Landtag,
27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 66
sondern mit 46 Prozent. Das ist eine deutliche
Verschärfung, die genau durch dieses ungerechte Wahlrecht eintritt. (Abg Godwin Schuster: Was hat das mit Tirol
zu tun?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir uns
erwartet haben, ist dass auch der Konvent dazu genutzt wird, um hier die
Strukturen zu verändern. Hier wäre ein Blick auf die Situation in den deutschen
Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen angebracht. Berlins Bürgermeister
Wowereit ist ja bestens vertraut. Ein Gespräch mit ihm hätte vielleicht
genützt, um zu sehen, wie dort die Strukturen sind: Dass es dort
selbstverständlich ist, dass das Berliner Abgeordnetenhaus alle Rechte hat, die
ein Landtag hat, alle Rechte, die ein Parlament hat. - Das ist hier nicht der
Fall. Daran hängt natürlich auch der unabhängige Rechnungshof, der ja heute
auch von meinem Kollegen Prochaska schon einmal hier ein-gemahnt wurde.
Herr Landeshauptmann! Diese Legislaturperiode geht
spätestens in einem Jahr zu Ende. Das heißt, es ist der richtige Zeitpunkt,
dass wir alle Schritte setzen, damit ein faires, gerechtes Wahlrecht kommt. Und
um das geht es uns! (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Landeshauptmann! Es ist doch eine
Legislaturperiode gewesen, in der es, im Gegensatz zu den letzten, keine
Schritte zu einer weiteren Dezentralisierung gegeben hat, in der es keine
Gespräche der Bezirksvorsteher - und zwar gleichgültig, welcher Fraktion -
gegeben hat, wo das eine oder andere in Bürgernähe, das heißt von den Bezirken,
erledigt werden sollte. Auch das mahnen wir an dieser Stelle ein; wir werden
dazu einen entsprechenden Antrag einbringen.
Herr Landeshauptmann! Ein Thema war schon Gegenstand
Ihrer Regierungserklärung, nämlich das Thema Zweitwohnsitzer, Wahlrecht für
Zweitwohnsitzer in Wien. Geschehen ist seither nichts. Es hat keinen Entwurf
der SPÖ dazu gegeben, keinen Entwurf auch von Seiten der Regierung, keinen
Ansatz, hier etwas zu ändern. Möglicherweise ist das so zu erklären, dass das
aus einer anderen Zeit stammte, aus der Zeit, in der wir noch das Wort "Demut"
gehört haben. Nur: Jetzt ist es halt bequemer, so zu regieren, alles beim Alten
zu lassen, die fast monarchischen Strukturen zu erhalten und zu kultivieren.
Das ist bequemer, das ist keine Frage, aber das ist nicht jenes Verständnis von
Mitbestimmung, von Demokratie, das wir uns im Jahr 2005 zu Recht von
dieser Stadt, von den Institutionen dieser Stadt und vor allem von ihren
Repräsentanten erwarten können. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegen
Wolfgang Aigner und Wolfgang Ulm werden diesbezüglich Anträge einbringen. Ich
weiß schon, dass der Landeshauptmann von Wien eine völlig andere Rolle spielt
als die anderen 8 Landeshauptleute beziehungsweise als der Bundeskanzler. Sie
alle haben ein Ressort - das hat der Wiener Bürgermeister nicht. Und was diese
besondere Stellung betrifft, die der Wiener Bürgermeister hat - die leider
nicht in Frage gestellt wird (Ironische Heiterkeit bei Lhptm Dr Michael
Häupl.), die auch nicht im Rahmen des Konvents diskutiert wurde, die ein
bisschen ein Abgehen von dem ist, was eben die Strukturen des
19. Jahrhunderts gewesen sind –, so ist hier leider kein Schritt gesetzt
worden.
Wenn in einem Zeitungsartikel von zwei SPÖ-Gemeinderäten
davon die Rede ist, dass ja diese Form der Rechtsstellung des Bürgermeisters
Ausdruck dafür ist, dass er ein besonderes Kontrollorgan ist, dass er alles
irgendwie überwacht, dann frage ich mich: Wo war das beispielsweise im
Zusammenhang mit Lainz? - Die Verantwortung ist ja dann doch bei der zuständigen
Stadträtin gelegen! Was ist dieser Überkontrollor-Landeshauptmann, dieser
Überkontrollor-Bürgermeister? Oder ist es so, wie es seinerzeit war, als eben
der Kaiser letztlich etwas genehmigt oder für gut befunden hat? - Das
entspricht nicht unserem Verständnis von einer modernen Demokratie! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten den
Zeitpunkt nutzen, um das Wahlrecht moderner und vor allem auch gerechter zu
machen. Wir haben einen diesbezüglichen Antrag vorbereitet, und wir sollten uns
hier an dem orientieren (Abg Harry
Kopietz: Was die Bundesregierung macht!), was seinerzeit auch die SPÖ im
Nationalrat gemacht hat.
Es gab zum Beispiel einmal einen Landeshauptmann von Wien
- es war Leopold Gratz -, der angekündigt hat, dass hier ein proportionales
Wahlrecht geschaffen wird, nur ist er dann eben von seinen eigenen Funktionären
daran gehindert worden.
Meine Damen und Herren! Schauen Sie, dass das
geschieht, was notwendig ist, dass ein gerechteres Wahlrecht kommt und dass
außerdem die Briefwahl kommt! Es ist nicht einzusehen, dass es bei Wiener
Landtagswahlen nicht einmal möglich ist, in Schwechat oder in Purkersdorf zu
wählen, dass sehr wohl aber für Niederösterreicher - und da kann man sich
Niederösterreich zum Vorbild nehmen - bei einem anderen Wahlrecht die
Möglichkeit besteht, dass jeder von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Nehmen Sie
sich ein Beispiel am niederösterreichischen System! Wir fordern das
Briefwahlrecht! (Beifall bei der ÖVP.)
Worum es uns geht, ist dass ein Demokratieschub, so
wie er vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPÖ und seinem von seinen
Gnaden abhängenden Bundesvorsitzenden verlangt worden ist, auch für Wien kommt.
Dieser Demokratieschub würde bedeuten, dass nicht länger eine Partei mit
46 Prozent an Stimmen 52 Prozent der Mandate und 100 Prozent der
Macht innehaben und einen Großteil der Verfassung ändern kann. Dieses System
ist unfair, undemokratisch und nicht dem Jahr 2005 entsprechend. Jetzt
haben wir die Gelegenheit, rechtzeitig vor den nächsten Wiener
Gemeinderatswahlen die richtigen Schritte zu setzen! (Beifall bei der ÖVP. –
Abg Harry Kopietz: Das war eine "sprühende" Rede!)
Präsidentin
Erika Stubenvoll: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat
sich der Herr Landeshauptmann zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr
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