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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 66

 

Klubobmann! Nachdem ich heute schon einmal geäußert habe, dass das Fragerecht auch hier im Landtag auf den Landeshauptmann - und im Gemeinderat auf den Bürgermeister - konzentriert ist, und nicht auf den SPÖ-Funktionär, der jetzt ganz offenkundig auch wieder angesprochen wurde, will ich trotzdem meine Meinung dazu äußern. Ich habe auch in der Vergangenheit damit nicht hinter dem Berg gehalten und sehe auch gar keine Veranlassung dazu.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Verhältniswahlrecht in uneingeschränkter Form wäre dann möglich, wenn es keine regionale Untergliederung in Wahlkreise gäbe. Eine Änderung dieser Einteilung, mit der die spezifischen regionalen Interessen bei der Nominierung berücksichtigt werden, wird aber sicherlich von keiner Partei ernsthaft in Erwägung gezogen.

 

Notwendig mit dem Verhältniswahlrecht verknüpft ist die Festlegung einer Wahlzahl. Der Vergleich der Wahlordnungen der Bundesländer - und so gesehen, haben Sie richtig getippt - hat ergeben, dass die Bundesländer Wien, Kärnten, Steiermark und Vorarlberg die Ermittlung der Wahlzahl für das erste Ermittlungsverfahren nach dem System Hagenbach-Bischoff durchführen. Das zweite Ermittlungsverfahren nach dem d'Hondtschen System wird, ausgehend von den Reststimmen des gesamten Wahlgebietes, neben Wien von den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Steiermark, Tirol und Vorarlberg angewendet. Lediglich die Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg gehen im zweiten Ermittlungsverfahren analog zur Nationalrats-Wahlordnung 1992 nicht von den Reststimmen, sondern von den Gesamtstimmen im Bundesland bei der Zuteilung der Restmandate nach dem d'Hondtschen Ermittlungsverfahren aus.

 

Aus diesem Ländervergleich ergibt sich, dass Wien keine größeren Abweichungen zwischen Stimmen- und Mandatsstand als andere Bundesländer hat. Auch durch die Regelungen über ein Grundmandat und/oder Prozentklauseln für Kleinparteien ergeben sich Abweichungen zwischen Stimmen- und Mandatsstand. Das Verhältniswahlrecht könnte zu einer Zersplitterung im Vertretungskörper führen. Die Bundesländer Burgenland, Tirol, Salzburg und Vorarlberg haben die gleiche Regelung wie Wien für die Teilnahme von Kleinparteien am zweiten Ermittlungsverfahren, nämlich das Erreichen eines Grundmandats im ersten Ermittlungsverfahren oder mindestens 5 Prozent der Stimmen des gesamten Bundeslandes. Die Wahlordnungen der Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich normieren eine 4-Prozent-Klausel. Die Wahlordnungen der Bundesländer Kärnten und Steiermark fordern ein Grundmandat. Der Verfassungsgerichtshof hat die Zulässigkeit der Sperrwirkung der 5-Prozent-Klausel gegenüber Kleinparteien für die Tiroler Landtagswahlordnung ausdrücklich bestätigt. Die Niederösterreichische Landtagswahlordnung sieht eine 4-Prozent-Klausel vor, kennt jedoch nicht, so wie Wien, die Alternative des erreichten Grundmandats.

 

Zusätzlich wird in der Wiener Gemeindewahlordnung im Vergleich zu Niederösterreich bei fast gleicher Bevölkerungszahl im Zuge der Festlegung der Zahl der zu wählenden Abgeordneten nur ein wesentlich leichterer Zugang zu einem Mandat normiert.

 

Auf Grund dieser Vergleiche der Wahlvorschriften aller übrigen Bundesländer hat Wien jedenfalls ein ebenso faires Verhältniswahlrecht wie alle anderen Bundesländer normiert. Weiters gibt es in keinem Bundesland eine mathematische Proportionalität zwischen den abgegebenen Stimmen und den Mandaten. Als Beispiel darf hier das Ergebnis der niederösterreichischen Landtagswahl von 1998 angeführt werden, bei welcher die ÖVP mit 44,87 Prozent der Stimmen 48,2 Prozent der Mandate erlangt hat.

 

Ich kann Ihnen auch nicht ersparen, mich mit einem höchst aktuellen und wirklich mehrheitsfördernden Wahlrecht auseinander zu setzen, nämlich dem Wahlrecht der Wiener Wirtschaftskammer, wo bei der letzten Wahl bei 50,9 Prozent der Stimmen 64 Prozent der Mandate für den Wirtschaftsbund erreicht wurden. (Oh!-Rufe bei der SPÖ. – Abg Harry Kopietz: Oh weh! - Heiterkeit bei StR David Ellensohn. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Ich sehe daher in Wien ein tatsächlich faires und gerechtes Wahlsystem und keine Notwendigkeit für eine Änderung der Gemeindewahlordnung 1996.

 

Ich habe bereits in der Landtagssitzung vom 25. September 2002 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für meine Fraktion die Einführung des Wahlrechts für nicht EU-BürgerInnen mit verfestigtem Hauptwohnsitz in Wien auf Bezirksvertretungsebene Priorität hat und wir uns auch weiterhin auf Bundesebene mit Nachdruck für eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung einsetzen - nun übrigens gemeinsam mit der Steiermark, deren Landtag vorletzte Woche auch mit den Stimmen Ihrer Fraktion demselben Anliegen die Zustimmung erteilt hat.

 

Auch die Einführung des aktiven Wahlrechts ab dem 16. Lebensjahr betreffend Bezirksvertretungs-, Gemeinderats- und Landtagswahlen, das von Ihrer Fraktion nicht mitgetragen wurde, hat für die Wiener SPÖ Priorität.

 

Ungeachtet dieser Prioritäten haben wir intensive rechtliche Prüfungen zum Wahlrecht für Zweitwohnsitzer durch die Wahlrechtsabteilung vornehmen lassen. Diese haben ergeben, dass der Verfassungsgerichtshof bereits im Jahr 1997 zur burgenländischen Gemeindewahlordnung ausgesprochen hat, dass es bei der Einräumung des Wahlrechts für Zweitwohnsitzer keine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung für Personen mit Hauptwohnsitz im betroffenen oder in einem anderen Bundesland gibt.

 

Für Wien bedeutet das, dass aus gleichheitsrechtlichen Gründen Bürgerinnen und Bürger mit weiterem Wohnsitz in mehreren Wiener Bezirken auch zu jeder Bezirksvertretung das Wahlrecht einzuräumen wäre. Dies stellt zweifelsohne ein Problem dar und muss ausgeräumt werden - bei allem grundsätzlichen Bekenntnis dazu.

 

Ihre Behauptung - auch in Ihrem Antrag -, wonach die SPÖ die Einführung der Briefwahl blockiere, stimmt überhaupt nicht. Die SPÖ ist nur gegen eine solche Form der Briefwahl, bei der die nach dem Homogenitätsprinzip

 

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