Landtag,
13. Sitzung vom 24.10.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 34
Kontrollamtes liegt.
Und nun zur Leitung des Kontrollamtes. Auch hier ist
Wien das einzige Bundesland, in dem die Bestellung des Leiters oder der
Leiterin mit einfacher Mehrheit möglich ist. Das heißt nichts anderes, als dass
die SPÖ mit ihrer einfachen Mehrheit sich ganz ohne Mitwirkung der Opposition
aussuchen kann, wer ihr als Leiter oder Leiterin des Kontrollamtes genehm ist.
Meine lieben KollegInnen von der SPÖ! Wie passt denn
das zusammen mit den angeblich so tollen Minderheitsrechten in Wien, von denen
Sie uns immer erzählen? Meinen Sie etwa nur solche Minderheitsrechte, die Ihnen
nicht wehtun, wie etwa der rotierende Vorsitz im Kontrollausschuss der Oppositionsparteien? (Abg Mag Thomas
Reindl: Frau Kollegin?!) - Mit der Wiener Regelung der einfachen Mehrheit
bildet Wien eindeutig das demokratiepolitische Schlusslicht im
Bundesländervergleich. - Nehmen Sie Minderheitsrechte wirklich ernst und
stimmen Sie unserem Antrag zu, dass in Zukunft der Leiter oder die Leiterin des
Kontrollamtes nur mehr mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden kann! (Abg
Mag Thomas Reindl: Man könnte glauben, wir sind in der Märchenstunde, wenn
man Ihnen zuhört!)
Allerdings ist die Wahl mit
einfacher Mehrheit leider nur die logische Fortsetzung des Auswahlverfahrens
für die Leitung des Kontrollamtes, das derzeit in Wien besteht. Hier dürfte die
Achse Häupl-Pröll zum Tragen kommen, denn Wien und Niederösterreich sind die
einzigen Bundesländer, in denen beim Bestellvorgang der Leitung des
Kontrollamtes beziehungsweise Landesrechnungshofes sowohl die Opposition als
auch die Öffentlichkeit zur Gänze ausgeschlossen bleiben. In allen anderen
Bundesländern gibt es zumindest Hearings im Kontrollausschuss. - Wenn Sie nicht
gemeinsam mit Niederösterreich demokratiepolitisches Schlusslicht auch in
dieser Frage bleiben wollen, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, dann
stimmen Sie doch unserem Antrag auf Verankerung eines Hearings in der
Stadtverfassung zu! (Beifall bei den GRÜNEN. – Abg Godwin Schuster: Sie sind
schlecht vorbereitet! Total schlecht vorbereitet! Sie wissen wirklich nicht,
was in den Bundesländern passiert!)
Es freut mich, dass ihr beginnt, euch aufzuregen.
Mich regt nämlich die mangelhafte Umsetzung der Kontrollberichte in Wien auch
auf! Und endlich reiße ich euch aus der Lethargie. Das ist gut so. (Beifall bei
den GRÜNEN. - Abg Godwin Schuster: Aber Sie können hier nicht etwas behaupten,
was nicht stimmt! – Das zeigt, wie locker Sie ...! Das ist nicht in
Ordnung!)
Auch was die Amtszeit der Leiter und Leiterinnen von
Landeskontrolleinrichtungen betrifft, kann Wien sich keiner VorreiterInnenrolle
brüsten. Zweifellos ist die Unabhängigkeit einer Kontrollinstitution
strukturell eher gewährleistet, wenn der Leiter oder die Leiterin für eine
zehn- bis zwölfjährige Amtsperiode gewählt wird, ohne die Möglichkeit einer
Wiederwahl. Das gilt zum Beispiel für den Rechnungshofpräsidenten. In vier
Bundesländern ist eine Wiederbestellung des Landesrechnungshofleiters oder der
–leiterin nicht möglich, in vier Bundesländern ist sie möglich.
Ich meine, Wien muss sich nicht auch noch hier am
schlechteren demokratiepolitischen Niveau orientieren, und stelle daher im Namen
der Oppositionsparteien den Antrag, in der Wiener Stadtverfassung die Amtszeit
des Leiters oder der Leiterin des Kontrollamtes auf zwölf Jahre ohne
Möglichkeit der Wiederwahl zu verlängern.
Was in Wien für die rote Mehrheit praktisch ist, was
allerdings demokratiepolitischen Mindeststandards widerspricht, ist die
Tatsache, dass auch die Abberufung des Leiters oder der Leiterin des
Kontrollamtes durch eine einfache Mehrheit im Gemeinderat erfolgen kann. Diese
Regelung könnte natürlich durchaus als Druckmittel auf die Leiterin oder den
Leiter des Kontrollamtes verwendet werden, wenn die Kontrolle allzu unangenehm
wird. Die Damen und Herren von der SPÖ werden natürlich empört sagen: Das
würden wir niemals tun! – Na, wenn Sie es niemals tun, dann können Sie doch
auch die entsprechende Bestimmung ändern! Der Antrag, den ich im Namen der
Oppositionsparteien hier einbringe, gibt Ihnen jedenfalls heute die
Möglichkeit, diesen gar nicht so kleinen demokratiepolitischen Schönheitsfehler
in der Stadtverfassung zu ändern, damit in Zukunft für die Abberufung des
Leiters oder der Leiterin des Kontrollamtes eine Zweidrittelmehrheit
erforderlich ist.
Und jetzt komme ich sozusagen wieder zurück zum
Beginn meiner Rede. Da habe ich davon gesprochen, dass es immer und immer
wieder vorkommt, dass Missstände vom Kontrollamt aufgezeigt und Empfehlungen
zur Beseitigung der Missstände gemacht werden, die verantwortlichen
Stadträtinnen und Stadträte sich aber offensichtlich nicht verpflichtet fühlen,
dafür zu sorgen, dass Empfehlungen auch umgesetzt werden. Meine Kolleginnen und
Kollegen werden im Folgenden dazu noch etliche Beispiele anführen.
Auch in puncto Umsetzung der Empfehlungen des
Kontrollamtes mangelt es in der Wiener Stadtverfassung an Bestimmungen, die aus
der Sisyphusarbeit des Kontrollamtes eine Kontrolle mit Konsequenzen machen.
Auch dafür gibt es in den anderen Bundesländern ausreichend vorbildhafte
Beispiele. So gibt es fast in allen Bundesländern die Pflicht für die
Landesregierung, binnen 12 Monaten einen Bericht über die Umsetzung von
Empfehlungen des Landesrechnungshofes abzugeben. Sollten Empfehlungen nicht
umgesetzt werden, muss dies auch begründet werden. Des Weiteren gibt es in
etlichen Bundesländern, zum Beispiel in Oberösterreich, die Regelung, dass der
Kontrollausschuss über einzelne Empfehlungen des Landesrechnungshofes abstimmt
und sie zum Beschluss erhebt. - Nichts davon gibt es in Wien. In Wien können
Berichte nur zur Kenntnis genommen werden. Das heißt, Sie können mit Ja
stimmen, wenn Sie den Bericht gelesen haben, und Sie müssten mit Nein stimmen,
wenn Sie ihn nicht gelesen haben. Wo verbirgt sich denn der tiefere Sinn einer
solchen Abstimmung? Soll abgefragt werden, wer von uns Abgeordneten des Lesens
mächtig ist?
Der Kontrollamtsdirektor
Dr Hechtner wird Ihnen auf
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