Landtag,
3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 78
kommen kann, gab es ein Referendum zur EU-Verfassung,
ein nationalstaatliches Referendum wie es sich die Freiheitliche Partei für
Österreich wünscht. Wie es in den Niederlanden ausgegangen ist, wissen wir. Wie
es auch in Frankreich ausgegangen ist, wissen wir. (StR DDr Eduard Schock: Die Bevölkerung war gescheiter als Sie! Die
Bevölkerung ist schon weiter als Sie!) Deswegen sagen wir, eine so wichtige
Entscheidung wie eine EU-Verfassung nationalstaatlich abstimmen zu lassen,
bedeutet nationalstaatlich entscheiden zu lassen, was eine EU-Verfassung sein
soll, was aber eine Frage ist, die das gesamte Europa betrifft. (Abg Mag Wolfgang Jung: Dürfen die Leute das
anders sehen?) Wollen wir, dass das gemeinsame Europa gemeinsam über eine
Verfassung diskutiert und sich genau überlegt, was wir wollen? (Abg Mag Wolfgang Jung: Was hat das mit den
Bürgern zu tun?) Oder wollen wir, dass es jeder für sich einzeln
diskutiert? (Abg Mag Harald STEFAN: Wer ist
Europa?) Wir sind der Meinung, die europäischen Fragen müssen
gesamteuropäisch diskutiert werden, müssen jeder Europäerin und jedem Europäer
vorliegen, müssen gemeinsam entwickelt und diskutiert werden. Es ist auch
gescheiter. Wir müssen diskutieren, was wir in der Verfassung haben wollen und
was nicht. Aber eine Verfassung braucht es, denn ein Europa ohne Verfassung ist
schlechter als ein Europa mit Verfassung.
Deswegen stellen wir den Antrag: „Der Wiener Landtag
fordert den Herrn Bundeskanzler Dr Wolfgang Schüssel auf, im Rahmen seiner
Funktion als EU-Ratspräsident beim Gipfel des Europäischen Rats Mitte
Juni 2006, bei dem eine erste Bilanz über die europäische
Verfassungsdebatte gezogen werden soll, für die Verankerung eines europaweiten
Referendums im EU-Vertrag einzutreten."
Der Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat in seiner
Funktion als EU-Ratspräsident in seiner Rede vor dem EU-Parlament gesagt, er
möchte Mitte Juni eine Wegskizze, wie er das genannt hat. Er hat gleich gesagt,
das ist eine Road Map. Aber das ist eine nicht ganz klare Übersetzung, weil
Road Map ist ein Fahrplan und hat einen Ausgangspunkt, ein Ziel und einen
Zeitraster dazwischen, während eine Wegskizze nur etwas Ungefähres ist, wo man
noch nicht genau weiß, wohin es führt. Wir wollen eigentlich einen Fahrplan,
eine Road Map für eine EU-Verfassung und hoffen sehr, dass wir uns hier im
Landtag dazu entscheiden können, dass ein fixer Bestandteil dieser Road Map ein
EU-weites Referendum zur EU-Verfassung ist. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner. - Bitte.
Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren!
Vorab ist es einmal sehr erfreulich, dass wir uns mit
dem Thema "Europa, EU-Präsidentschaft, Zukunft des vereinten Europas"
in diesem Hohen Haus beschäftigen. Ich zolle auch dem Herrn Landeshauptmann
Respekt für seine wirklich staatstragende Rede und für die vielen Gedanken, die
er hier eingebracht hat, mit denen wir großteils durchaus konform gehen können.
Diesen Respekt, den ich dem Herrn Landeshauptmann
entgegenbringe, kann ich dem Kollegen Schieder in seiner doch sehr zynischen
und polemischen Art natürlich nicht zollen. Eines ist natürlich schon klar, ich
verstehe es als ÖVPler, dass es Sie, der Sie den Bundeskanzler so schlecht
behandelt haben, vor ein paar Jahren Sanktionen noch gutgeheißen und vielleicht
sogar initiiert haben, mit einem gewissen Neid erfüllen muss, dass der
Bundeskanzler startklar für Europa ist, während Ihr Parteivorsitzender aus den
Startlöchern in Österreich nicht herauskommt! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Dinge, die Sie hier dem Wolfgang Schüssel als
Hausaufgaben mitgegeben haben, stehen schon längst im Regierungsprogramm. Die
Wirtschaft schafft Arbeitsplätze. Die Wirtschaft ist die Basis für ein
Sozialsystem. Die Wirtschaft finanziert auch unsere soziale Marktwirtschaft.
Wir wollen natürlich gerade in dieser EU-Präsidentschaft unser erfolgreiches
österreichisches Modell auf der europäischen Ebene absichern und verwirklicht
wissen. Insofern sind solche Zurufe aus dem Inneren natürlich in einer
Präsidentschaft nicht sonderlich hilfreich (Abg
Mag Andreas Schieder: Doch Maulkorberlass!), weil die Außenvertretung ist
ganz wesentlich und deswegen ist es, glaube ich, gut, die Bundesregierung und
den Bundeskanzler und Ratsvorsitzenden in diesen Bestrebungen zu unterstützen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Gleichzeitig ist es schon etwas eigenartig, wie hier
die Rolle des Ratsvorsitzenden, der nur ein primus inter pares ist und daher
kein Super-EU-Präsident sein soll, dargestellt wird. Weil wir wollen alle hier
nicht unbedingt einen europäischen Superstaat und aus dem Ratsvorsitzenden
einen Superpräsidenten machen. Das ist Wolfgang Schüssel nicht und das ist auch
kein anderer Ratspräsident. Insofern tut es mir ein bisschen Leid, dass wir auf
der einen Seite die EU-Skepsis der Bevölkerung, die wir ernst nehmen müssen,
beklagen und gleichzeitig diese EU-Skepsis hier nicht zuletzt in einigen
Debattenbeiträgen und in einigen Anträgen sehr stark geschürt wird.
Meine Damen und Herren, mein
Vorredner Wolfgang Gerstl hat schon darauf hingewiesen, dass Europa einfach
mehr als nur ein kleinliches Groschenzählen ist. Europa ist ein
Friedensprojekt. Europa ist eine Erfolgsstory. Der Binnenmarkt hat sich gerade
für Österreich sehr gut ausgewirkt. Wenn man sich anschaut, wer denn von der
Osterweiterung wirtschaftlich am meisten profitiert hat, sind das gerade Länder
wie Österreich, die an der Grenze, die früher eine tote Grenze war, zu liegen
gekommen sind. Wir sind von einer Randlage in das Herz Europas gekommen. Der
Eiserne Vorhang ist abgebaut worden und unsere Unternehmen, da gilt wirklich
ein Lob unserer Wirtschaft, den Klein- und Mittelbetrieben, aber auch den
Großbetrieben, haben diese Herausforderungen nicht beklagt, haben sich nicht
gefürchtet, haben in diesem Projekt der Osterweiterung die Chancen gesehen und
haben die Risken in Kauf genommen. Ich werden Ihnen ein paar Beispiele für
diese Erfolge
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