Landtag,
14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 55
(Beifall und Heiterkeit bei GRÜNEN und ÖVP.)
Die Erde ist eine Scheibe, ist die Strategie
Nummer 1, um alles zu verteidigen. Das Zweite ist, es ist anderswo viel
schlechter, in England ist es viel schlechter. Das mag wohl stimmen, nur wem nützt
das etwas, der in Wien operiert werden will? Niemandem! Wir leben nicht im
Vergleich, sagen alle, und schuld sind alle anderen!
Schauen wir uns lieber die Fakten an, die auch
eingangs sehr pointiert vorgebracht wurden. Eine Zwei-Klassen-Medizin existiert
in Wien. Punkt. Daran gibt es nichts zu rütteln! So ist es! Da brauchen wir
nicht noch einmal ausschließlich auf das Inserat der Wiener Städtischen
zurückzukommen. Ich habe das auch gesehen und es hat mich gerissen, dass man
das so frech inseriert. (Abg Marianne Klicka: Das ist eine Versicherung!) Das
finde ich unglaublich!
Dann habe ich mir gedacht, ich schaue auf die
Homepage der Wiener Städtischen, was sie sich alles traut, noch zu sagen. Dort
steht es noch viel deutlicher. Weil da steht ja nur: „Es gibt keine
Unterschiede und die Erde ist eine Scheibe." Da gibt es sicher eine
Theorie, die das noch verfolgt. Auf der Homepage der Wiener Städtischen findet
sich: „TOP MED Privatpatient, Sonderklassenversicherung der Wiener Städtischen:
Sie werden vom Arzt Ihres Vertrauens betreut und bekommen rasche Termine."
- Das schreibt sie auf ihrer Homepage: „Sie bekommen rasche Termine." -
Und so ist es auch! (Abg Dr Herbert Madejski: Das ist ein Werbegag!) - So ist
das! Nein, das ist leider kein Werbegag! Leider ist das kein Werbegag!
Nehmen wir noch einen Zeugen statt der Inserate:
Franz Bittner, nicht ganz unbekannt, kein Grüner, keiner von der Volkspartei.
Franz Bittner, Wiener Gebietskrankenkasse: „Warnung vor einer
Zwei-Klassen-Medizin". Okay, Warnung. Aber am Ende sagt er: „In zwei
Bereichen sieht Bittner bereits jetzt eine Zwei-Klassen-Medizin." -
orf.at, und der Punkt, um den es uns heute geht – „Privatversicherte haben
kürzere Wartezeiten bei Operationen." Das sage nicht ich, das sagt nicht das
Inserat, das sagt der Herr Bittner himself. Das reicht jetzt wohl als
Zeugenschaft, abgesehen davon, dass wir genügend Beispiele in unserem eigenen
Umfeld haben.
Ich möchte auch eines nennen, wie das funktioniert.
Ein sehr enger Freund von mir hat einen Operationstermin für eine
Halswirbeloperation. Er hat nach vielen Monaten einen Termin gekriegt und geht
dort hin. Er wird nach Hause geschickt, nachdem er schon im Spital ist. Er
kriegt einen zweiten Termin, einen Monat danach, kommt zu diesem Termin, muss
nüchtern sein, sitzt zwei Stunden im Spital herum und wird unglaublicherweise
ohne neuen Termin nach Hause geschickt. Natürlich hat es ihm nachher gereicht.
Gelandet ist er am Ende dort, wo man oft landet, nämlich: Wer könnte ihm
helfen? Wer interveniert? Oder wer frägt einmal an, was denn im AKH los ist?
Seid ihr wahnsinnig, die Leute bringen zu lassen, das eine Mal sediert, der ist
auf der Bahre gelegen und wurde wieder nach Hause geschickt! Natürlich war es
ihnen dann peinlich und es ist dann schon plötzlich binnen zwei Tagen gegangen!
Vorher hat er gar keinen Termin gehabt. Es ist aber nicht die Lösung von dem
Problem, wer wen kennt oder wer wie gut versichert ist! Es kann nicht sein,
dass man auf Operationen viele Monate wartet und manche Leute überhaupt nicht.
Präsident Johann Hatzl
(unterbrechend): Noch eine Minute.
StR David Ellensohn
(fortsetzend): Wir haben aber nicht nur Probleme bei den Operationen, wo es
etwas nützt, wenn man entweder in einer Funktion ist, wo man sich leichter tut
anzurufen oder wenn man die entsprechenden Freunde, Freundinnen hat oder wenn
man eben über die richtige Versicherung verfügt, sondern wir haben auch
Probleme im Ambulanzbereich.
Da nehme ich jetzt wieder ein Beispiel von mir
selbst, weil ich bin nicht nur Gesundheitspolitiker, ich bin halt auch
Konsument von Gesundheitsleistungen beziehungsweise brauche ich sie für meine
Verwandtschaft. Einer von meinen kleinen Buben war am Wochenende krank. Da gibt
es keine niedergelassenen Ärzte, die offen haben, oder viel zu wenige dafür.
Was soll man machen? Statt zum Kinderarzt geht man ins AKH. Das ist natürlich
von vornherein falsch, ein Strukturfehler insgesamt. Da gehören, und da gibt es
gute Beispiele, die auch von Helmut Gadner, dem ärztlichen Direktor des
St Anna Kinderspitals eingefordert werden, Gruppenpraxen her.
Präsident Johann Hatzl
(unterbrechend): Bitte zum Schlusssatz.
StR David Ellensohn
(fortsetzend): Aber die werden nicht entsprechend forciert, von der Gemeinde unterstützt
(Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Die Gemeinde hat damit überhaupt nichts zu
tun!) und haben auch ein Problem mit der Ärztekammer, weil die den
Gruppenpraxen genügend Probleme macht, wie einem „Standard"-Artikel zu
entnehmen ist. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Erst damit beschäftigen, dann
reden!)
Das Wichtige zum Abschluss noch einmal: Die
Initiative der Abg Korosec ist natürlich sehr sinnvoll, weil die
Beispiele, die sie mit diesen langen Wartezeiten gebracht hat, erschreckend
sind. Es ist eben nicht ein Einzelbeispiel! Wenn sie Ihnen heute eines
übergeben hat und Sie sich um das kümmern werden, dann bringt sie Ihnen morgen
wieder eines und wir übermorgen noch eines! (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely:
Jetzt habe ich endlich einmal eines bekommen, nachdem ich seit einem Jahr sage,
ich will eines!) Sie haben heute eines überreicht bekommen. (Amtsf StRin Mag
Sonja Wehsely: Das habe ich schon oft angeboten!)
Präsident Johann Hatzl
(unterbrechend): Darf ich bitten. Mir helfen die Zwischenrufe nicht, weil der
Redner eigentlich bereits mit der Zeit überzogen hat. Daher helfen Zwischenrufe
nichts. - Der letzte Satz.
StR David Ellensohn
(fortsetzend): Ich finde das eine gute Initiative von der Abg Korosec. Es nützt
nichts, wenn wir uns darauf verlassen, dass der letzte Satz des Inserats der
Wiener Städtischen stimmt. Die Erde ist nämlich leider keine Scheibe! (Beifall
bei GRÜNEN und ÖVP.)
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