Landtag,
13. Sitzung vom 24.10.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 34
worden sind. Orientieren Sie sich an Beispielen wie
etwa dem Freistaat Bayern (Abg Godwin Schuster: In Niederösterreich ist es auch
so! In Niederösterreich haben „alle" Akteneinsicht, nicht wahr? – Ironische
Heiterkeit bei Abg Godwin Schuster), der mit Zweidrittelmehrheit gezeigt hat,
dass man Opposition ernst nimmt, dass das sogar eine Chance zur
Weiterentwicklung ist, und verweisen Sie nicht immer auf jene Beispiele (Abg
Godwin Schuster: Wo die ÖVP regiert!), die gerade Ihnen passen. Schauen Sie
nach Vorarlberg: Die mittelbare Bundesverwaltung ist hier sehr wohl vom
Fragerecht umfasst. Schauen Sie nach Bayern! (Abg Godwin Schuster: Schauen Sie
nach Niederösterreich!) - Das wären Beispiele! Anhand derer könnten wir in den
nächsten zwei, drei Jahren hier eine Verfassung für Wien schaffen, die dem
21. Jahrhundert entspricht und die nicht noch den Geist des
19. Jahrhunderts in sich hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gelangt Herr Abg Oxonitsch. (Zwischenruf von Abg Mag Waltraut Antonov. –
Der an das Rednerpult tretende Abg Christian Oxonitsch: Das ist immer noch
unser Kaffee!)
Abg Christian Oxonitsch
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Man kann sich ja nur immer wieder wundern. Ich habe
mich das letzte Mal gewundert über eine Aktuelle Stunde, wo ich darauf
hingewiesen habe. Wir werden in einem Gemeinderat noch über die
Valorisierungsverordnung sprechen. Es gibt eine Aktuelle Stunde, wir machen es
morgen wieder. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Wir wundern uns
auch! Genau: Wir wundern uns auch!)
Es gibt ein altes Sprichwort: Nichts ist unmöglich!
Das sind Tage der Verwunderung und des Erstaunens! – Und für mich ist der
heutige Tag tatsächlich so ein Tag des politischen Erstaunens: Da gibt es
Diskussionen, die landauf, landab geführt werden über Asyl- und Fremdenrecht;
da befindet sich ein Nobelpreisträger in Wien, um den Klimawandel zu diskutieren;
da wird über eine Schulreform diskutiert; da wird über Steuer und Pensionen
diskutiert; da werden Fragen des Arbeitsmarktes diskutiert. Wir und die Wiener
GRÜNEN wollen darüber nicht sprechen, sie wollen heute über die
Kontrollmöglichkeiten in Wien sprechen und hier einen Diskurs führen - den wir
sehr gerne führen, denn es ist tatsächlich ein Diskurs, in dem, so glaube ich,
der Nachweis gelingen wird, dass in Wien hier tatsächlich in sehr vielen
Bereichen die Situation eine andere ist, als sie hier dargelegt wurde, und ich
kann viele Punkte, die hier angeführt wurden, widerlegen. Ich möchte einen
vorwegnehmen:
Es wurde hier gesagt, es sei überall üblich, dass mit
Zweidrittelmehrheit bestellt wird. - Sie wissen ganz genau, es ist nicht so: Es
ist in Salzburg nicht so, es ist in Salzburg Stadt nicht so, es ist in Tirol
nicht so. Es stimmt also einfach nicht, was hier gesagt wurde.
Tatsache ist - das möchte ich auch gleich zu Beginn
sagen, und das ist vielleicht etwas, was uns zumindest einmal eint -, und dafür
einmal mehr ein herzliches Dankeschön, dass wir ein hervorragendes Kontrollamt
haben, mit hervorragenden Mitarbeitern und einem sehr guten
Kontrollamtsdirektor. Diese Ansicht eint uns alle, und dafür auch von meiner
Seite gleich eingangs ein herzliches Danke! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube auch, dass wir in diesem Haus eine sehr
gute Tradition haben, eine Tradition der Fortentwicklung, der Weiterentwicklung
der Wiener Stadtverfassung, indem wir immer wieder im Zuge von
Legislaturperioden eine Diskussion über die gesamte Stadtverfassung führen. Und
es ist eine Diskussion hier tatsächlich möglich, denn es liegt eine Vielzahl
von Vorschlägen vor, nicht nur die hier angesprochenen Anträge, sondern Kollege
Tschirf hat hier auch gerade einige Punkte angeführt, und ich erinnere auch an
Diskussionen, die wir hier geführt haben über Petitionsausschüsse, auch über
die sprachliche Anpassung der Stadtverfassung an die Geschlechtergerechtigkeit
und vieles andere mehr.
Daher macht es einfach Sinn, so etwas im Paket zu
diskutieren. Und ich glaube, es hat sich auch gezeigt, dass durch das sehr
umfassende und weitreichende Diskutieren der Stadtverfassung zwar nicht immer
sofort, aber letztlich sehr wohl Veränderungen stattgefunden haben, die –
über Scheinheiligkeit haben wir ja das letzte Mal bei der Aktuellen Stunde ein
bisschen gesprochen – in der Vergangenheit durchaus auch anders
wahrgenommen wurden. Ich erinnere etwa an die öffentlichen Stellungnahmen des
Vorgängers des Kollegen Tschirf bei der letzten Verfassungsreform, der damals
betont hat, dass die Stadtverfassung mit all den zusätzlichen Möglichkeiten,
die wir eingeräumt haben, einen Meilenstein in der Geschichte des
Parlamentarismus darstellt. – Jetzt kann man sagen: Das war der Vorgänger,
damit habe ich nichts zu tun! Aber auch Kollege Tschirf hat damals die Reform
der Stadtverfassung als demokratiepolitischen Meilenstein bezeichnet.
Und es ist tatsächlich ein solcher. Seit dieser
Reform sind sechs Jahre vergangen, in denen gerade die ÖVP auf Bundesebene die
Möglichkeit gehabt hätte, tatsächlich Schritte zu setzen, damit die
demokratiepolitischen und kontrollpolitischen Standards, die wir in Wien haben,
auch auf Bundesebene eingeführt werden. Ich erinnere an unzählige Anträge, die
von unserer Fraktion gestellt wurden, nicht nur in der Oppositionszeit, sondern
ganz bewusst auch in der Zeit, in der wir uns jetzt gemeinsam mit der ÖVP in
Regierungsverantwortung befinden: Es waren dies Vorschläge in Richtung
gläsernes Parlament mit mehr Kontrollmöglichkeiten. Diese wurden jedoch
allesamt von der ÖVP abgeschmettert, und zwar in der Zeit Ihrer
De-facto-Alleinregierung genauso wie in der jetzigen Zeit mit der SPÖ. Sie
waren nicht bereit, in den Koalitionsvereinbarungen tatsächlich die Standards,
die wir in Wien zum Beispiel in Richtung Minderheitenrechte und Beauftragung
von Rechnungshofberichten haben, umzusetzen, und Sie sperren sich bis heute
dagegen.
Heute aber stellt man sich hierher
und bezeichnet die Wiener Stadtverfassung mit ihren ausgeprägten Minderheitsrechten
und ihren ausgeprägten Kontrollmöglichkeiten als monarchistische Verfassung,
was im Hinblick auf
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