Landtag,
30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 64
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. Wir kommen zur 1. Zusatzfrage: Herr Abg Juznic.
Abg Peter Juznic
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Herr Landshauptmann-Stellvertreter!
Wie schätzen Sie die Chancen für eine Realisierung
der österreichischen Stromlösung ein?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Ich bitte
um Beantwortung.
LhptmSt Dr Sepp Rieder: Herr Abgeordneter!
Ich schließe eigentlich einen energiepolitischen
nationalen Selbstmordakt – und das wäre ein Scheitern der österreichischen
Stromlösung – aus. Ich stütze mich dabei auch auf Erklärungen von Bundesseite.
Es wäre wirklich verantwortungslos, würden wir dem enormen
Konzentrationsprozess – jeder kann das in den europäischen Tageszeitungen
nachlesen –, der im europäischen Strommarkt Tag für Tag stattfindet, tatenlos
zusehen, als wären wir quasi als Insel der Seligen in diesem Bereich
exterritorial.
Es wäre aber auch verantwortungslos angesichts der
Tatsache, dass bereits am 8. November 2002 mit der Paraphierung des
Konsortialvertrages durch die Verbundvorstände und durch die Eigentümervertreter
die so genannte österreichische Stromlösung innerstaatlich irreversibel
geworden ist.
Es ist drittens auch darauf hinzuweisen, dass die
Energie Austria, also die österreichische Stromlösung, am
11. Juni 2003 von der Europäischen Kommission abgesegnet worden ist
und dass die dabei erteilten Auflagen bereits erfüllt worden sind.
Also das heißt, wir befinden uns in einem Stadium, wo
bereits paraphiert wurde, wo die Europäische Union bereits um Prüfung der
Wettbewerbssituation ersucht worden ist und diese positiv festgestellt hat, die
Stromlösung ist gerade in der europäischen Entwicklung zu akzeptieren. Zudem
sind die Auflagen, die damals erteilt worden sind, erfüllt worden.
Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass
wir das so akzeptieren würden – ich denke immer nur daran, wenn mir das
passieren würde –, dass Vorstandsdirektoren permanent auf der Nase des
zuständigen Ministers herumtanzen. Er, nämlich Bartenstein, erklärt in einer
Pressekonferenz, er steht zur Stromlösung, zwei Tage später sagt einer der
Vorstandsdirektoren, nein, so ist das nicht. Wenn sich das in Wien abspielte,
kann ich mir vorstellen, was hier im Landtag für eine Aufregung herrschte. Also
ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Situation aufrechterhalten wird.
Sie führt ja auch zu einer merkwürdigen Einschätzung
der Rolle des Energieministers. Denn entweder hat er seine Unternehmungen nicht
im Griff – und ich füge hinzu, mehr als 50 Prozent sind öffentlicher
Aktienbesitz der Republik, 30 Prozent sind öffentlicher Aktienbesitz in
den Landesgesellschaften, da bleibt für den privaten Aktienmarkt relativ wenig
übrig und da gibt es auch vom Aktiengesetz nichts her, dass die
Vorstandsdirektoren einen eigenständig Kurs fahren –, also entweder, muss man
sagen, ist es ein Doppelspiel des Wirtschaftsministers oder er ist wirklich
nicht in der Lage, seinen Verbund im Griff zu halten.
Ich gehe davon aus, dass wir sehr rasch vor dem
Sommer, wie es die Zusage Bartensteins jetzt letztlich ist, zu einem Abschluss
und zur endgültigen Fertigstellung der Energie Austria kommen werden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. – Die 2. Zusatzfrage: Herr Abg Dr Serles.
Abg Dr Wilfried Serles (Bündnis
Zukunft Wien – die Stadtpartei): Herr Finanzstadtrat!
Ich bewundere Sie immer wieder auf Grund Ihrer
Fähigkeit, selbst solche profanen Themen wie die österreichische Stromlösung
mit einer ideologischen Aura zu versehen. Denn die Argumente, die Sie da
genannt haben, nämlich keine Kernkraft in Österreich, die Belieferung durch
Wasserkraft und die bösen Ausländer, die man draußen halten soll aus dem
österreichischen Markt, das waren aus meiner Sicht ideologische Argumente, und
ich teile Ihre Einschätzung überhaupt nicht.
Wir stehen doch in Wahrheit, wenn man den heimischen Energiemarkt
betrachtet, vor kartellähnlichen Zuständen. Wir leiden unter einem Mangel an
Wettbewerb, und die Zeche zahlen nicht zuletzt alle Strombezieher, alle
Stromkonsumenten, und ich frage mich eigentlich, Herr Finanzstadtrat, warum Sie
nicht schon längst einem verschärften Wettbewerb in diesem Bereich das Wort
geredet haben, um damit vor allem auch zu erreichen, dass die vielen kleinen
Konsumenten, die vielen kleinen Mieter und Mieterinnen in Wien tatsächlich für
ihren Strom in Wien weniger zahlen, als sie das zur Zeit tun.
Ich frage Sie daher, Herr Finanzstadtrat: Welche
Instrumente können Sie sich vorstellen, um am Energiemarkt zu einer Belebung
des Wettbewerbs und damit mittelfristig zu niedrigeren Strompreisen zu
gelangen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann-Stellvertreter, bitte.
LhptmSt Dr Sepp Rieder: Herr Abgeordneter!
Ich glaube, es wäre ganz gut, sich in Erinnerung zu
rufen, was am Beginn der Diskussion über die österreichische Stromlösung im
Jahr 2001 gestanden ist. Ich darf, Frau Vorsitzende, aus einer Presseerklärung
vom 9. Juli 2001 zitieren, worin nämlich der Bundeskanzler, der ein
Jahr später die österreichische Stromlösung bejubelt hat, etwas anderes
bejubelt hat, nämlich als Stärkung des Standortes als Wasserkraftproduzent die
Übernahme der Verbundgesellschaft durch EON.
Ich kenne auch eine zweite Erklärung des
Bundesministers Bartenstein von etwas später, worin noch immer an der Übernahme
der Verbundgesellschaft durch EON festgehalten worden ist.
Was heißt das? Das von Ihnen
weggewischte ideologische Argument, uns kann ja nichts passieren, ist eine
reine Illusion, die wahrscheinlich nur von Ihnen oder Ihrer Fraktion geteilt
wird, denn man muss davon ausgehen, dass natürlich eine Reihe von
internationalen Konzernen, die das ja auch in anderen Bundesland-Gesellschaften
getan haben – etwa in Kärnten oder in der Steiermark mit den Konsequenzen, die
man ja in der Steiermark auch sehen kann –, natürlich darauf aus sind, die
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