Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 78
bettelnde Menschen zu kriminalisieren und gegen diese vermögenslosen Personen ständig Geldstrafen und in weiterer Folge Ersatzfreiheitsstrafen zu verhängen. Vielmehr bin ich der Meinung, dass die Ursachen der Bettelei bekämpft werden müssen. Der Fonds Soziales Wien bietet gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartnerinnen und -partnern Bettlern aufsuchende Hilfe in besonders niederschwelliger Weise an und arbeitet dabei mit der Wiener Polizei zusammen, was ich ebenfalls gestern erläutert habe.
Ich bin noch immer davon überzeugt, dass das Thema
„Betteln in Wien" differenzierte Vorgangsweisen erfordert, und zwar je
nachdem, ob es sich auf der einen Seite um aggressives, aufdringliches oder
organisiertes Betteln oder um Ausbeutung unmündiger minderjähriger Personen
oder auf der anderen Seite lediglich um stille Appelle an die Hilfsbereitschaft
der Menschen handelt. Und so gehen wir auch in Zukunft in der Stadt vor.
Präsident Johann Hatzl: Herr Abg Schock.
Abg DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Sie haben das Bettelverbot mit Kindern erwähnt, und
momentan hat man ja den Eindruck, dass für uns Freiheitliche nicht nur Ostern,
sondern gleichzeitig auch Weihnachten ist. Wenn man etwa an die letzte Sitzung
des Gemeinderates denkt, wo das freiheitliche Wiener Schulmodell von der Stadt
übernommen wurde, wo wir ja voriges Jahr verlangt oder vorgeschlagen haben,
dass Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen in eigene Integrationsklassen
kommen, so ist das ja von der Vizebürgermeisterin in der vorigen Sitzung unter
einem anderen Namen – das gebe ich schon zu –, unter dem Namen „eins plus
eins" übernommen worden (Abg
Christian Oxonitsch: Sie brauchen tatsächlich eine neue Schule, dann verstehen
Sie es besser!), und heute wird eben mit dieser Novelle, die wir sehr
begrüßen, mit dem Bettelverbot mit Kindern einmal ein ganz wesentlicher Schritt
in diese Richtung gesetzt.
Ich glaube, es kann aber nur ein erster Schritt sein,
und das zeigt ja auch ein Blick über die Grenzen. Im schwarzen Tirol gibt es
ein allgemeines Bettelverbot im Tiroler Landes-Sicherheitsgesetz, und auch in
Salzburg, wo eine rote Landeshauptfrau regiert, die Gabi Burgstaller, gibt es
auch ein generelles Bettelverbot im Salzburger Landes-Sicherheitsgesetz. Ich
meine, die Gabi Burgstaller ist ja auch durchaus erfolgreich mit dieser Politik
und hat sogar den Landeshauptmannsessel in Salzburg errungen. (Abg Heinz Hufnagl, den Kopf schüttelnd: Mit
dem Bettelverbot?)
Herr Landeshauptmann! Ich meine, es geht hier vor
allem – und das ist ja auch in der Novelle ausgeführt – um organisierte
Kriminalität, um die Ausbeutung von Menschen und die Ausbeutung von Kindern in
diesem Fall, und ich kann eigentlich nicht nachvollziehen, warum hier genau bei
14 Jahren die Grenze eingezogen wird.
Meine Frage lautet daher:
Ist es nicht genauso eigentlich Ausbeutung, wenn man Jugendliche, wenn man 15-,
16-Jährige zum Betteln zwingt? Ist es nicht genauso Ausbeutung, wenn man kranke
oder behinderte Menschen zum Betteln zwingt und ausbeutet?
Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann!
Lhptm Dr Michael Häupl: Also
zunächst einmal, Herr Klubobmann: Ich habe schon vieles gehört, aber dass Gabi
Burgstaller die letzten Salzburger Landtagswahlen gewonnen hat wegen des
Bettelverbotes, ist absolut originell. Das ist originell – das muss ich auf
jeden Fall sagen –, notabene, weil es zum Zeitpunkt des letzten Wahlkampfes
dieses Bettelverbot noch gar nicht gegeben hat. Also rein vom zeitlichen Ablauf
her ist es schon skurril und von der politischen Analyse her noch skurriler.
Außerdem füge ich hier hinzu: Jedes Bundesland wird
seine Gesetze so bestimmen, wie es glaubt. Ich kenne allerdings die Realität
von Innsbruck und von Salzburg, und da sage ich, wir sind mit unserer
differenzierten Strategie von vor Ort, wenn ich mir die Realität in unserer
Stadt anschaue, auch und im Besonderen an den diesbezüglichen neuralgischen
Punkten der Stadt, wo besonders viele Tourismusbewegungen zu erwarten sind, in
der Realität und in der Wahrnehmung der Menschen wesentlich erfolgreicher. Das ist
eben die differenzierte Strategie, mit den Sicherheitskräften der Polizei
vorzugehen gegen aggressives Betteln, gegen organisierte Bettelei und auf der
anderen Seite jenen Menschen zu helfen, die unsere Hilfe in der Tat auch
brauchen und die nicht unter die entsprechenden Bestimmungen fallen.
Das, denke ich, ist eine vernünftige Vorgangsweise,
das ist eine erfolgreiche Vorgangsweise, das ist eine akzeptierte
Vorgangsweise. Daher sehe ich keine Veranlassung, das zu ändern.
Präsident Johann Hatzl: Frau Abg
Vassilakou.
Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Landeshauptmann!
Selbst das Innenministerium hat in seiner
Stellungnahme Bedenken angemeldet hinsichtlich der Höhe der Strafe. Da wurde
gemeint, dass es vielleicht besser wäre, zunächst einmal abzumahnen und erst
dann die Strafe zu verhängen, also beim zweiten Mal. Wien hat eher beschlossen,
den anderen Weg zu gehen. Man wirbt – unter Anführungszeichen – jetzt für die
Lösung der Mutter-Kind-Zellen.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie der Meinung sind, dass
eine Gefängniszelle tatsächlich ein geeigneter Ort ist, wo sich ein Kind
aufhalten soll, und sei es auch für wenige Stunden?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr
geehrte Frau Klubvorsitzende!
Ich habe etwas übrig für Polemik in der politischen
Auseinandersetzung, da ist ja gar nichts dagegen zu sagen, aber dass die Stadt
Wien für Mutter-Kind-Zellen wirbt, scheint mir doch einmal eine Spur
übertrieben zu sein, was nicht mein Problem ist, denn es nimmt Ihnen ohnehin
niemand ab außerhalb dieses Raumes.
Denn wofür wir werben, ist
selbstverständlich für den Schutz der Kinder und die entsprechenden Maßnahmen,
die zum Schutz der Kinder hier ergriffen werden und die sich zum Teil ja auch
schon bewährt haben und gut
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular