gedenkminute.)

 

Ich danke. – Ich muss Sie aber bitten, stehen zu bleiben, denn mit Entsetzen habe ich vor wenigen Minuten die bittere Nachricht vernommen, dass der frühere Landtagsabgeordnete und Gemeinderat und jetzige Bezirksvorsteher des 22. Bezirkes, Franz-Karl Effenberg, heute Nacht verstorben ist.

 

Wir wussten, dass er seit einiger Zeit leider gesundheitliche Probleme hatte. Wir hätten jedoch nicht angenommen und geglaubt, dass er diesen für ihn so wichtigen Lebenskampf jetzt verlieren würde, noch dazu, wo wir alle den Eindruck hatten, dass die schwierigste Phase im Bereich seiner Gesundheit in den letzten Wochen vielleicht doch überwunden werden konnte. Noch dazu ist es bitter, wenn man weiß, dass er 1948 geboren ist und dieses Ableben weit, weit vor der Zeit erfolgt.

 

Franz-Karl Effenberg wurde im Dezember 1991 Abgeordneter dieses Hohen Hauses und im Jänner 1998 Bezirksvorsteher in seinem Bezirk. In beiden Aufgaben war er überaus erfolgreich, angesehen und mit vielen Aktivitäten bemerkenswert.

 

Unsere Gedanken gehören in dieser Stunde seiner Familie, der wir nicht Trost spenden können, das ist nicht möglich in so einer Zeit, aber die wissen soll, dass er in unserem Herzen fest verbunden ist. Er wird uns

 

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