Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 67
Region gekommen ist, wo der Islam entstanden ist oder als Religion gegründet wurde, abgesehen davon müssen wir uns auch veranschaulichen, was diese Aussage, konsequent weitergedacht beziehungsweise in die Alltagssprache übersetzt, bedeutet. Dass der Islam hinter das Mittelmeer wieder zurückgeworfen werden soll – Zitat Ende -, bedeutet eigentlich in der Alltagssprache beinhart und ganz einfach übersetzt: Weg mit den Muslimen. Das bedeutet es! Das heißt, diese Aussage, der Islam muss wohin auch immer zurückgeworfen werden, bedeutet in der praktischen Umsetzung, wenn man das ernst nimmt, was Ihre Spitzenkandidatin gesagt hat, Vertreibung und Deportation. Das alles hat dieses Land einmal sehr schmerzvoll erlebt. Und diese Parallele möchte ich hier dezidiert und bewusst herstellen. Diese Parallele, die Geschichte Österreichs zwischen 1938 und 1945, dass eine religiöse Minderheit in Österreich, konkret Juden und Jüdinnen, von der systematischen Diskriminierung und Ausgrenzung über Aussonderung bis hin zur Vertreibung, Deportation und Ermordung eine tödliche Geschichte erlebt hat. Und wenn man die Worte Ihrer Spitzenkandidatin ernst nimmt, haben Sie das offensichtlich für Österreich wieder vor, diesmal für eine andere Religionsgemeinschaft. Da kann man nur sagen: „Wehret den Anfängen!“ (Beifall bei den GRÜNEN und von den Abgen Dipl-Ing Omar Al-Rawi und Christian Deutsch.)
Es waren nicht nur tiefste Töne, die gefallen sind
und nicht nur von der Spitzenkandidatin, sondern auch von anderen
FPÖ-Politikern und –Politikerinnen, sondern es gibt durchaus auch in der
Methode und in der Argumentation Parallelen zur Nazi Propaganda, beispielsweise
die Aussage, der Prophet Mohammed sei ein Kinderschänder gewesen. Alle, die
sich ein bisschen mit dem Nationalsozialismus und mit der Geschichte des
Antisemitismus beschäftigt haben, können Ihnen sagen, falls Sie das selber
nicht wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, dass mit sehr
ähnlichen Methoden gegen Juden und Jüdinnen gearbeitet wurde, dass sie nämlich
im rassistischen Antisemitismus als triebgesteuert und so genannte Triebtäter
hingestellt wurden. Und genau das passiert jetzt in Bezug auf eine andere
Religionsgemeinschaft und auf den Propheten dieser Religionsgemeinschaft. Diese
Parallelen ausgerechnet im Gedenkjahr 1938, wo die Republik und die Bundesländer
und auch die Gemeinden, alle Teile dieses Landes, der schrecklichen Taten
ab 1938 gedenken wollen, wo tausende und -zigtausende Menschen ermordet
wurden! Ich möchte das in aller Klarheit hier aussprechen, denn es soll niemand
noch einmal sagen können und dürfen, er/sie hätte es nicht gewusst. Was man mit
Ihrer Politik anrichten kann, wenn man Menschen, wenn man Bevölkerungsgruppen
gegeneinander aufhetzt - ob das jetzt religiöse Gruppen sind oder so genannte
ethnische Gruppen -, wenn man die Bevölkerung in Rassen oder Ethnien oder
Religionsgemeinschaften aufteilt und bestimmte Gruppen unter ihnen sozusagen
für vogelfrei erklärt - das ist nämlich auch das, was mit den Worten Ihrer
Spitzenkandidatin passiert ist, denn wer soll schon Respekt für Angehörige
einer Religionsgemeinschaft aufbringen, die einem so genannten Kinderschänder
nachbeten und nacheifern? Also wenn die Menschenwürde einmal für eine ganze
Gruppe von Menschen in Frage gestellt und abgeschafft ist, dann wird es für
viele Menschen auf der Straße leider Gottes vorstellbar, diese Menschen zu
beleidigen, anzugreifen, wörtlich oder tätlich zu verletzen und das kann auch
bis zu Anschlägen oder bis zum Mord gehen.
Deshalb möchten wir hier und heute als GRÜNE das
alles ganz klar aussprechen, wohin das führen kann. Und das alles, damit die
FPÖ ein paar hundert oder tausend oder zehntausend Stimmen mehr bekommt! Sie
setzen den gesellschaftlichen Frieden in diesem Land ganz bewusst aufs Spiel!
Sie nehmen in Kauf, dass in einer aufhetzenden Atmosphäre Menschen
gegeneinander auftreten, einander attackieren und letztendlich sind auch
Gewalttaten nicht ausgeschlossen. Und was auch danach passiert ist, war ganz
typisch, nämlich als dann gegen die Spitzenkandidatin Morddrohungen gekommen
sind, die selbstverständlich abzulehnen sind, dass man sich dann hinstellt und
plötzlich das Opfer ist, obwohl man eigentlich selber der Brandstifter
beziehungsweise die Brandstifterin war, dass man zuerst hetzt und erniedrigt
und eine gesellschaftliche Atmosphäre schafft, wo Menschen für vogelfrei
erklärt werden und dann ist man plötzlich selber die Arme, die bedroht ist und
die Schutz braucht und alle sollen sich plötzlich hinter die Spitzenkandidatin
von der FPÖ stellen und alles andere verurteilen! So geht das ganz sicher
nicht.
Und bevor ich den Beschluss- und Resolutionsantrag
einbringe, möchte ich auch noch einmal unterstreichen, dass Ihre Strategie,
eine Hetzpolitik zu betreiben und sich dann auf die Demokratie auszureden und
zu sagen: „So ist die Demokratie, man kann in der Demokratie einfach alles
sagen!“ - und dass Sie dann behaupten, wir wollen über bestimmte
Problembereiche reden wie Zwangsehen, so genannte Ehrenmorde und so weiter -
das wollen Sie nicht, denn würden Sie das wollen, würden Sie beispielsweise im Integrationsausschuss
oder auch im Gemeinderat der Förderung von ganz konkreten Projekten zustimmen,
die eine ganz konkrete Hilfestellung von Frauen und Mädchen organisieren, die
von Zwangsehen bedroht sind. Sie ziehen über Muslime und Musliminnen her und behaupten,
die Verhinderung von Zwangsehen wäre Ihnen ein Anliegen und dann tun Sie genau
das Gegenteil! Gott sei Dank haben Sie ja nicht die Mehrheit in diesem
Gemeinderat, aber wenn es nach Ihnen ginge, würde man Frauen, die von
Zwangsehen bedroht oder betroffen sind, gar nicht helfen können, weil Sie diese
Anträge ja alle der Reihe nach ablehnen.
Was
Sie tun, ist nicht demokratisches Handeln im Rahmen eines demokratischen
Systems, sondern Sie betreiben politische Brandstiftung und Sie setzen auch
ganz bewusst verbale Gewalt ein, denn Gewalt beginnt nicht nur beim Watschen,
sondern Gewalt beginnt schon mit der Sprache und in der Sprache. Deshalb möchte
ich in meinem Namen und im Namen meiner Kolleginnen Maria Vassilakou, Marie
Ringler und der Kollegin und der
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