Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 78
Bei dieser Umfrage haben sich nur 57 Prozent der Befragten in Österreich für eine nationale Volksabstimmung ausgesprochen. Und 39 Prozent der Befragten haben vor wenigen Monaten angegeben, nichts über den EU-Reformvertrag gelesen oder gehört zu haben. Das, meine Damen und Herren, ist alarmierend!
Ich meine, gerade im heurigen Gedenkjahr
„70 Jahre Anschluss Österreichs“ sollte uns, da wir jetzt, 70 Jahre
später, ein gemeinsames europäisches Projekt haben, die Information der
Bevölkerung ein Anliegen sein. Dieses Projekt ist ganz weit weg von den
schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und lässt uns hoffen, dass
dieses Europa zusammenwächst und weiter zusammenwachsen kann. Es wurde zwar
nicht primär als Friedensprojekt geschaffen, es ist aber aus heutiger Sicht
schlussendlich ein Projekt geworden, das auch Frieden, Stabilität und weiteres
Zusammenwachsen in Europa garantiert. Und weil uns allen diese wichtige
europäische Vision am Herzen liegt, hätten wir meiner Meinung nach die
Verpflichtung gehabt, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung viel besser über
die Europäische Union informiert ist, viel mehr von dem weiß, was dort
geschieht und beschlossen wird, und sich auch viel mehr als Teil dieses
Projekts fühlt.
Dem ist leider nicht so! Jetzt wird in wenigen Tagen
der EU-Reformvertrag ratifiziert, und 39 Prozent aller Befragten haben vor
wenigen Monaten davon noch nichts gehört und nichts gelesen. Das ist meines
Erachtens der Kern des Problems, dem wir uns zuwenden müssen und sollen. Wir
müssen uns fragen, was wir tun können und sollen, um die Bürgerinnen und Bürger
näher an Europa zu bringen, um sie besser zu informieren und um sie mehr für
europäische Belange zu interessieren.
Ich gehe davon aus, dass die meisten von Ihnen
vielleicht das eine oder andere Mal schon selbst darüber nachgedacht haben
werden, dass die direkte Demokratie sehr wohl ein sehr guter Weg ist, Menschen
für Abläufe in der Politik zu interessieren. Die Bürgerinnen und Bürger
Österreichs haben einmal alle paar Jahre bei den Europawahlen die Möglichkeit,
die VertreterInnen Österreichs im Europaparlament zu wählen, und danach hören
sie nie mehr irgendetwas oder kaum irgendetwas von der Europäischen Union. Es
vergehen dann ein paar Jahre, und dann können sie wieder einmal wählen.
Würde man zwischendurch immer wieder einmal bei
wesentlichen Fragen von europaweiter Relevanz die Völker Europas tatsächlich zu
den Urnen rufen, würde man beispielsweise europaweite Referenda ins Leben rufen
und die Bürgerinnen und Bürger Europas immer wieder auch mit europäischen
Kernfragen beschäftigen, dann wäre das meines Erachtens auch eine Chance, dass
es im Vorfeld viel mehr Information gibt. Dann wären natürlich auch wir von den
diversen Fraktionen aufgerufen, uns viel mehr auf die Straße zu begeben, mit
den Menschen zu sprechen und für unsere Anliegen zu werben. Das würde bedeuten,
dass dieses Projekt Europa auch politisch mit viel mehr Leben erfüllt ist.
Deshalb befürworten die Grünen von Herzen die Schaffung europaweiter Referenda. Im
Übrigen haben wir auch mehrfach im Vorfeld dieses EU-Reformvertrages
wiederholt, dass das eine hervorragende Gelegenheit geboten hätte, ein erstes
europaweites Referendum abzuhalten. Leider hat man, wie ich an dieser Stelle
sagen muss, diese Chance verpasst. Und weil man diese Chance verpasst hat,
haben wir Wiener Grünen gemeint, dass in letzter Konsequenz, quasi als Ultima
Ratio, bevor der Vertrag auf diese Art und Weise sang- und klanglos vom
Nationalrat ratifiziert wird, die Abhaltung einer Volksabstimmung in Österreich
doch der bessere Weg gewesen wäre.
Damit jetzt keine Missverständnisse bei der
juristischen Debatte aufkommen: Mir ist bewusst, dass diese Volksabstimmung
nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Darum geht es uns aber nicht in dieser
Debatte. Uns geht es darum zu sagen, auf welchem Weg man erreichen können
hätte, dass nicht mindestens 39 Prozent nichts von dem Reformvertrag
gehört haben, nichts mit der EU anzufangen wissen und deshalb leichte Beute für
die Herren da drüben sind. Das ist das Problem, von dem wir hier sprechen. Und
ich muss an dieser Stelle sagen: Ich finde es schade, dass man diese Chance
verpasst hat. Es wäre nach Ansicht der Wiener Grünen viel klüger gewesen,
zumindest eine österreichische Volksabstimmung durchzuführen, nachdem leider
die Chance vertan wurde, das erste europaweite Referendum über diese Frage
abzuhalten.
Jetzt ist es zu spät, jetzt ist alles vorbei. Aber es
gibt ja noch die Zukunft und diesen Antrag der Grünen, der genau dieses Ziel verfolgt, nämlich eine Regelung
zu erreichen, wonach bei Fragen von europaweiter Relevanz die Abhaltung
europaweiter Referenda möglich sein soll und wonach bei wesentlichen Änderungen
der EU-Verträge ein derartiges europaweites Referendum künftig verpflichtend
sein soll. Diese Regelung sollte auch bestimmen, dass es künftig bei der
Abhaltung eines europäischen Konvents auch zur Beteiligung von NGOs und der
zivilen Gesellschaft kommt, denn es sollte uns eigentlich mit Freude erfüllen,
dass es NGOs gibt, die auf europäischer Ebene tätig sind, die sehr interessiert
sind und um Europa ringen. Genau diese Menschen sollte man einbinden und für
die politischen Debatten rund um und in Europa gewinnen.
Somit bringe ich diesen Antrag ein. Auch hiebei
handelt es sich um einen Antrag auf Zuweisung. Ich weiß schon, dass er
zumindest von der ÖVP unterstützt wird. Das freut mich sehr, und ich hoffe auch
auf Unterstützung seitens der anderen Fraktionen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Strache unterstützt das sicher!) Was
Strache tut oder nicht, interessiert mich mäßig, wenn ich ehrlich bin. Mir geht
es um Europa! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich in dieser letzten
verbleibenden Minute noch Folgendes festhalten: Uns allen sollte es um Europa
gehen. Wenn man sich die Umfrageergebnisse anschaut, dann sollten wir um Europa
ringen. Wir sollten es uns nicht leicht machen. Ich kann mir schon vorstellen,
dass eine Volksabstimmung oder auch ein europaweites Referendum, was an und für
sich die Zukunft ist,
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