Landtag,
3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 78
österreichischer Unternehmen zeigen. Ich glaube, das
ist eigentlich die Stoßrichtung, nicht Angst zu haben, sondern die Chancen mit
beiden Händen anzugreifen. Das sollten wir uns vornehmen! (Beifall bei der
ÖVP.)
Wenn man Grenzen öffnet, bieten sich Chancen. Es
kommen natürlich auch gewisse Einflüsse, die sich vielleicht negativ auswirken
können, herein, aber insgesamt überwiegt das Positive. Wir alle wollen uns ja
nicht die Zeit des Eisernen Vorhangs zurückwünschen. Natürlich waren die
Grenzen sicher, als der Stacheldraht und die Todeszone da waren, aber das ist
ein Zustand, den wir jahrzehntelang beklagt haben und wo wir uns glücklich
schätzen durften, dass wir auf der richtigen Seite des Stacheldrahts gewesen
sind. Die anderen waren eigentlich auf der falschen Seite und sind über viele
Jahrzehnte ihrer Lebenschancen beraubt worden.
In der Wirtschaft ist das natürlich genau so. Wenn
sich jetzt der Flughafen Wien um den Flughafen Preßburg bewirbt, dann erwarten
wir uns auch, dass wir dort fair und fernab nationalistischer Zwischentöne
behandelt werden. Ich sage ehrlich, es ist mir lieber, unser Flughafen kauft
den, als wir werden von Frankfurt geschluckt und werden dann sozusagen nur mehr
ein Zubringerservice für die großen deutschen Flughäfen, für München, oder auch
für Zürich. Genauso muss man natürlich auch den anderen Chancen geben, sich bei
uns zu entfalten. Das ist nun einmal so.
Oder Beispiel Bankenwelt: Ich meine, wir haben hier
zwei ganz verschiedene Konzeptionen, die der Gemeinde Wien eher nahe stehen.
Die ehemalige Zentralsparkasse, Länderbank, Bank Austria sind geschluckt worden
und jetzt kann man zuschauen, wie sie filetiert werden. Die Erste
Oesterreichische Sparkasse hat sich heimlich still und leise nicht als
Globalplayer, aber doch als europäischer Player profiliert, hat das auch nur
durch die Gewinne, die sie jetzt in den neuen EU-Staaten macht, tun können und
sichert dadurch die Arbeitsplätze in Österreich, weil es einen Kapitalmarkt
gibt, weil es gewisse wirtschaftliche Freiheiten gibt, weil es eine Fairness
gibt. (Beifall bei der ÖVP.)
Mir ist lieber, die OMV kauft sich in Rumänien und so
weiter ein, als die OMV wird von Shell oder British Petrol geschluckt. Auch
damit muss man rechnen. Sie sehen an Hand dieser Beispiele, es sind auch
prominente Manager aus Ihrem politischen Lager tätig. Auch Hannes Androsch
steht Ihnen nicht so fern und hat vom Binnenmarkt sehr profitiert.
In diesem Zusammenhang muss man natürlich auch die
Debatte um die Dienstleistungsrichtlinie sehen. Selbstverständlich darf das
kein Mittel sein, und das ist auch ganz klar von Schüssel, Bartenstein, aber
auch von den europäischen Fraktionen im Parlament dargelegt worden, wo bitte
auch Sozialdemokraten sitzen, denn es gibt auch viele sozialdemokratische
Regierungschefs. Ich höre immer nur kritische Worte in Richtung Wolfgang
Schüssel, aber zu Tony Blair habe ich eigentlich noch nichts gehört und der
vertritt bei Gott kein Konzept der sozialen Marktwirtschaft, sondern das ist halt
der amerikanische Kapitalismus, der auch seinen Platz haben soll. Aber
letztendlich sitzen Sie mit den Genossen aus London in einer Fraktion. Also
schauen Sie schon auch ein bisschen dahin gehend. Gerhard Schröder wurde auch
eher als Genosse der Bosse bezeichnet und so weiter. Also so viele soziale
Ansätze hat man auf europäischer Ebene nicht vernehmen können. Dieses Schema,
da sind die bösen Christdemokraten, die gleich als die Epigonen des
Finanzkapitalismus dargestellt werden, und dort sind die braven
Sozialdemokraten, ist falsch. (StR Dr
Johannes Hahn: Die braven sind ja harmlos!) Auch Ihr Parteienspektrum ist
viel vielfältiger. (Beifall bei der ÖVP.)
In diesem Sinne haben wir ein gemeinsames Anliegen.
Ich glaube, die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer, die wir hier zu
vertreten haben, sind schon sehr gut abgesichert. Dienstleistungsrichtlinie hin
oder her, es gilt nach wie vor die Entsenderichtlinie, die die österreichischen
arbeitsrechtlichen Standards ohnehin festschreibt. Diese wurde 1996, also in
der Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung, unter einem sozialdemokratischen Arbeits-
und Sozialminister beschlossen. Daran ändert sich ja nichts. Das heißt, haben
wir nicht Angst vor den Freiheiten, sondern nützen wir die Freiheiten zu
unserem Vorteil! Aber haben wir auch Verständnis dafür, dass andere Länder ihre
Vorteile uns gegenüber natürlich entsprechend ausspielen! Das ist sozusagen der
Spagat, den man erreichen muss, aber Österreich hat bewiesen, dass wir uns
eigentlich in diesem Wettbewerbsumfeld mehr als gut zurechtfinden.
Meine Damen und Herren, ein paar
Worte noch zum Mindestlohn: Ein gesetzlicher Mindestlohn widerspricht doch
unserem traditionellen Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, dass sich der
Staat, der Gesetzgeber, aus der Lohnpolitik möglichst herauszuhalten hat, dass
das eine Sache der Sozialpartner ist. Es gibt auch in den USA einen
Mindestlohn, nur ist der so niedrig, dass eigentlich die Betroffenen, die von
diesem Mindestlohn leben müssen, ohnehin nicht viel haben. Wir sind in
Österreich immer gut damit gefahren, dass Mindestlöhne Sache der Gewerkschaft
und Sache der Arbeitgeberverbände sind. (Abg Christian Oxonitsch: Da geht es
um Standards von Mindestlöhnen!) - Das mit den Standards ist natürlich so
eine Sache. Es gibt keinen europäischen Gesetzgeber. Deswegen ist es auch
schwierig, einen europäischen Mindestlohn festzusetzen. (Abg Christian Oxonitsch: Nur Standards!) Es sind einfach auch die
Lohn- und damit die Preisverhältnisse in den verschiedenen Ländern
unterschiedlich. (Abg Christian
Oxonitsch: Es geht um Standards für Arbeitnehmer!) Der Lohn allein ist es
nicht. Der Lohn hat nur eine Funktion in Bezug zu einem Preisniveau. Wir haben
kein europaweit einheitliches Preisniveau. Deswegen geht die Forderung nach
einem gesetzlich oktroyierten Mindestlohn völlig ins Leere und vermittelt
Scheinsicherheiten. Das ist eine reine Scheinsicherheit, die niemandem etwas
hilft. Weil wo soll denn dieser Lohn liegen? Zwischen einem Lohn- und
Preisniveau in Polen oder in einem Hochlohnland wie Deutschland oder
Österreich? Wo soll hier ein gesetzlicher Lohn festgelegt werden? Das hat doch
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