Landtag,
30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 64
Herr
Klubobmann, ist man befreit! (Abg Christian Oxonitsch: Das glauben Sie ja
selber nicht!) Dann sieht man nämlich, dass 98 Prozent der Kranken
natürlich diesen Selbstbehalt zahlen müssen, dass 98 Prozent der Kranken -
alle, die mehr als 650 EUR verdienen - natürlich von der Politik der Stadt
getroffen werden. Nicht einmal die zwei oder drei Prozent Sozialhilfeempfänger
sind befreit, nein: Sogar die Sozialhilfeempfänger müssen den alten Beitrag in
der Höhe von 8 EUR bezahlen!
Herr Kollege Hundstorfer! Ich meine, auch die
Hinweise auf die Maßnahmen der Regierung beziehungsweise die Hinweise darauf,
dass die Wiener Gebietskrankenkasse jetzt selbst neue Selbstbehalte einführt,
bringen uns da nicht weiter. Ja, ich gebe allen Rednern, die auch das heute
kritisiert haben, Recht, aber in diesem Haus ist nicht die Bundesregierung
verantwortlich, Frau Kollegin. In diesem Haus ist immer noch die sozialistische
Mehrheit verantwortlich, da sind Sie verantwortlich! (Beifall bei der FPÖ.)
Frau
Stadträtin, Sie haben das vor einem halben Jahr eben noch abgelehnt, Sie haben
das aus Ihrer Überzeugung heraus abgelehnt, und ich darf Sie wörtlich zitieren:
Sie haben vor einem halben Jahr gemeint, dass das nicht mit
sozialdemokratischen Grundsätzen vereinbar ist!
Frau Stadträtin! Sie haben heute auch in der
Fragestunde wieder von Ihrer sozialen Verantwortung gesprochen. Sie haben davon
gesprochen, dass alle ausgenommen seien, die es sich nicht leisten können, aber
ich frage Sie: Ist das Ihre soziale Verantwortung, dass Sozialpassinhaber
weiter 8 EUR pro Tag im Spital zahlen müssen - 8 EUR für Sozialhilfeempfänger?
Oder: Ist das Ihre soziale Verantwortung, davon auszugehen, dass jemand mit
660 EUR bereits wohlhabend ist, wie Sie das heute gemeint haben? Dass
jemand mit 660 EUR, also 9 000 Schilling im Monat, laut Kollegin
Brauner schon ein höheres Einkommen hat und seine 10 EUR, den erhöhten
Beitrag, selbstverständlich leisten kann - ist das wirklich Ihre soziale
Verantwortung?
Ich meine daher, Frau Stadträtin, Ihre so genannte
soziale Staffelung, auf die Sie so sehr verwiesen haben, ist in Wahrheit
eigentlich eine Augenauswischerei. Ich fordere Sie daher auf: Verraten Sie doch
nicht Ihre eigenen Grundsätze, und nehmen Sie diesen heutigen Gesetzentwurf
zurück! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Es liegt mir keine
weitere Wortmeldung vor. Daher sind die Verhandlungen geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank für die ausführliche Debatte. Im Großen
und Ganzen, denke ich, war das eine sehr grundsatzorientierte Debatte. Mit
einigen wenigen Ausnahmen haben wir Fragen diskutiert, die uns alle in Zukunft
noch sehr intensiv befassen werden: Die Struktur unseres Gesundheitswesens,
welche Finanzierungsmöglichkeiten wir haben. Bei allen unterschiedlichen
Auffassungen, die wir hiezu haben, glaube ich, dass das eine wichtige
Diskussion ist, die sicher nicht zu Ende ist, denn ich glaube, die Fragen: Wie
können wir unser Gesundheitswesen in Zukunft finanzieren?, Wie können wir dafür
sorgen, dass der medizinisch-technische Fortschritt allen zugute kommt, dass
wir unser solidarisches Prinzip der Finanzierung beibehalten?, Wie kann das in
einer sich immer rascher wandelnden Gesellschaft auch als Prinzip durchgehalten
werden?, sind eine, wenn nicht die - ich mag da ein wenig von der Sicht des
Ressorts geprägt sein, aber ich würde fast sagen, sie sind die Herausforderung, vor der wir alle stehen, die in vielen Fragen
- und deswegen ist es wohl auch kein Zufall, dass wir jetzt auch in eine
bundespolitische Debatte geraten sind - natürlich weit über die Möglichkeiten,
die die Kommunalpolitik hat, hinausgeht.
Ich bedanke mich für diese Debatte - auch wenn sie in
vielen Fragen sehr kontroversiell war und wenn wir in vielen Fragen
unterschiedlicher Meinung sind -, weil ich glaube, dass diese Diskussion
notwendig ist, sowohl auf bundespolitischer Ebene, aber natürlich auch hier auf
Wiener Ebene, denn Wien ist keine Insel - wenn wir auch manchmal als
"Insel der Seligen" bezeichnet werden, so wissen wir doch, dass das
nicht so ist -: Natürlich haben die bundespolitischen Bestimmungen auch
Auswirkungen auf uns.
Umso mehr bedauere ich es, dass es in dieser Diskussion - abgesehen von den bekannten Zwischenrufen des Herrn Blind - eine, wenngleich eigentlich nur eine einzige, Rednerin gegeben hat, die eine Ausnahme insofern bildete, als sie sich nicht in diese inhaltliche Auseinandersetzung eingemengt hat, und die sich leider nicht an dieser inhaltlichen Debatte beteiligt hat. Ich bedauere es sehr, dass diese Debatte von Kollegin Pilz dazu benutzt wurde, um ein völlig anderes Thema anzusprechen. Es geht mir nicht darum, dass ich kritisiere, dass es angesprochen wurde - als Politikerin muss man sich auf allen Ebenen allen Diskussionen stellen -, sondern ich kritisiere, wie es angesprochen wurde. Denn, Frau Dr Pilz, gerade in Bezug auf ein solches Thema undifferenziert und unsachlich zu argumentieren, macht die Sache auch nicht besser, so etwa, wenn man diese Vorwürfe immer wieder wiederholt und wenn man alte und neue Berichte durcheinander bringt, behördliche Kontrollen und strafrechtliche Vorwürfe durcheinander bringt, oder auch verschiedene Maßnahmen. Ich will Ihnen jetzt gar nicht unterstellen, dass das bewusst erfolgt, denn das wäre so ein schlimmer Vorwurf, dass ich - ich - mich auf dieses Niveau nicht begebe. Ich will Ihnen also gar nicht unterstellen, dass Sie das absichtlich gemacht haben; Tatsache ist, dass genau das passiert ist.
Ich bedanke mich daher bei allen
anderen - und ich sage sehr bewusst, "allen" -, dass sie sich gerade
bei diesem so komplexen und schwierigen Thema der Versorgung älterer Menschen,
das uns alle auch emotional so sehr bewegt und wo wir uns auch moralisch alle
sehr angesprochen fühlen, nicht in dieser Form an der Diskussion beteiligt
haben. Denn ich gehe immer noch davon aus - wenn ich auch heute von einer
Ausnahme sprechen muss -, dass wir alle miteinander versuchen,
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