Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 78
Im Hinblick darauf bringe ich den entsprechenden Antrag der GRÜNEN ein. Es ist dies ein Antrag auf Zuweisung an den Herrn Landeshauptmann, und ich hoffe und würde mich sehr freuen, wenn dieser Antrag von den Fraktionen dieses Hauses unterstützt wird. – Die Übergabe des Antrags ist mit etwas Akrobatik verbunden, aber auch das wird zu lösen sein.
Nun möchte ich zu einem zweiten Bereich kommen, der
uns sehr am Herzen liegt und der meiner Meinung nach auch den Österreicherinnen
und Österreichern sehr am Herzen liegt, nämlich die durchaus schwierige Debatte
über das Auslaufen der Übergangsfristen für ArbeitnehmerInnen aus den neuen
EU-Mitgliedsstaaten. Diese Übergangsfristen enden bekanntlich 2009
beziehungsweise spätestens 2011. In Österreich wird diese Debatte im
Wesentlichen unter dem Aspekt geführt, wie man Lohn-Dumping und ein Aushöhlen
der arbeitsrechtlichen Standards hierzulande verhindern kann.
Das ist zwar sozusagen eine legitime Sichtweise, es
wird aber immer ausgeblendet, dass dieses Lohn-Dumping nicht von den
ArbeitnehmerInnen, die aus dem benachbarten Ausland pendeln, verursacht wird,
sondern vielmehr hierzulande geschaffen wird. Es wird von den hiesigen Firmen
gemacht, die Wege und Umwege nutzen, um hier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
auszubeuten und Gehaltsniveaus zu senken, was schlussendlich zu Lasten sowohl
der ArbeitnehmerInnen, die aus dem Ausland pendeln, als auch zu Lasten der
einheimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht.
Wir denken also, dass es viel sinnvoller wäre,
anstatt ein großes politisches Getöse zu machen, wie schrecklich das ist und
was man denn tun sollte, und Appelle an wen auch immer zu richten, dieses
Lohn-Dumping hintanzuhalten, die verbleibende Zeit – und es ist nicht mehr sehr viel Zeit – zu nutzen, um wirksame Kontrollinstrumentarien zu schaffen,
damit man hier wirklich Mechanismen zur Hand hat, die bewirken, dass Firmen
nicht die Möglichkeit haben, österreichische Arbeitsstandards zu umgehen.
Deshalb beantragen wir die Schaffung der
entsprechenden Instrumentarien. Da wir diese hier auf Landtagsebene
bedauerlicherweise nicht selbst schaffen können, richtet sich dieser Antrag an
die Bundesregierung und auch an den Nationalrat: Diese werden aufgefordert, bis
spätestens 2009 alle rechtlichen Vorkehrungen zu treffen, damit es möglich sein
wird, dass Betriebsrätinnen und Betriebsräte mehr Kontrollrechte und mehr
Einblick in Verträge erhalten, die nicht nur den eigenen Firmenbereich
betreffen, was ja jetzt schon möglich ist, sondern die sich insbesondere auf
Subunternehmen, Leihfirmen und Tochterfirmen, die sich beispielsweise im
benachbarten Ausland befinden, beziehen. Das ist ein sehr wesentlicher Schritt,
wenn es darum geht, genau der Nutzung von Wegen und Umwegen – oder vielleicht sollte ich eher von Irrwegen
sprechen – durch heimische
Unternehmen, um arbeitsrechtliche Standards zu umgehen, einen Riegel
vorzuschieben. Das wird, wie gesagt, nicht nur jenen Menschen, die aus dem
benachbarten Ausland einpendeln, zugute kommen, sondern vor allem auch den
einheimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Der Antrag ist sehr detailliert und sehr technisch.
Er umfasst zwei Bereiche. Ein Teil bezieht sich auf Österreich und eine
Änderung der entsprechenden Stellen im Arbeitsrecht, damit Betriebsräte und
Betriebsrätinnen die genannten Einblicks-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte
erhalten. Im zweiten Teil wendet man sich an die Bundesregierung und fordert
sie auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Einblicks-,
Kontroll- und Mitwirkungsrechte europäischer Betriebsrätinnen und Betriebsräte
gestärkt und dass insbesondere effiziente Sanktionierungsmöglichkeiten
geschaffen werden. Denn wenn es auf europäischer Ebene zwar den europäischen
Betriebsrat und die europäische Betriebsrätin gibt und diese sogar verbriefte
Rechte haben, jedoch die Nichteinhaltung dieser Rechte zu keinerlei
Sanktionierungen führt, dann ist das totes Recht, meine Damen und Herren, und
ich glaube, das ist nicht Sinn und Zweck der Übung!
Ich bringe auch diesen Antrag ein und rechne mit der
Unterstützung der Fraktionen, die in diesem Haus vertreten sind, nicht nur im
Sinne des österreichischen Arbeitsmarktes sowie der österreichischen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht nur im Sinne der Pendlerinnen und
Pendler aus dem benachbarten EU-Ausland, sondern im ureigensten Sinne Europas.
Denn wenn wir darüber sprechen, dass Europa zu einem gemeinsamen europäischen
Projekt zusammenwachsen muss, dann setzt das auch gemeinsame europäische
arbeitsrechtliche Standards voraus, die für alle gelten, die tatsächlich
einklagbar sind und von den Betriebsräten und Betriebsrätinnen nicht nur
überprüft werden können, sondern auch konkret mit entsprechenden Sanktionen
verbunden sind, wenn es zur Umgehung dieser Standards kommt.
Ich komme nun zum dritten und letzten Beschluss- und
Resolutionsantrag der GRÜNEN betreffend Demokratisierung der EU.
Lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten, dass der
EU-Reformvertrag, so wie er vorliegt, für mich nicht weitreichend genug ist. Er
enthält vieles nicht, was aus grüner Sicht erforderlich gewesen wäre. Er geht
zum Beispiel auch nicht weit genug, wenn es darum geht, das Europaparlament mit
weit mehr Mitbestimmungsrechten auszustatten. Aber er stellt zweifelsohne eine
Verbesserung gegenüber dem Stand der Dinge, gegenüber dem Vertrag von Nizza,
dar, auf den wir zurückfallen würden, wenn dieser EU-Reformvertrag nicht
ratifiziert und nicht mit Leben erfüllt wird.
So gesehen muss ich an
dieser Stelle wieder feststellen: Seitens der GRÜNEN gibt es ein kritisches Ja
zu diesem EU-Reformvertrag, es bleibt aber die Frage zu erörtern, was der
bessere Weg wäre, bevor es hier in Österreich zu einer Ratifizierung kommt.
Ich meine, man muss sich an dieser Stelle auch zu
Gemüte führen, was eine Umfrage des Europainstituts im November oder Dezember
des Vorjahres, also vor wenigen Monaten, zutage gefördert hat.
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