Landtag,
12. Sitzung vom 21.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 71
Das glauben wir!) Aber sie war nicht allein, das
stimmt. Sie hat ja auch sehr wohl Herren zur Seite gehabt, die ihr assistierten
und wir haben hier gerade in diesem Haus auch mehrfach über die Verantwortung
diskutiert, nicht zuletzt auch über die des Wiener Landeshauptmannes und des
Finanzstadtrates, (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Genau!) die sehr
wohl bei den Finanzausgleichsverhandlungen hier nicht aufgepasst und offenbar
nicht verstanden haben, (Abg Dr Matthias Tschirf: Er hat unterschrieben!)
welchen Maßnahmen sie da ihre Zustimmung geben, und die da mitunterzeichnet
haben. Nichtsdestotrotz, die Pläne, die Einsparungspläne, gingen von Ihnen aus,
von Ihrer Regierung aus, von jener Regierung, in der die ÖVP gemeinsam mit der
FPÖ gesessen ist.
Und somit haben wir es eigentlich hier mit einer
Debatte zu tun, in der ich eigentlich erwartet hätte, dass sehr wohl die
anderen Fraktionen vielleicht so etwas wie ein Äutzerl, ja ein Äutzerl, einen
Hauch von Selbstkritik zeigen, damit wir auch erkennen, was sie von all dem
verstanden haben, was von all dem sie erkennen, dass es falsch gelaufen ist,
und was sie gedenken, künftig in irgendeiner Weise anders zu machen.
Ich kann nur feststellen, schlussendlich ist das
Produkt, über das wir diskutieren, nämlich nicht zuletzt das Wiener
Schulsystem, aber auch das österreichische Schulsystem, das Produkt einer sehr
langen Ära, in der einerseits ein Ideologiekrieg und ideologische Verkrustungen
stattgefunden haben, und andererseits Einsparungen schlussendlich dazu geführt
haben, was Sie jetzt schwarz auf weiß haben.
Und ich kann an dieser Stelle die „Wiener Zeitung“
zitieren, sie bringt es nämlich wunderbar auf den Punkt: „Integration gelingt
schlecht, die Förderung von Migrantenkindern in der Schule gelingt in
Österreich im Vergleich zu anderen Staaten eher schlecht. Demnach verfügen in
Österreich 14 Prozent der 15- bis 16-jährigen Zuwandererkinder, also der
ersten, noch nicht im Inland geborenen Generation und 13 Prozent der
zweiten Generation über eine Mathematikkompetenz, die nicht ausreicht, die
einfachsten Rechenaufgaben beim PISA-Test zu bewältigen.
Mit der Dauer des Aufenthalts der Familien werden die
Leistungen, im Unterschied zu den meisten anderen Staaten, kaum besser, in
Kanada sind es nur 3 Prozent der ersten Generation, in Australien sind es
nur 5 Prozent, in den Niederlanden nur 6 Prozent.“
Was lässt uns das in erster Linie erkennen? Zunächst
einmal, dass Zuwandererkinder in Österreich nicht eine angeborene Schwäche
haben, nicht im Rechnen, sie haben aber auch keine angeborene Schwäche im
Lesen, und es lässt uns auch erkennen, dass hier entweder das Schulsystem nicht
greift und diese Kinder im Stich lässt, es sei denn, wir würden annehmen, dass
wir durch irgendeine göttliche oder sonstige Fügung Zuwanderer nach Österreich
bekommen, die von Haus aus Kinder produzieren, die nicht lesen und nicht
rechnen können, während Kanada und Australien die guten Zuwandererkinder
bekommt. Ich weiß nicht, es würde mich nicht überraschen, wenn irgendeine
Fraktion im Haus sogar diese Theorie aufstellt. Ich kann jedenfalls einer
solchen kruden Theorie nicht Glauben schenken, also gehe ich davon aus, dass
das Schulsystem diese Kinder schwerstens im Stich lässt.
Und noch eines, und das ist auch bezeichnend: Ähnlich
sieht es aus bei den Topschülern. Wir haben sehr wenig Schüler in der ersten
Leistungsstufe, hingegen andere Länder viel mehr. Das heißt, unser Schulsystem
lässt nicht nur Kinder aus schwachen sozioökonomischen Verhältnissen und
Migrantenkinder im Stich, nein, es ist auch nicht imstande, gescheite Elite zu
produzieren, was ja durchaus auch ein großes Anliegen der ÖVP in den letzten
Jahren gewesen ist.
Ich schließe also, meine Damen und Herren, mit zwei
Appellen an Sie ab. Wir wissen alle, dass es sich eine Gesellschaft nicht
leisten kann, die Hälfte der Kinder zu verlieren. Wir haben in dieser Stadt
bereits vier Schulgenerationen verloren, wir sollten nicht weitermachen.
Appell Nummer 1: Beseitigen Sie bitte Ihren
Ideologiekrieg und hören Sie auf das, was Ihnen Expertinnen und Experten in
diesem Land seit Jahr und Tag sagen, und das hat weiß Gott nichts mit
Rohrstaberlpädagogik zu tun.
Und Appell Nummer 2: Investieren Sie endlich in
die Bildung. Wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer in Wien, wir brauchen
ganztägige Betreuung, wir brauchen Angebote, die man sich auch leisten kann.
Das kostet alles Geld, aber das ist eine Investition in die Zukunft dieser
Stadt, und es rechnet sich. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort
gemeldet hat sich der Abg Dr Aigner, ich erteile es ihm.
Abg Dr Wolfgang Aigner
((ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine
Damen und Herren!
Das Thema ist wirklich aktuell, und es wird
wahrscheinlich auch in Zukunft aktuell bleiben. Ich hätte nur eine kleine
sprachliche Veränderung vorgeschlagen, und dann hätten wir mehr oder weniger
auch die Stoßrichtung auf den Punkt gebracht. Ich hätte formuliert:
„Bildungsnotstand – Österreich gerät bei der Bildung immer mehr ins
Hintertreffen, weil Wien dringenden Handlungsbedarf hat.“ (Beifall bei der
ÖVP.) Und dann sind wir genau auf der Ebene, für die wir zuständig sind.
Frau Kollegin Jerusalem, ein Schulesoterikseminar ist
sehr interessant, und wenn Sie aus Österreich eine einzige Waldorfschule machen
wollen ohne Noten, ohne Leistung und so weiter, dann bleibt es Ihnen
unbenommen, aber ich glaube, die internationalen Studien und die Wissenschaftlichkeit,
die Sie, natürlich synkretistisch herausklaubend immer wieder zitieren,
sprechen eine ganz andere Sprache.
Ich darf Sie daran erinnern, dass
auf Basis internationaler Vergleichsstudien festgehalten wird, dass
Schulergebnisse besser sind, wenn der Lernfortschritt durch regelmäßige
Prüfungen kontrolliert wird. Das ist halt eine Tatsache, und ich glaube, dieser
sollte man sich nicht verschließen! Schulen werden durch externe Prüfungen
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