Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 78
direkter Wahlmöglichkeit
europäischer Parteien, mit einem echten Initiativrecht des Parlaments und
Mitentscheidung bei Verfahren in allen Bereichen.
Wir wollen mit diesem Antrag
einen Raum für europäische Demokratie schaffen und Teilhabe der Menschen an
Europa ermöglichen. Wir wollen, dass der Kurswechsel, von dem wir sprechen,
auch direktdemokratisch legitimiert ist und von den Bürgern und Bürgerinnen
getragen wird und wollen damit eine Identifikationsmöglichkeit für BürgerInnen
mit der EU schaffen.
Sie werden bei Durchsicht
des Vertrags auch sehen, dass im Antrag die Forderung nach einer nationalen
Volksabstimmung enthalten ist, sofern ein europaweites Referendum nicht
zustande kommt. Wie ich eingangs schon erwähnt habe, sind wir uns durchaus
bewusst, dass der Hauptausschuss des Nationalrats bereits am Montag dieser Woche
eine Volksabstimmung ausgeschlossen hat und auch über eine Volksbefragung
negativ entschieden hat. Wir sind uns auch bewusst, da die Ratifizierung im
Nationalrat im April fix erscheint, dass es wahrscheinlich wenig Sinn hat, hier
konkret lang und breit über die Frage der Aufforderung des Landtags an die
Bundesregierung, eine Volksabstimmung durchzuführen, zu debattieren. Aber es
geht uns gar nicht nur um diese eine Volksabstimmung oder dieses eine
Referendum bei diesen EU-Verträgen, es geht uns prinzipiell um
demokratiepolitische Standards in Europa und auch um demokratiepolitische
Standards, die Österreich in der Europapolitik einhalten muss. Deshalb sprechen
wir uns dafür aus, dass der Landtag sich dafür ausspricht, die Abhaltung einer
Volksabstimmung in Österreich über Änderungen der EU-Verträge zu empfehlen,
sofern das adäquate Instrumentarium eines europaweiten Referendums nicht
zustande kommt.
Ja, die Wiener GRÜNEN sind für eine nationale
Volksabstimmung, sofern ein europaweites Referendum, das zum Beispiel für alle
Mitgliedsstaaten am selben Tag stattfindet, nicht zustande kommt. Wir halten es
für nicht akzeptabel, dass über substantielle Fragen, die die Bürger und
Bürgerinnen Europas betreffen, das Volk nicht direkt entscheiden darf. Wir
halten EU-Vertragsänderungen für keine Fragen ausschließlich der
repräsentativen Demokratie, sondern der direkten Demokratie. Wir fürchten uns
auch nicht vor einer Volksabstimmung. Ich denke, Politiker und Politikerinnen
haben die Verpflichtung, hätten die Verpflichtung, Europaverträge so
herunterzubrechen, zu informieren und verständlich zu machen, quasi zu
übersetzen, damit die Menschen sie auch in ihrer Differenziertheit wahrnehmen
können. Diese breite, diese offene und auch diese kritische Informationspolitik
über Europa vermissen wir bei den Regierungsparteien seit Langem. Aber wir
wundern uns auch nicht über Ihre Angst vor der Volksabstimmung. Wer vor einem
EU-Beitritt zuerst große Propaganda für einen Beitritt macht und dann ständig
alle unliebsamen Entscheidungen bequem auf Brüssel abschiebt, braucht sich
nicht zu wundern, dass die Akzeptanz der Menschen zur EU sinkt, das Misstrauen
der Bürger gegen die Europapolitik der Bundesregierung wächst und generell die
Lösungskompetenz der EU und auch die Europapolitik der Bundesregierung in Frage
gestellt wird.
Wir GRÜNE wollen auch in dieser Frage direkte
Demokratie. Sie wissen, eine Mehrheit der ÖsterreicherInnen stimmt in dieser
Frage auch für eine nationale Volksabstimmung. Wir werden das Feld in dieser
Frage nicht den rechten Populisten überlassen, nicht den Ängsteschürern. Sie
spielen jenen Personen wie den freiheitlichen Abgeordneten mit Ihrer Negierung
eines Volksabstimmungswunsches direkt in die Hände. Für uns GRÜNE führt ein Weg
an einer österreichischen Volksabstimmung nicht vorbei, sofern ein europaweites
Referendum nicht zustande kommt.
Ich möchte zum letzten Punkt
kommen, zum dritten Antrag, den die GRÜNEN heute stellen. Es ist ein Antrag aus
dem Sozialbereich. Es geht um die Rechte von europaweiten BetriebsrätInnen und
von BetriebsrätInnen in Österreich. Wie dringend entsprechende Regelungen sind,
zeigt ja nicht zuletzt - ich nehme an, Sie haben das im Fernsehen verfolgt -
der Skandal um den Diskonter Lidl, wo es zum Beispiel keinen Betriebsrat
gegeben hat, der die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor pauschalen
Bespitzelungen der Arbeitgeber geschützt hätte. Es gibt auch bereits eine
langjährige Debatte von Seiten des Europäischen Gewerkschaftsbundes, auch des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes, auch Debatten im Europäischen Parlament
und Debatten im Wirtschafts- und Sozialausschuss über eine Überarbeitung der
Richtlinie für europäische BetriebsrätInnen. Es gibt eine Richtlinie, die
europäische BetriebsrätInnen regelt, seit 1994 gibt es sie. Wir haben entsprechende
Regelungen, was Kontrollrechte von BetriebsrätInnen auch grenzüberschreitend
betrifft, immer gefordert. Die ist allerdings sehr schwach und es gibt hier
seit Jahren Bemühungen, die Kontrollrechte von BetriebsrätInnen auf
europäischer Ebene zu stärken. Es gibt in dieser Frage einen Forderungskatalog
des ÖGB und auch des EGB, also des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und des
Europäischen Gewerkschaftsbundes, betreffend Vernetzung europäischer
BetriebsrätInnen, betreffend Verhinderung des gegenseitigen Ausspielens der
Unternehmensleitungen bei Werkschließungen und Unternehmensverlagerungen,
betreffend Stärkung der Rechte für europäische Betriebsräte, der Anerkennung
der Rolle der Gewerkschaften in dieser Frage, auch wirksame Sanktionen gegen Unternehmen
betreffend, die ihre Pflichten europäischen Betriebsräten gegenüber verletzen.
Präsident Heinz Hufnagl
(unterbrechend): Bitte zum Schluss zu kommen.
StRin
Dr Monika Vana (fortsetzend): Für Wien ist diese Frage äußerst relevant. Sie wissen,
spätestens im Jahr 2011 - 2009 oder 2011 - fallen die Übergangsfristen für
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus den osteuropäischen Ländern außer
Rumänien und Bulgarien. Die GRÜNEN haben sich eigentlich von Anfang an gegen
entsprechende Übergangsfristen für ArbeitnehmerInnen aus osteuropäischen
Ländern ausgesprochen, weil wir
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